Nur dann freundlich sein, weil man etwas will?

Ich gehöre zu den Menschen, die immer freundlich zu anderen Menschen sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich die Person kenne oder nicht oder ob ich durch diese Person irgendwelche Vorteile habe oder nicht. Man muss mir schon gewaltig auf die Füße treten, dass ich mal unfreundlich im zwischenmenschlichen Umgang werde.

Mein Partner und ich haben einen Bekannten, der sich die letzten Jahre ziemlich asozial uns gegenüber verhalten hat, sodass ich persönlich gar keinen Kontakt mehr wünsche. Leider hatten wir kürzlich ein Aufeinandertreffen mit diesem Bekannte, wobei dieser (meiner Ansicht nach) übertrieben freundlich war, praktisch wie ausgewechselt. Ansonsten muss er uns ständig beleidigen und herabwürdigen, weil wir uns nicht nur falsch ernähren, sondern auch das falsche Auto fahren, die falsche Wohnung bewohnen, die falsche Kleidung tragen und den falschen Lebensstil pflegen. Dieses Mal gab es sogar Komplimente. So ein Verhalten macht mich misstrauisch.

Ich sprach dann hinterher mit meinem Partner darüber, der diesen Bekannten deutlich länger und besser kennt als ich. Der meinte dann, dass der Bekannte bestimmt irgendetwas will. Denn ohne Hintergedanken und irgendwelche Vorteile, die er sich davon verspricht, würde er zu niemandem freundlich sein. Das finde ich persönlich schon traurig. Wie ist das bei euch? Kennt ihr auch Menschen, die nur dann freundlich sind, weil man etwas von ihnen will und von ihnen profitieren möchte? Wie geht ihr mit ihnen um? Seid ihr manchmal selbst so?

Oh ja, solche Menschen habe ich im Laufe meines Lebens oft kennengelernt. Sobald diese nichts mehr von einem wollen oder man nicht mehr zum Vorteil für sie sind, lassen sie einen fallen. Leider gibt es solche Menschen immer wieder und ich kann da sehr schwer mit umgehen. Einerseits möchte ich keinen Streit und ich kann auch sehr schwer Bitten ablehnen und anderseits fällt mir schon auf, dass jemand nur freundlich ist, wenn er oder sie was will. Meist versuche ich dann auch eine Bitte abzulehnen, wenn ich merke, dass dieser Mensch nur deswegen freundlich ist. Aber dann kann man seine Umschwenkung wieder bemerken. Sein oder ihr normales Verhalten kommt dann ziemlich schnell wieder zum Vorschein.

Solche Menschen kenne ich auch, wenngleich ich zum Glück im Moment mit diesen Menschen weniger zu tun habe. Aber das gibt es tatsächlich, dass Menschen nur dann freundlich und sogar schleimend ankommen, wenn sie etwas wollen und sonst sind sie nicht sehr freundlich zu einem.

Ich könnte so nicht sein und verstehe es auch nicht so wirklich. Ich bin auch lieber immer höflich und freundlich zu den Menschen und empfinde das auch selber als angenehmer. Vor allem verstehe ich nicht, dass diese Menschen dann tatsächlich hoffen, etwas mit ihrer Freundlichkeit zu erreichen. Bei mir würden sie dann aber auf Granit beißen, weil ich ihnen sicher nicht helfen würde, wenn sie auf einmal angekrochen kommen.

Solche Menschen kenne ich auch, wobei ich so ein Verhalten gleich mit der Frage abwürge, was denn gewünscht ist. Ich meine, es bringt doch nichts sich zu verstellen nur weil man etwas will und dann einen auf freundlich zu machen nur weil man sich etwas verspricht. Ich helfe gerne und bin kein Mensch, der andere Menschen im Stich lässt, selbst wenn diese nicht immer freundlich sind. Deswegen finde ich so ein gespieltes Verhalten lächerlich.

Selber verstelle ich mich dahingehend nicht. Wenn ich etwas möchte, dann frage ich normal nach, aber sonst verhalte ich mich möglichst zu jedem gleich freundlich und wenn ich jemanden nicht leiden kann, dann mache ich das auch deutlich, fordere dann aber auch keine Gefallen ein.

Ich hatte früher eine ehemals gute Freundin, die sich leider im Lauf der Zeit zunehmend die hier beschriebene Tendenz angewöhnt hatte. Während wir zu Anfang häufig gemeinsame Unternehmungen gemacht hatten, hatte sie nach und nach immer seltener Zeit für Treffen und Kontakte. Meistens war sie vorgeblich in Eile, hatte aus diversen Gründen nie mehr Zeit und tat ständig sehr gestresst.

Ausnahme: wenn sie etwas Konkretes von mir wollte. Dann war sie plötzlich wie verwandelt, zeigte unerwartetes Interesse an einem Treffen, hatte plötzlich Zeit dafür, und war auch sehr nett. Doch meistens rutschte ihr ziemlich bald der wahre Grund für die Freundlichkeit raus. Letztlich wollte sie sich einfach nur irgendetwas ausborgen oder mich zu einer Dienstleistung überreden (zum Beispiel Blumengießen oder Katze füttern bei Abwesenheit).

Ich kenne solche Leute nur aus dem Berufsleben, nicht aus dem privaten Bereich. Im meinem Beruf gab es einen extrem ehrgeizigen Kollegen, der männlich, frisch aus dem Studium, besserwisserisch und noch gar nicht so lange da war. Am Anfang war er ziemlich ignorant und unfreundlich, insbesondere zu den älteren Mitarbeitern. Er merkte aber bald, dass er auf mich angewiesen war und war seitdem freundlich bis hin zum Schleimigen.

Ich selber versuche, zu allen freundlich zu sein, weil es das Zusammenleben vereinfacht und den Stress minimiert. Aber das hängt natürlich auch von der Laune ab und klappt nicht immer.