Habt ihr Angst, das Opfer einer Gewalttat zu werden?

vom 27.10.2018, 11:20 Uhr

Bei einer Umfrage von 2000 Frauen, gaben 92,5% davon an, dass sie Angst davor hätten, das Opfer einer Gewalttat zu werden und diese Zahl finde ich ja bemerkenswert und auch erstaunlich hoch. Wie hättet ihr denn auf so eine Befragung geantwortet? Habt ihr denn auch Angst, das Opfer einer Gewalttat zu werden oder schätzt ihr solch ein Risiko eher gering ein? Schätzt ihr solch eine Zahl von 92,5% realistisch und repräsentativ oder eher etwas zu hoch ein?

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich bin auch eine Frau und ich habe absolut keine Angst Opfer einer Gewalttat zu werden. Mag ja sein, dass es mich irgendwann mal trifft, aber deswegen kann ich mein Leben nicht in Angst verbringen oder immer wieder darüber nachdenken. Die Wahrscheinlichkeit ist doch eher gering, dass es genau mich trifft und so denke ich nicht, dass ich Angst haben muss und würde daher auch dementsprechend antworten. Frauen neigen aber eher dazu etwas ängstlicher zu sein, vielleicht liegt die hohe Prozentzahl daran.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich muss auch sagen, dass ich mir darüber gar keine Gedanken mache. Man würde doch verrückt werden, wenn man ständig Angst hätte, dass man überfallen werden könnte. Sicherlich würde das das Leben irgendwann einschränken. Ich male mir da nichts aus und habe auch keine Angst davor. Es ist sicherlich auch Situationsabhängig. Wenn eine Frau nachts alleine in einer einsamen Gegend unterwegs ist, kann ich schon nachvollziehen, dass man da auch Angst hat überfallen zu werden.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen hat man doch gar keinen Grund mehr als Frau Angst zu haben. Soll heißen, wenn man nachts alleine und praktisch wehrlos in zwielichten Gegenden unterwegs ist, ist eine gewisse Angst durchaus nachvollziehbar und verständlich. Allerdings muss man es als Frau ja auch nicht herausfordern und provozieren.

Ich habe zum Beispiel zu Studienzeiten knapp einen Kilometer von der Uni gelebt und konnte bequem zu Fuß gehen, was ich gerne gemacht habe. Aber wenn es dunkel war, bin ich lieber mit der Bahn gefahren, weil da viel mehr Menschen waren. Auch ist in der Nähe der Uni mal eine Frau bedroht und überfallen worden, sodass mir da auch eher wichtig war nicht alleine und ungeschützt sonstwo herumzulaufen, wenn es dunkel ist und man kaum sieht, was da alles im Dunkeln lauert. Meine Taktik ging auf und mir ist nie etwas passiert.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Dass man "gar keinen Grund mehr" habe, Angst vor Gewalttaten zu haben, halte ich wiederum auch für ungerechtfertigt. Einerseits weiß ich schon auch, dass wir statistisch gesehen in extrem sicheren Zeiten leben und die Verbrechensstatistik niedriger ist denn je. Aber das nützt mir als Opfer im Zweifelsfall auch nichts. Es muss ja nicht gerade ein Raubmord sein. Ich will auch nicht in der U-Bahn die Treppe hinunter geschubst werden oder nach einem Fußballspiel zwischen die Fronten der "Fans" geraten.

In meinen Augen kommt es bei derlei Statistiken sehr auf die Art der Entstehung an. Wenn man beispielsweise Leute Listen oder sonstige Vorgaben gibt, wovor man alles Angst haben könnte, steigt meines Erachtens die Wahrscheinlichkeit, dass auch Gründe angekreuzt werden, die den Befragten nicht wirklich den Nachtschlaf rauben. Schließlich betrachtet keiner eine Gewalttat oder eine Naturkatastrophe als einen Grund zur Freude und hat dennoch im engeren Sinne keine akute "Angst" davor.

Und wenn auch ein halbherziges: Nun ja, ich lebe in einer sicheren Gegend, aber wenn ich nachts über den Parkplatz laufe, schaue ich mich schon gründlich um! auch als "Angst zählt, wundere ich mich über die hohe Prozentzahl auch nicht . Etwas in der Art wäre nämlich auch meine Antwort gewesen. Ich habe keine Angst im engeren Sinne, dass ich Opfer einer Gewalttat werde, aber im Hinterkopf habe ich die Möglichkeit natürlich. Schließlich gehe ich nicht unter Personenschutz und mit Kevlar-Weste aus dem Haus.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Die Fragestellung ist schon ziemlich plakativ formuliert, aber grundsätzlich kann ich den Gedanken total nachvollziehen. Vor etwas aktive Angst zu haben oder die Möglichkeit in Betracht zu ziehen und gewisse Vorkehrungen zu treffen, sind aber schon zwei unterschiedliche Dinge. Wahrscheinlich gibt es nur ganz wenig Frauen, auch hierzulande, die das beklommene Gefühl in der Dunkelheit nicht kennen. Die nicht schon mal überlegt haben, ob Pfefferspray oder ein Kurs in Selbstverteidigung zumindest sinnvoll sein könnte.

