Wie sexistisch ist "Harry Potter"?
Ich las kürzlich einen Artikel, in dem sich die Autorin über die Harry-Potter-Reihe aufregte. Sie meinte, dass ihr das als Kind und Teenager nie aufgefallen sei, aber die ganze Reihe sei extrem sexistisch. Sie machte das daran fest, dass die Charaktere wie Lord Voldemort, Dumbledore oder Harry Potter eben männliche Figuren sind und nicht weiblich. Oder dass im Zaubereiministerium bis auf Umbridge kaum eine Frau wirklich was zu sagen hätte.
Wie seht ihr das? Könnt ihr die Kritik nachvollziehen und unterstützt ihr sie sogar? Oder seid ihr völlig anderer Meinung als diese Autorin? Wie sexistisch ist eurer Ansicht nach Harry Potter? Hätte die Autorin den Inhalt feministischer gestalten sollen?
Welche Autorin hat das denn gesagt? Wenn man das so liest, klingt es als wenn J.K. Rowling das selbst gesagt hätte. Und in deiner Fragestellung ist dann die Rede von "dieser Autorin". Ich finde nicht, dass die Harry Potter Geschichten sexistisch sind. Immerhin gibt es dort auch genügend Frauen in höheren Positionen oder auch auf der Seite des bösen. Bellatrix Lestrange zum Beispiel. Sie ist ja schon eine Todesserin, die dem dunklen Lord recht nah untergeben ist. Oder auch Professor McGonegall hat doch einiges in der Schule Hogwarts zu sagen. Ich finde nicht, dass nur Männer dort viel zu sagen haben oder die Hauptrollen spielen. Man darf auch Hermine nicht vergessen, die ebenfalls als eine Hauptrolle viel Mut und Ehrgeiz beweist. Ich finde es überzogen da von Sexismus zu sprechen.
Sexistisch finde ich das auf gar keinen Fall. Gerade wenn man mal an Hermine denkt, dann denkt man an eine Streberin, die ihren Mitschülern doch einiges voraus ist. Man kann genauso an Professor McGonegall denken, die ja auch keine Nebenrolle einnimmt im Buch oder in den Filmen. Eine gestandene Frau, die etwas erreicht hat. Mag sein, dass es im Zaubereiministerum wenig Frauen gab, die beschrieben wurden, aber mal ganz ehrlich, das war ja auch eher negativ behaftet. Ich finde Harry Potter nicht so geschrieben, dass sich irgendwer vernachlässigt oder unterbuttert fühlen muss.
Klar, Ramones, Hermine, die nur als Kumpel wahrgenommene Hermine, die typisch weiblich immer brav lernt, während die Jungs toben und spielen, und die nur als attraktiv und weiblich gesehen wird, wenn sie sich mal aufbrezelt, ist vollkommen gleichberechtigt und kein Stereotyp.
Diskriminiert als Schlammblut, intelligent aber total unsicher - das ist seit Jahrhunderten ein ganz klassisches Frauenbild, das Hermine voll ausfüllt. Und die gute Mama Weasly? Kochen, Stricken und bei aller Armut eine liebevolle Atmosphäre schaffen? Sehr vorbildlich!
Und die gute Frau aus dem Ministerium? Gut, die ist ehrgeizig. Aber das wird fein versteckt unter rosa Chanel-Kostümchen, Teegeschirr und Spitzendeckchen. Die gute Minerva lebt im Lehrerinnenzölibat, das ist auch ganz fortschrittlich. Und andere Frauen? Meist farblos dargestellt und nicht wichtig ...
Tatsache ist doch einfach, dass in den Ministerien der realen Welt auch mehr Männer als Frauen beschäftigt sind, warum sollte sich J.K. Rowling daran nicht orientieren? Die Zauberwelt scheint eh etwas "traditioneller" oder altmodischer zu sein.
