Zu viele Informationen als respektlos ansehen?

Eine Freundin hat sich beschwert, dass ihr Partner ihr oft ins Wort fällt und sie nicht aussprechen lässt, wenn sie etwas erzählt. Ihr Partner meint, dass sie zu ausschweifend erzählen würde und ihn nur die Fakten interessieren würden. Sie hat ihm dann wohl gesagt, dass sie sein Verhalten respektlos findet und so erzählen möchte, wie sie es eben für richtig hält.

Ihr Partner meint dazu aber wohl, dass er es von ihr respektlos finden würde, dass sie ihn mit Informationen zutexten würde, die ihn langweilen würden. Er fände das auch respektlos, dass er sich dies dann anhören sollte, auch wenn man sich nur auf die Fakten beschränken könnte.

Seid ihr auch der Meinung, dass zu viele Informationen da respektlos sind? Könnt ihr die Einstellung des Partners meiner Freundin verstehen? Ist es nicht eher respektlos einer Person ins Wort zu fallen, weil man nicht mehr zuhören möchte und es als langweilig empfindet, was diese erzählt? Wie seht ihr das?

Vielleicht bin ich da seltsam, aber ich höre sehr gerne Leuten auch bei Dingen zu, die mich nicht interessieren. Einfach, weil ich mich für die Person interessiere, die erzählt. Entweder finde ich es toll, wenn der Erzähler so begeistert von irgendetwas ist, oder bei negativen Sachen finde ich es wichtig, da ein offenes Ohr zu haben.

Aber selbst, wenn man da anders ist, fände ich dauerndes ins Wort fallen sehr unhöflich. Da wäre nun gut zu wissen, wie häufig es wirklich ist. Wenn bei absolut jeder Erzählung andauernd mit "Jetzt hör auf, das ist langweilig" unterbrochen wird, weil es langweilig ist, wäre ich an der Stelle deiner Freundin ziemlich sauer. Wenn dagegen bei der zehnten Erzählung derselben Geschichte an einem Tag ein "Hey, du hast mir das schon erzählt, und du weißt doch, dass ich das Thema nicht so interessant finde" kommt, ist das wieder etwas anderes.

Respektlos finde ich es aber eigentlich nie, wenn man etwas erzählt. Eher im Gegenteil, das bedeutet doch, dass man eine andere Person an seinem Leben teilhaben lassen will. Es gibt zwar Unterschiede je nachdem, wem man was erzählt, aber in diesem speziellen Fall ging es um zwei Menschen in einer Beziehung, und nicht um komplett Fremde, die jemand anderen an der Bushaltestelle zutexten.

Bei allem Respekt, aber ich denke, sie wird tatsächlich viel zu viel unnötiges Zeug reden und vermutlich dann noch den falschen Zeitpunkt erwischen. Ich weiß bei meinem Partner mittlerweile, dass er direkt nach der Arbeit gar nicht aufnahmefähig ist. Daher bin ich meist ruhig und warte, bis er angekommen ist und auch etwas gegessen hat. Erst dann ist er wirklich aufnahmefähig und kann zuhören bei dem was ich sage. Wenn sie direkt mit der Tür ins Haus fällt und ihn damit überfordert ist so eine Reaktion von ihm doch absolut nachvollziehbar mal ehrlich.

Wenn man dann noch wie deine Freundin Hausfrau ist, vergisst man ganz schnell, wie belastet man teilweise durch eine Vollzeit-Arbeit ist und dass man nach der Arbeit erst einmal abschalten und ankommen muss bevor man für neue Informationen offen ist. Sonst dreht man durch.

Es war ja niemand bei dem Gespräch dabei und es fehlen einfach zu viele Informationen, um eine sichere Aussage zu treffen, wie speziell diese Situation einzuschätzen ist. Wie schon erwähnt wurde, kann man jetzt in alle möglichen Richtungen Szenarien erdenken, in denen die Frau als redselige und aufdringliche Nervensäge oder der Mann, wie hier implizit durch die Wortwahl angedeutet, als mieser Egozentriker erscheint.

