Durch Fußball-WM bezahlte Überstunden bekommen?

vom 29.06.2018, 06:25 Uhr

Der Partner einer Freundin von mir arbeitet in einer Behörde. Vor zwei Tagen fand ja das Fußballspiel in der WM von Deutschland statt, bei dem Deutschland leider verloren hatte. Jedenfalls war das dann so, dass sein Arbeitgeber dann allen Mitarbeitern erlaubt hat, das Spiel offiziell in einer großen Halle im Unternehmen zu schauen, wobei alle Mitarbeiter dafür auch noch bezahlt worden sind und das eben als "Überstunden" deklariert wurden.

Eine Bekannte von mir regt sich total darüber auf. Denn sie meint, dass das ja unerhört wäre und dass gerade eine Behörde sich das nicht erlauben dürfe. Man sollte vielleicht dazu sagen, dass er für das Arbeitsamt arbeitet. Meine Bekannte regt sich jetzt auf, dass so weniger Jobs vermittelt würden, wenn die Mitarbeiter für so einen "Blödsinn" bezahlt würden und dann für die Bürger keine Zeit mehr hätten.

Ich finde ehrlich gesagt, dass sie übertreibt. Für mich ist das nur ein Mittel, um die Mitarbeiter eben zu motivieren und die Zufriedenheit am Arbeitsplatz zu fördern. Das ist ja auch wichtig für die Arbeitsleistung. Wie seht ihr das? Findet ihr es unverschämt, wenn man für das Fußball-Gucken auf Arbeit bezahlt wird?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Hm... da bin ich sehr zwiegespalten. Wer bezahlt denn die Menschen, die auf der Behörde sitzen und arbeiten? Der Steuerzahler! Ist es die Aufgabe des Steuerzahlers auch Stunden zu zahlen, wenn diese nicht gearbeitet werden? Wenn ein Privatbetrieb so was macht um die Mitarbeiter zu motivieren, ist das die Sache des Chefs, das eben auch zu bezahlen. Aber wenn andere dafür bezahlen ist das schon etwas anderes.

Manchmal braucht man Wochen um beim Amt für Arbeit einen Termin zu bekommen. Am Telefon ist man lange in der Warteschleife und da kann ich den Unmut schon verstehen, wenn dann ein Fußballspiel zur Arbeitszeit zählen soll und bezahlt wird. Das finde ich Steuerverschwendung und auch nicht so prickelnd. Wenn 100 Mitarbeiter 2 Stunden bezahlt bekommen wegen Fußball, sind es für 200 Stunden Lohn. Ob ich das gut finde, weiß ich nicht so recht.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Der Steuerzahler zahlt aber auch Brücken, die im Nichts enden, Hubschrauber, die nicht starten dürfen und vergoldete Hausfassaden als Kunstprojekt. Von daher finde ich die Argumentation schon eher scheinheilig, dass ausgerechnet die paar Hanseln, die mal ein Deutschlandspiel in der Dienstzeit ansehen wollen, das deutsche Volk in den Ruin stürzen sollen. Ich war auch mal Beamtin und kann versichern - die Leute, die man als Bürger zu Gesicht bekommt, verdienen definitiv nicht die Welt. Und dürfen nicht mal streiken, wenn ihnen etwas nicht passt.

Hier spricht wohl wieder mal der Neid. Genauso gut könnte man ja sagen, dass man für ein Auto oder ein Elektrogerät teures Geld zahlt und wie es sein kann, dass die Fließbandarbeiter davon auch noch bezahlt werden wollen? Ich vermute schlicht, dass sich der Arbeitgeber wohl eingestanden hat, dass sich doch recht viele Fans unter der Belegschaft befinden (befunden haben), und dass in den zwei Stunden sowieso keiner nennenswert gearbeitet hätte, sondern eher aufs Handy geschielt oder diskret am PC den Live-Ticker verfolgt. Dann macht man gleich eine Kollektiv-Sause daraus, dann ist der Schmerz behoben. Weihnachtsfeiern und Betriebsausflüge bekommen die Leute im Regelfall ja auch bezahlt.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich finde es eigentlich auch eher nett, wenn ein Chef das so macht. Ich würde auch vermuten, dass die Angestellten der Behörde sowieso das Spiel irgendwie verfolgt und nicht komplett konzentriert gearbeitet hätten, auch wenn sie diese Möglichkeit nicht geboten bekommen hätten, das Spiel zu schauen.

