Durch gute Seele irgendwann genervt sein?

Meine Freundin tickt ähnlich wie ich und mag keine Verschwendung. So mag sie es gar nicht, wenn Lebensmittel entsorgt werden soll. Sie schaut dann immer, dass sie diese dann wenigstens an Bekannte oder Freunde weiter gibt, die die Reste ihren Tieren geben können.

Ihr Mann meint, dass ihre gute Seele doch häufiger mal anstrengend wäre und es auch durchaus auch nervig sein kann. Sie meint aber, dass eine gute Seele doch wie es schon sagt, etwas Gutes ist und so gar nicht anstrengend sein könnte.

Meint ihr, dass eine gute Seele oder ein gutes Herz durchaus auch mal anstrengend oder nervig sein kann? Habt ihr da eigene Erfahrungen gemacht? Kennt ihr selbst jemand, der eine gute Seele hat und damit durchaus auch mal andere nervt?

Ich glaube nicht an die Existenz von Seelen und ein "gutes Herz" bedeutet für mich ja eher, dass der Kardiologe nichts zu beanstanden hatte. Von diesen unpassenden Ausdrücken mal abgesehen verstehe ich aber auch nicht, was daran jetzt anstrengend sein soll.

Sie verschenkt also übrig gebliebene Lebensmittel an Tierhalter im Bekanntenkreis. Wo liegt das Problem? Wenn ich die Lebensmittel nicht haben möchte kann ich doch einfach sagen, dass mein Tier die Sachen nicht frisst und das wird dann wohl hoffentlich akzeptiert werden.

Ich denke, dass "gute Seele", "gutes (oder auch goldenes) Herz" oder ähnliche Begriffe nicht ernst genommen werden müssen, denn es handelt sich einfach um eine Metapher, in die man nicht zu viel hineininterpretieren muss. Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass man von einer guten Seele auch genervt sein kann.

Wenn Menschen sich durch ein stark ausgeprägtes Helfersyndrom immer wieder in Problem- oder Stresssituationen helfen ist nämlich auch niemandem geholfen. Sicherlich ist es lobenswert, wenn man beispielsweise auf Verschwendung aufpasst und diese vermeiden möchte.

Aber dann gibt es auch noch Menschen, die es mit einem gut meinen, aber einem dann etwas aufdrücken wollen. Aus welchen Gründen auch immer. Sicherlich ist so etwas "nett gemeint" und man möchte da nur helfen, allerdings kann so ein Verhalten von Mitmenschen auch nervig, anstrengend und ein wenig bevormundend sein.

Mir sind Leute von Vornherein zuwider, die sich selbstgefällig eine "gute Seele" oder ein "gutes Herz" zuschreiben, weil sie ja moralisch ach so hochwertig und viel wertvoller als die anderen sind.

Wenn man genauer hinschaut, kommt dabei entweder ein ausgeprägter Märtyrerkomplex zum Vorschein, sprich die Leute opfern sich nicht aus Selbstlosigkeit auf, sondern um ihre Taten ihrer Umwelt genüsslich unter die Nase zu reiben, und das hat nichts mit einer "guten Seele" zu tun. Oder die Betreffenden sind derart in sich selbst verliebt, dass sie selbst simple positive Handlungen wie das Mülltrennen (oder in diesem Fall das Verfüttern von Lebensmittel an irgendwelche Haustiere) auf das Level von Heldentaten hochfiedeln, wie es nicht mal die Heiligen der katholischen Kirche schaffen.

Ich kenne auch eine selbst ernannte "gute Seele", und die Frau ist einfach nur aufdringlich, taktlos und nervig. Niemand möchte, wenn er schnell einen Blick in die Registratur wirft, einen Kaffee aufgenötigt , Kekse unter die Nase gehalten bekommen und mit Small Talk über das Wetter zugemüllt werden. Die Person hält sich unter Garantie für eine "gute Seele", obwohl sie offensichtlich nicht am Wohlergehen ihrer Mitmenschen interessiert ist. Sonst würde sie ja merken, dass sie den Leuten nur die Zeit stiehlt. Aber die Pflege ihres Selbstbilds als "Guter Mensch" ist ihr eben wichtiger, als tatsächlich ein angenehmer und auch mal taktvoller Mensch zu sein.