Problematische Erziehung, wenn man schlechte Kindheit hatte?
Bekannte von meinem Freund und mir planen ein Kind zu adoptieren. Mein Freund findet die Idee grundsätzlich gut, allerdings denkt er nicht, dass sein Bekannter ein guter Vater werden kann. Ursprünglich kommt die Idee auch von der Frau und er hat nach einer Weile einfach eingewilligt, obwohl er ursprünglich nicht geplant hatte Kinder zu bekommen. Leider hatte er eine ziemlich schwierige Kindheit da sein Vater Alkoholiker war und seine Mutter nicht so recht Interesse an ihm hatte.
Mein Freund denkt daher, dass seinem Bekannten die Erziehung eines Kindes schwer fallen wird. Er selbst hat ja nie erlebt was es heißt, gute Eltern zu haben. Und aus psychologischer Sicht betrachtet wäre es wohl so, dass Menschen mit einer schlechten Kindheit Probleme haben ihren Kindern eine gute Kindheit zu beschaffen. Wie denkt ihr darüber, kann man es wirklich pauschalisieren, dass jemand mit einer schlechten Kindheit generell Probleme haben wird, ein Kind zu erziehen? Oder ist das eher in Ausnahmefällen so? Kennt ihr Beispiele aus eurem Umfeld?
Ich denke nicht, dass man das grundsätzlich so sagen kann. Was wir in der Kindheit lernen (z.B. "Schläge sind normal"), lässt sich später schwer korrigieren, aber für unmöglich halte ich es nicht. Auch können bereits während der Kindheit andere Erwachsene im Umfeld als Korrektiv dienen, indem sie vorleben, was eigentlich "normal" sein sollte (z.B. liebevoller Umgang miteinander, konstruktive Konfliktlösung usw.).
Aus dem beruflichen und privaten Umfeld kenne ich einige Fälle, in denen es sehr gut gelaufen ist. Einer meiner Kollegen und seine Frau waren beispielsweise früher schwer drogenabhängig, er auch mit erheblicher Kriminalität. Die Kinder (Zwillinge) mussten in frühen Jahren anderweitig betreut werden, weil die Eltern es nicht schafften, sich zuverlässig um sie zu kümmern.
Mittlerweile sind aus den beiden wunderbare Eltern geworden. Die Kinder sind Anfang 20, machen viel aus ihrem Leben und haben eine sehr gute Beziehung zu ihren Eltern. Illegale Drogen rühren beide nicht an, einer von beiden raucht, beide trinken gern mal einen auf Partys. So gesehen: Zwei ganz normale junge Erwachsene.
Crispin hat geschrieben:Wie denkt ihr darüber, kann man es wirklich pauschalisieren, dass jemand mit einer schlechten Kindheit generell Probleme haben wird, ein Kind zu erziehen? Oder ist das eher in Ausnahmefällen so? Kennt ihr Beispiele aus eurem Umfeld?
Das beste Beispiel aus meinem Umfeld ist mein Schwiegervater. Er selbst hat mehrere Geschwister und ist in einem ziemlich verkorksten Elternhaus groß geworden. Der Vater war Alkoholiker und hat seine Kinder oft geschlagen. Die Mutter war eher mit sich selbst beschäftigt und praktisch nur anwesend. Dementsprechend wurden die Kinder stark vernachlässigt, wenn sie nicht gerade verprügelt wurden.
Mein Schwiegervater hatte aber immer die Schnauze voll davon, konnte sich als Kind aber kaum dagegen wehren. Er hasste seinen Vater und identifizierte sich nie mit seinen Eltern und ich glaube, dass das ein sehr wichtiger Punkt ist in der Entwicklung. Denn ich glaube, dass man dann seine Eltern nachahmt (wenn auch mehr unbewusst), wenn man nicht mit ihnen bricht und gezielt anders sein will. Das ist bei meinem Schwiegervater passiert. Er hat seinen Vater irgendwann so gehasst, dass er um jeden Preis anders sein wollte und das hat er auch geschafft.