Es wird doch vermutlich in der Zeit sowieso nicht viel los sein, könnte ich mir vorstellen und so finde ich es dann gut, wenn ein Chef auf diese Weise die Mitarbeiter motiviert und eben zeigt, dass ihm die Interessen derer, die bei ihm arbeiten, schon auch wichtig sind.

Natürlich kann man sich über alles aufregen, aber ich glaube nicht, dass durch eine solche Aktion unbedingt weniger Jobs vermittelt werden, weil diejenigen, die einen Job suchen, vermutlich zu der Zeit auch das Spiel gesehen haben. Ich sehe so etwas darum eher als Motivation der Mitarbeiter und nicht als Grund, sich aufzuregen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich bin da geteilter Meinung. Einerseits finde ich es großartig das die Mitarbeiter die Möglichkeit bekommen haben das Spiel gemeinsam zu schauen und dafür sogar bezahlt wurden. Solche Veranstaltungen sind nicht nur gut für das Betriebsklima sondern können sogar Freundschaften hervor bringen, was den Arbeitsalltag meistens auch besser macht. Meine Kollegen und ich treffen uns regelmäßig damit man auch mal die Gelegenheit hat über etwas anderes als die Arbeit zu reden. Solche Treffen finde ich daher echt großartig. So würde ich es zumindest bei einem normalen Unternehmen empfinden.

Wo wir auch schon bei meinem andererseits wären. Wenn ein Unternehmer sein Geld dafür ausgibt seinen Mitarbeitern einen schönen Abend zu bereiten ist das völlig in Ordnung, ist ja schließlich sein Geld. Aber in diesem Fall zahlen diese Überstunden die Steuerzahler, also wir. Und da hört der Spaß dann auf. Natürlich stimmt es das es in Deutschland viel schlimmere Steuerverschwendungen gibt als diese, aber das heißt noch lange nicht das man dein oben genanntes Beispiel gutheißen muss.

» Anijenije » Beiträge: 2730 » Talkpoints: 53,02 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Anijenije hat geschrieben:Wenn ein Unternehmer sein Geld dafür ausgibt seinen Mitarbeitern einen schönen Abend zu bereiten ist das völlig in Ordnung, ist ja schließlich sein Geld. Aber in diesem Fall zahlen diese Überstunden die Steuerzahler, also wir. Und da hört der Spaß dann auf. Natürlich stimmt es das es in Deutschland viel schlimmere Steuerverschwendungen gibt als diese, aber das heißt noch lange nicht das man dein oben genanntes Beispiel gutheißen muss.

Also zunächst einmal dürften die Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter eine ganze Halle brauchen und denen das Unternehmen dann auch tatsächlich gehört eine Rarität sein. So verbrennt der "Unternehmen" da wohl eher das Geld der Aktionäre, was dann deckungsgleich zum Beispiel des Arbeitsamtes und des Steuerzahlers wäre.

Zum anderen sollte man irgendwo auch mal die Kirche im Dorf lassen. So eine WM kommt einmal alle 4 Jahre und diesmal waren es ja sogar bloß 3 deutsche Spiele. Und ob das jetzt überhaupt bei allen Spielen so gehandhabt wurde, wissen wir ja auch nicht. Der finanzielle Schaden dürfte also sehr überschaubar gewesen sein. Zumal man ja auch überlegen muss, ob die Arbeiter in der gleichen Zeit denn wirklich etwas produktives getan hätten.

Ich finde da sollte man jetzt nicht so neidisch sein und auch mal etwas gönnen können. Es ist ja nun nicht so, dass die dauernd Überstunden feiern und ihr Geld jeden Tag fürs Nichtstun bekommen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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