Coming Out - wie sah es bei euch oder euren Freunden aus?

Ich habe damals in unserer Jugendclique einige homosexuelle Freunde gehabt. Diese haben sich eigentlich nie groß geoutet. Sie waren einfach da und jeder wusste, dass sie homosexuell waren. Nur bei den Eltern haben sie wohl einige Schwierigkeiten gehabt sich zu outen. Das war auch Anfang der 1980er Jahre und Ende der 1970er Jahre nicht ganz so einfach.

Nun kenne ich ein junges Mädchen, die ihrer Mutter das relativ früh gesagt hat und die Mutter dabei fürchterlich ausgeflippt ist und die Tochter wirklich heruntergemacht hat. Der Vater war da ganz anders und hat Verständnis für die Tochter gehabt. Ihr Outing ist zumindest bei der Mutter nicht gerade gut angekommen.

Wie sah euer Coming Out bzw, das eurer Freunde aus? Ist es mit viel Verständnis angenommen worden? In welcher Zeit ist dies gewesen und sollte man heute auch ohne ein offizielles Coming Out auskommen müssen?

Ich hatte in der Oberstufe einen Mitschüler, bei dem die ganze Stufe den Verdacht hatte, dass er eben homosexuell ist. Mir ist klar, dass man nicht jedem Menschen die Sexualität ansehen kann und nicht jeder homosexuelle Mann ist "weiblich" bzw. "tuntig", sodass das eben kein wirklicher Indikator ist. Aus Schüler-Sicht kam es uns aber eindeutig so vor, dass er eben schwul sein muss, da er sich leicht tuntig verhalten hat und auffälligerweise von den männlichen Schülern eher gemieden worden ist, warum auch immer.

Er ist auch einige Male darauf angesprochen worden, weil er sich eben so auffällig verhalten hat, was er aber immer abgestritten hat. Er ist da regelrecht ausgeflippt, was ich so gar nicht verstehen konnte. Ich habe ihn Jahre später mal zufällig in Berlin getroffen, wo er sich ein neues Leben ausgebaut hat - diesmal in einer homosexuellen Beziehung. Es gibt also auch den umgekehrten Fall, wo sich jemand gar nicht outen möchte, auch wenn das Umfeld da total locker reagieren würde.

Da ich auch mich durchaus zu Frauen, wenn sie mich flashen, hingezogen fühlen kann, könnte man meinen, dass ich ein klassisches Coming Out hatte. Nein hatte ich nicht. Ich habe gesagt, das ist meine Freundin von Freundin wie mit einem Mann und Thema für mich durch. Ich mache da weder bei Freunden noch Familie einen großen Unterschied dessen. Denn ich entscheide für mich, was die beste Wahl ist und niemand braucht mir da mit konservativen Gedankengängen oder Wünschen, Vorhaltungen oder Erwartungen kommen. Mein Leben, meine Liebe, meine Sexualität und meine Partnerwahl.

Deswegen habe ich kein klassisches Coming Out gehabt im Bezug auf dessen, dass ich eben auch Frauen bevorzuge. Ich wusste auf der einen Seite aber auch, dass ein großer Teil meiner Familie das akzeptiert und ein anderer großer Teil das weniger tut. Die wichtigsten, wenn auch kaum familiäre Bindung herrscht, haben es aber ohnehin immer erwartet, dass ich sexuell gesehen sehr offenherzig sein werde, sodass dies offenbar gerade auch im Bezug auf meine Mutter keine sonderliche Verwunderung war.

Ich hatte sogar häufig das Gefühl, dass meine Ex-Partnerin, wenn sie mich nicht betrogen hätte, liebevoller behandelt wurde von einigen in der Familie, als mein Ex-Freund. Mit der Wahl meiner Ex-Freunde waren meine Verwandten weniger einverstanden, als mit meinen Ex-Freundinnen. Da ich aber von ihnen betrogen wurde, wir waren wohl zu jung für monogame Gedankengänge oder sowas, keine Ahnung, haben sie meine Trennung natürlich verstanden.

Mein Partner wird aber auch akzeptiert und selbst wenn nicht, ist es mir auch schon immer egal gewesen, was von wem gehalten wurde. Mir passen viele Partnerschaften nun einmal auch nicht, aber trotzdem sage ich dazu nicht viel. Es sei denn ich werde danach gefragt.