Auch die Tatsache, dass Voldemort (der größte Psychopath in der Serie) ein Mann ist entspricht dem, was wir in der realen Welt sehen. Die meisten psychopathischen Massenmörder sind nun mal Männer. Warum man als Frau in dem Bereich nach Gleichberechtigung strebt erschließt sich mir allerdings nicht wirklich.
Davon abgesehen finde ich es total albern direkt "Sexismus" zu schreien wenn irgendwo mehr männliche als weibliche Charaktere vorkommen. Mir tun solche Leute irgendwie leid weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sie noch wirklich Spaß an Literatur oder Filmen haben die einfach nur zur Unterhaltung gedacht sind.
Warum sollte man sich nicht gut von etwas unterhalten lassen, nur weil einem gewissen Dinge auffallen? Der kleine Unterschied ist, dass ich kein Kind bin. Und die werden weiterhin an allen Ecken und Enden mit Geschlechterklischees bombardiert. Das darf man dann schon nicht witzig finden. Zumal das Selbstverständnis von Frauen heutzutage rückschrittlicher ist als vor 20 Jahren. Leider muss ich da meinem Mann zustimmen, dass sich Männer keine Sorgen machen müssen, so lange sich Frauen dermaßen selbst sabotieren. Und die Saat dazu legt eben auch das tolle Vorbild in der Unterhaltung.
Wird da nicht die Macht der Unterhaltungsindustrie überschätzt? Ich meine, gerade Fantasy und Science Fiction ist doch so weit weg von der Lebensrealität der Leser oder Zuschauer. Identifizieren die sich wirklich mit einem Charakter, der mit ihnen außer dem Geschlecht realistisch betrachtet überhaupt nichts gemeinsam hat?
Ich fand als Kind einige Charaktere aus Büchern und Filmen toll, aber ich habe sie nie als Vorbilder betrachtet. Mir war immer klar, dass die nur erfunden sind und nicht in der realen Welt existieren. Ich glaube es hätte auf mein Leben überhaupt keinen Einfluss gehabt wenn Pippi Langstrumpf ein Junge gewesen wäre oder Harry Potter ein Mädchen.
Dieser Vorwurf an J.K. Rowling ist ja schon wirklich sehr alt, der kam schon vor zehn oder fünfzehn Jahren auf, als die Reihe noch nicht einmal abgeschlossen war. Was eigentlich eine Ironie ist, denn ich habe mal gehört, dass sie selbst als Autorin ihren vollen Vornamen auf dem ersten Buch nicht preisgeben sollte, weil die Jungs oder die Eltern der Jungs das Buch dann nicht kaufen würden. Eigentlich hat hier Frau Rowling selbst am meisten unter der Thematik gelitten.
Dass den Kindern völlig neben der Realität liegende und unpassende Rollenbilder vermittelt wurden, glaube ich auch nicht. Natürlich sind da ganz viele Klischees verarbeitet, aber das liegt meiner Meinung nach daran, weil sie oft zutreffend sind. Ich glaube auch nicht, dass die Marketingabteilung des Verlags oder Frau Rowling selbst vorhatte, schädliche Rollenbilder zu zementieren, sondern eher geguckt hat, was der Markt will. Und das ist doch auch die Frage. Lesen wir, was wir wollen oder wollen wir, was wir lesen? Ich glaube, dass das erstere ein stärkeres Gewicht hat, auch wenn Fiktion natürlich unsere Rezeption der Wirklichkeit beeinflussen kann.
Abgesehen davon sind die Charaktere nicht nur Klischees oder Stereotypen, sondern fast schon Archetypen und die sind nun mal bis zu einem gewissen Grad in unser aller kollektiven Bewusstsein als fixe Gestalten zementiert. Der verlorene Sohn, die übermächtige gute Vaterfigur usw. Ich erkläre mir den großen Erfolg der Buchreihe mit genau diesem Ansprechen zeitloser Bilder, Geschichten und Figuren.
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