Wenn ich mir jetzt zum Beispiel vorstellte, ich käme nach Hause und mein Partner sollte mir erzählen, wie der Tag mit dem kranken Kind war (fiktives Beispiel) und er fängt erstmal an, was der Postbote gemeint hat und was dann am Telefon mit Dieter gewesen ist, wäre ich auch schwer genervt und würde sagen, er solle mal zur Sache kommen.

Ich habe oder bzw. hatte auch so eine Freundin, die mich in den Wahnsinn getrieben hat mit ihrer ausschweifenden Art, niemals zum Punkt zu kommen. Wenn es da um einen Streit mit dem Kollegen ging, wurde erstmal die ganze Lebensgeschichte dessen Urgroßvater mütterlicherseits zum Besten gegeben, obwohl das überhaupt nichts mit dem eigentlichen Inhalt zu tun hatte.

Aber die hier zitierte Wortwahl, sie solle ihn nicht so zutexten mit langweiligem Kram, finde ich schon echt hart und herzlos, wenn es so gewesen ist. Warum ist sie überhaupt mit diesem Mann zusammen, wenn er doch immer so schreckliche Dinge sagt und tut?

Verbena hat geschrieben:Aber die hier zitierte Wortwahl, sie solle ihn nicht so zutexten mit langweiligem Kram, finde ich schon echt hart und herzlos, wenn es so gewesen ist. Warum ist sie überhaupt mit diesem Mann zusammen, wenn er doch immer so schreckliche Dinge sagt und tut?

Täubchen hat geschrieben:Wenn man dann noch wie deine Freundin Hausfrau ist, vergisst man ganz schnell, wie belastet man teilweise durch eine Vollzeit-Arbeit ist und dass man nach der Arbeit erst einmal abschalten und ankommen muss bevor man für neue Informationen offen ist. Sonst dreht man durch.

Nelchen hat geschrieben:Sie ist daher auch meist später abends zu Hause. Ihr Partner arbeitet ebenfalls Vollzeit. Es ist daher nicht so, dass sie gleich nach der Arbeit irgendwas erzählt. Ich denke, dass da jeder erst mal etwas Ruhe braucht.

Klingt ja nach einer supertollen Beziehung. Ich empfinde den Vorwurf der Respektlosigkeit sowieso meistens als reines Totschlagsargument ohne sachlichen Hintergrund, weil jeder andere Vorstellungen von Respekt hat, die oft genug weit über "Behandle mich mit Anstand!" hinausgehen und eher bei "Ich bin ein Gott unter Würmern, und jeder, der anderer Meinung ist, ist respektlos!" landen.

Wenn man von einer nicht völlig kaputten Beziehung ausgeht, finde ich es schon ganz nett, wenn beide Seiten ihren Kommunikationsstil zumindest ein bisschen dem Partner anpassen, einfach aus purem Entgegenkommen heraus. Aber ich würde es nie als Voraussetzung für eine funktionierende Beziehung ansehen, wenn jemand keine Anekdoten erzählen darf, weil sich der Partner sonst langweilt.

Und mit einem Typen, den nur "Fakten" interessieren, würde ich es sowieso keine drei Tage aushalten. weil ich schließlich keine Nachrichtenagentur bin, sondern ein kompletter Mensch mit Gefühlen und Meinungen und auch dem einen oder anderen Redeschwall. Wer sich dadurch nicht "respektiert" fühlt, kann sich gerne mit Alexa oder Siri unterhalten.

Ich finde es immer schwierig, etwas zu beurteilen, wenn man eben nur die eine Seite kennt und auch die nicht aus erster Hand. Aber wenn es wirklich so ist, dass er sie mitten in der Erzählung unterbricht und dann auch nicht sagt, dass sie sich bitte etwas kürzer fassen soll, sondern dass es ihn nicht interessiert, wenn sie so ausschweifend erzählt, dann finde ich das schon respektlos.

Ich muss sagen, dass ich es verstehen kann, dass deine Freundin nun verunsichert ist und gar nicht mehr weiß, was sie sagen soll. Aber das kann ja dann auch nicht der Sinn des Ganzen sein, dass man dann so gut wie gar nicht miteinander redet. In so einer Beziehung würde ich es nicht lange aushalten.