Oder wer ist nicht schon mal lieber einen Umweg gelaufen, um nicht durch den weitläufigen Park zu müssen oder wie schon erwähnt wurde, nachts lieber mit der Bahn gefahren als zu Fuß zu laufen, obwohl das möglich gewesen wäre? Wenn es um sexuelle Gewaltdelikte geht, sind die meisten Frauen doch in einigen Situationen grundsätzlich in einer latenten Habacht-Stellung, auch wenn die meisten Delikte vom Umfeld ausgehen. Aber der Täter im Gebüsch, der Besoffene in der Bahn, das gruselt sicher viele Frauen und irgendwann von Zeit zu Zeit ploppt auch der Gedanke daran wieder auf.

Generell habe ich früher als ich noch jünger und am Wochenende öfter unterwegs war, immer versucht, einen größeren Abstand zwischen Betrunkene oder Angetrunkene und mich selbst zu bringen und habe generell mein Umfeld gut beobachtet. Unter Alkohol können einzelne Individuen sehr ungemütlich wirken.

» Verbena » Beiträge: 4941 » Talkpoints: 1,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Verbena hat geschrieben:Wenn es um sexuelle Gewaltdelikte geht, sind die meisten Frauen doch in einigen Situationen grundsätzlich in einer latenten Habacht-Stellung, auch wenn die meisten Delikte vom Umfeld ausgehen. Aber der Täter im Gebüsch, der Besoffene in der Bahn, das gruselt sicher viele Frauen und irgendwann von Zeit zu Zeit ploppt auch der Gedanke daran wieder auf.

Na ja, ich finde, dass man da schon unterscheiden muss. Ob man grundsätzlich etwas ängstlicher und vorsichtiger ist in entsprechenden Situationen oder ob man das von den Umständen abhängig macht. Ich bin immer dann besonders vorsichtig, wenn ich mich alleine und in Dunkelheit durch eine Gegend bewegen muss, bei der ich definitiv weiß, dass da häufiger was passiert ist. Wie an meiner Alma Mater beispielsweise, wo dann durchaus Studentinnen überfallen worden sind. Wenn man weiß, dass manche Kriminelle bestimmte "Reviere" haben, wäre man doch dumm, da zu naiv und unvorsichtig zu sein - gerade als Frau.

Ansonsten kenne ich auch eine Uni, in deren Umgebung ein Vergewaltiger über Jahre sein Unwesen trieb und nie gefasst worden ist. Soll man dann trotz diesen Wissens sämtliche Vorsicht über Bord werfen und blauäugig und unvorsichtig durch dieses "Revier" des Täters spazieren? So dumm ist doch keiner, mal ehrlich.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ehrlich gesagt, nein. Das ist aber auch bei mir anders als bei euch zu beurteilen. Ich wurde als Kind mehrfach durch ein und denselben Täter auf sexuelle Weise missbraucht. Eine ähnliche Situation hat sich dann in meiner Jugend und in einer Beziehung erneut abgespielt. Das hat mich strafrechtlich an mir selber etwas verstumpfen lassen und mich würde irgendwie gar nichts mehr wundern.

Ich wurde aber auch schon beruflich in meinem jetzigen Beruf häufiger verbal und körperlich angegriffen oder mit einem Gegenstand von Baseballer über Telefonzange und Rohrzangen oder Hammer bedroht. In meiner Jugend habe ich auch oftmals etwas vor die Fresse gekriegt, manchmal sogar mit 3-6 Jungen gleichzeitig oder von mehreren Frauen, aber Frauen waren seltener die Täter.

Ich habe durch die Straftat als Kind schon ein dickes Polster und komme ohnehin aus einer Familie, wo Gewalt an der Tagesordnung ist und sexueller Missbrauch auch schon bei älteren Verwandten vorkam. Für mich ist das, so traurig es klingt, förmlich Normalität. Mein dickes Polster hat aber dazu beigetragen, dass ich nicht in die gängige gewünschte gesellschaftliche „Opferrolle“ mit Tränen, ewige psychische Belastungen & Co rutsche, sondern es irgendwie wegwische. Das heißt nicht, dass alles immer in Ordnung ist, aber es belastet nicht wie bei anderen meinen ständigen Alltag.

Schläge in einer Beziehung, sexuelle Übergriffe in einer Beziehung, sexuelle Übergriffe als Kind, geschlagen von mehreren Jungen, Gewalt in der Familie und berufliche Gefahren. All das hat mich sicherlich etwas abstumpfen lassen. Ich habe aber dadurch auch eine sehr gute Menschenkenntnis und wer von euch mal mit mir unterwegs ist, würde staunen, wie schnell ich euch in einer Straßenbahn herausfiltern kann, welcher derjenigen Dreck am stecken hat, gleich in der Bahn zum Problem werden könnte oder in der City etc.

Das ist vielleicht das Problem im Gesamten. Ich nehme mein Umfeld jetzt ganz bewusster wahr, schon seit meiner Kindheit. Ich merke mir automatisch Dinge, durch schwere PTBS, die andere für unnütz empfinden würden. Ich merke mir Bestandteile einer Person wie Muttermale & Co. All sowas, um im Ernstfall automatisch schon gewappnet zu sein. Das ist eher das allgemein anstrengende an „Opfer“ von etlichen Straftaten, weil ich dadurch immer im Alarm-Modus unterwegs bin.

Aber Angst vor Straftaten an mir? Habe ich schon so urlange nicht mehr. Ich habe eher Angst, dass es andere, die mir lieb sind, trifft. Deswegen sage ich immer, lieber ich, als andere und das meine ich auch genau so!

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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