Personen in eurem Leben, die ihr als verrückt bezeichnet?
Die Leute aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis und aus meiner Verwandtschaft sind alle relativ "normal", wenn man das so nennen kann. Ich kenne nun niemanden, den ich wirklich als verrückt oder ein wenig anders bezeichnen würde. Es gibt niemanden, der einfach richtig außergewöhnlich ist oder außergewöhnlich aussieht. Stattdessen gehen eigentlich alle ihrem Beruf nach, studieren und machen auch in ihrer Freizeit nichts Außergewöhnliches.
Gibt es in eurem Leben Personen, die ihr aus irgendwelchen Gründen als "verrückt" bezeichnen würdet, vielleicht weil sie sich anders verhalten, anders kleiden oder anders leben, als es für euch in Frage kommen würde?
Ich habe einen Kumpel, der statt einer Freundin einen teuren Sportwagen hat, obwohl er sich eigentlich nach der großen Liebe sehnt. Ansonsten trifft derselbe Mensch auch nicht mehr Verwandte, die er nicht mag, geht also zu keiner Familienfeier, sondern besucht nur die, die er mag. Das finde ich schon ein bisschen kurios oder anders, aber ich finde gerade die 2. Sache macht ihn doch eher sympathisch.
Ich habe zwei Freundinnen, die verrückt und bescheuert sind - aber seien wir ehrlich, gleich und gleich gesellt sich gern. Also sagt das wohl einiges über mich aus, dass ich mich in solcher Gesellschaft wohl fühle. Ich sage von mir selbst auch immer, dass ich verrückt und nicht ganz normal bin und ich steh dazu. Normal wäre schließlich langweilig.
Warum geht man immer davon aus, dass die anderen die Verrückten sind? Ich bilde mir gar nicht ein, dass ich "normal" und das Maß aller Dinge bin. Ich weiß auch so, dass ich viel zu verquer bin und zu stark aus der Reihe tanze bei dem was ich denke, sage und tue.
Je älter ich werde, desto weniger bedeuten mir die Kategorien von "normal" und "verrückt". Unter dem Strich sind die allermeisten Leute, die mir im Alltag so begegnen, brave Steuerzahler mit maximal kleineren Macken, Marotten oder ungewöhnlichen Hobbys. Ich selber dachte auch lange von mir, dass ich irgendwie "verrückt" sei, weil ich manche Sachen gerne mag, andere dafür gar nicht, und musste solide erwachsen werden, bis mir gedämmert ist, dass ich genauso normal oder verrückt bin wie alle anderen auch.
In meinen Augen ist "Verrücktheit" also ein reichlich pubertäres Alleinstellungsmerkmal, welches gerade die Zeitgenossen für sich beanspruchen, die bei Licht besehen ein völlig durchschnittliches Leben haben und nur einmal im Jahr auf ein Gothic-Treffen gehen oder eine bestimmte Sorte Musik hören oder einen ungewöhnlichen Sport treiben. Nur weil man nicht das meinungs-, kontur-, und risikofreie Leben eines Schwamms führt, ist man noch lange nicht völlig durchgeknallt.
Wie definiert man denn einen normalen Menschen? Gibt es den überhaupt? Ich würde mich selbst auch nicht als normal und eher etwas verrückt verzeichnen. Ich kenne aber in meinem Umfeld niemanden, von dem behauptet wird, dass er verrückt ist, weil er vielleicht einen Tick oder Spleen hat. Ich finde Menschen generell viel spannender, wenn sie eben von Norm abweichen.
So unterschiedlich ist das, ich möchte nämlich keinesfalls in den Augen anderer als verrückt gelten. Das letzte Mal, dass ich Verrücktheit in einem positiven Kontext hörte, war vermutlich zu Schulzeiten. Wenn der Mitschüler sich plötzlich in der dritten Stunde Erdnussflips in Nase und Ohren steckt und seelenruhig für den Rest der Stunde dort sitzt oder die Klassenulknudel an der Bushaltestelle eine Arie schmettert, lachen sicher noch alle und finden die Person anerkennend als echt total verrückt.
Aber als Erwachsener möchte doch wohl niemand mehr so gesehen werden, denn jemand, der sich auch mit über dreißig öfter noch so benimmt ist im Regelfall entweder peinlich, hängengeblieben oder hat eine Diagnose. Ich kannte wirklich mal zwei Leute, die in dieses Schema fallen, aber mit beiden habe ich nichts mehr zu tun, weil man irgendwann an einem Punkt ist, wo das Verrückte nur noch nervt und nicht mehr übersehen oder schön geredet werden kann. Mit einer von beiden war ich sogar befreundet, aber irgendwann war es mir alles nur noch zuviel.
Diese Eskapaden und Verrücktheiten, die sich an der Grenze zum Pathologischen oder gesetzlich relevantem Verhalten bewegt haben, möchte man dann nicht mehr mit ansehen oder anhören müssen. Vor allem, wenn Alkohol im Spiel war, gab es keine Grenzen und einmal mussten wir sogar einige Meter vorauslaufen, weil das Verhalten so außer Kontrolle war. Wie ich hörte ist die Person jetzt, zehn Jahre später mit fast 40, immer noch ein echtes enfant terrible.
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