Für welche Dinge in Deutschland schämt ihr euch?
Laut Medienberichten schämt sich der Politiker Altmaier für das deutsche Handynetz und ist der Ansicht, dass es verbesserungswürdig sei. Für welche Dinge schämt ihr euch in Deutschland? Bezieht ihr das eher auf infrastrukturelle Dinge oder eher auf die Gesellschaft? Findet ihr vielleicht sogar gewisse Umgangsformen in Deutschland beschämend?
Ich schäme mich für gar nichts, weil ich nicht dafür verantwortlich bin. Bei Politikern, die vielleicht die Möglichkeit hätten auf den Ausbau des Mobilfunknetzes Einfluss zu nehmen, sieht das anders aus, aber in meinem Job bin ich nicht mit solchen Dingen betraut.
Und was gesellschaftliche Dinge betrifft - ich finde es erschreckend, dass es so viele Menschen in diesem Land gibt, die aus der Vergangenheit anscheinend überhaupt nichts gelernt haben. Aber bei diesen Aushilfsnazis ist höchstens Fremdschämen angesagt.
Ich finde es beschämend, wie schmutzig manche Städte geworden sind. In Ulm war es in der Fußgängerzone verheerend. Woran des liegt, kann man sich denken, aber soll man nicht sagen. Teils sind die Innenstädte in Deutschland so schmutzig, dass man sich dort gar nicht aufhalten will.
Was heißt "soll man nicht sagen"? Die Städte geben nicht genug Geld für die Stadtreinigung aus, so einfach ist das. Es ist doch bekannt, dass gerade da gespart wird, obwohl die Müllgebühren ständig steigen und eigentlich genug Geld da sein sollte. Aber das wird eben lieber für andere Dinge ausgegeben. Mir hat noch nie jemand verboten darüber zu reden.
Trotz der hier implizit angedeuteten angeblich die Umwelt verschmutzenden Flüchtlinge kann ich jetzt persönlich nicht feststellen, dass die Städte in meinem Dunstkreis schmutziger geworden sind. Wer das sagt, der hat noch keine Bushaltestelle in den achtziger Jahren gesehen, als gefühlt 500 Kippen auf dem Boden lagen oder hat je eine damalige Bahnhofstoilette aufgesucht. Das war doch ein ganz anderes Kaliber.
Eigentlich schäme ich mich für fast gar nichts, vor wem denn auch? Okay, die ganzen braunen Nazis, die Reichsbürger und die besorgten Bürger, ja, die sind peinlich, aber vor allem für sich selbst. Ich würde mich weder im Ausland für meine Herkunft schämen, noch wenn ich einen ausländischen Gast hätte, dem man das Land zeigt.
Meine Kinder haben früher öfters mal an einem Schüleraustausch teilgenommen. Den Gästen gegenüber habe ich mich für den Zustand der Schule, insbesondere der Toilette geschämt.
Als meine entfernten französischen Verwandten einmal bei mir zu Besuch waren, habe ich mich für den Zustand eines bestimmten verkommenen Bahnhofs geschämt. Ich glaube, dass auch meine Gäste etwas irritiert über die Schmierereien, den Abfall und den Gestank waren. Ich hätte ihnen Deutschland lieber anders gezeigt.
celles hat geschrieben:Woran des liegt, kann man sich denken, aber soll man nicht sagen.
Ich finde schon, dass man es sagen kann, dass die Städte häufig deswegen relativ schmutzig sind, weil einfach zu wenig Geld in Stadtreinigung und Renovierung gesteckt wird. Viele Städte sind ja auch deswegen schmuddelig, weil die Anlagen und Einrichtungen in die Jahre gekommen sind und vor sich hin bröckeln. Ich finde, dass heruntergekommene Plätze mit zerbröselndem Pflaster und uralten Beton-Pflanztöpfen weiteren Schmutz und Verwahrlosung geradezu anziehen.
Wofür würde ich mich sonst schämen in Deutschland? Am ehesten für den deutlichen Zuwachs an gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Mit solchen Denkmustern kann ich mich gar nicht identifizieren.
Ich schäme mich generell selten, und noch seltener für andere Leute oder "Deutschland" als Ganzes, aber ich finde durchaus, dass hierzulande etliche Dinge schieflaufen, auf die man nicht gerade stolz sein kann, gelinde gesagt.
Eins meiner Probleme hier ist generell die Diskrepanz zwischen der Tatsache, dass wir in einem der reichsten, sichersten und friedlichsten Länder überhaupt leben einerseits, und dem ewigen Gejammer, der Angst vor allem Möglichen, dem Neid und der Ablehnung bis hin zum Hass andererseits. Das wäre mir schon irgendwo peinlich, wenn ich etwa einem Gast aus einem weniger privilegierten Land erklären müsste, wie viele Menschen hierzulande sogar Obdachlosen die abgelegte Kleidung missgönnen oder Flüchtlingskinder um ihr Gratis-Stofftier vom Roten Kreuz beneiden. Oder die braven Bürger, die nach wie vor der Meinung sind, sie hätten ja selber "nichts" und schon gar nichts zum Teilen.
Auch finde ich, dass es teilweise beschämend ist, wie das Ungleichgewicht innerhalb der Gesellschaft nicht nur erhalten, sondern sogar gefördert wird, obwohl es hierzulande objektiv gesehen für alle reicht. Manchen Berufsgruppen wird die Kohle vorne und hinten reingeblasen, andere Jobs sind so schlecht bezahlt, dass sie sich selbst für qualifizierte Fachkräfte nicht mehr lohnen.
Gerade der Kultursektor nagt am Hungertuch, aber für "Brot und Spiele" für die Massen ist immer noch etwas übrig, auch wenn man dafür Hundertschaften an Ordnungskräften rekrutieren muss. Wir können uns mit unserem Wohlstand, unseren technischen Errungenschaften und unserer Infrastruktur ein schönes Land bauen, aber statt dessen werden nur ständig Löcher an den falschen Stellen gestopft. Das finde ich schon etwas peinlich, weil das Potenzial ja vorhanden wäre und nur nicht genutzt wird.
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