Alkohol spielte bei ihm nie eine Rolle. Er hat drei Söhne groß gezogen ohne Gewalt. Stattdessen hat er ständig mit ihnen über alles mögliche gesprochen, auch über Gefühle, Sorgen und Probleme. Mein Freund beschwert sich bis heute noch, dass er zu viel Aufmerksamkeit als Kind bekommen hat und am liebsten seine Ruhe gehabt hätte.
Ich denke also schon, dass man das schaffen kann, trotz schlechter Kindheit ein guter Vater zu sein. Man muss es eben nur genug wollen und seine eigene Kindheit reflektieren. Sprich: sich fragen, was einem gefehlt hat in der Kindheit. Wie hätte man sich gewünscht, dass die Eltern stattdessen handeln? Dann klappt das auch, egal welche Voraussetzungen man hatte.
Meiner Ansicht nach kann man das nicht pauschalisieren und es hängt meiner Ansicht nach stark davon ab, was man sich selbst wünscht und welchen Willen man hat. Ich kenne auch einige Menschen, die eine gute Kindheit gehabt haben, die aber als Eltern in meinen Augen komplett versagt haben, weil sie nicht das wirkliche Interesse daran haben, gute Eltern zu sein. Es gibt eben solche und solche Menschen, das sollte man bei dieser Diskussion bedenken.
Ich denke nicht, dass man anhand der Kindheit festlegen kann, ob jemand ein guter Vater oder eine gute Mutter ist. Meine Kindheit war nicht rosig, ich wurde auch häufiger verprügelt und es sind Dinge passiert, die niemals passieren sollten. Trotzdem traue ich es mir zu, dass ich eine "gute" Mutter sein kann, gerade weil ich mit den Verhaltensmustern meiner Familie nichts anfangen kann und mich in die komplett gegenteilige Richtung entwickelt habe.
Warum sollten Menschen mit einer schlechten Kindheit Probleme mit der Erziehung eines eigenen Kindes haben? Nur weil man als Kind schlecht behandelt wurde, bedeutet das nicht, dass man als Erwachsener kein Kind erziehen kann. Wenn jemand misshandelt oder ausgebeutet wurde, dann wird derjenige sich meistens daran erinnern und diesen Weg möglichst verhindern. Es gibt natürlich Ausnahmen.
Die Angst so zu werden wie die eigenen Eltern schwingt zwar mit, aber man kann sich bewusst gegen diese Einstellung entscheiden. Ich bin zwar verbal manchmal direkt, aber ich kann physisch keiner Fliege etwas zuleide tun und daher traue ich mir durchaus zu, dass ich irgendwann ein Kind haben werde.
Es ist nicht immer gesagt, dass jemand, der eine schlechte Kindheit hatte auch gleichermaßen ein schlechter Papa oder eine schlechte Mama ist. Das wäre zu einfach gesagt, aber es gibt auch hier immer wieder Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Doch so pauschal lässt es sich ganz einfach nicht beantworten.
Manch einer möchte die Fehler aus seiner Kindheit nicht auf die eigenen Kinder übertragen. Das klappt sogar erstaunlich gut bei sehr vielen. Andere wiederum schaffen eigene Kindheitserinnerungen nicht zu verarbeiten und geben sie an ihre Kinder weiter. Oftmals ist das bei Menschen mit Drogenmissbrauch, Alkohol oder auch Schlägen der Fall. Das ist aber eben auch immer subjektiv als Wahrnehmung.
Es kommt auf einen selber an, da bin ich immer der Meinung. Erfahrungen aus der Kindheit hin oder her. Das muss nicht bedeuten, dass man diese auch weiter gibt oder dadurch eine schlechte Bezugsperson für ein Kind sei. Man muss den Teufelskreis aus Vergangenheit und Neuanfang auch irgendwann mal durchbrechen, um Altes hinter sich lassen zu können und neues anzufangen. So sehe ich das.
Wer sich aber aufgrund seiner Kindheit nicht dazu bereit fühlt, ein Kind zu haben, der sollte vielleicht den gesamten Gedankengang in Ruhe überdenken, um nicht auch eine überforderte Rolle einzunehmen und am Ende zu merken, ich will eigentlich gar nicht. Denn das Kind wäre ja dann da.
Sicher gibt es solche Fälle, wobei es aber auch genauso viele umgekehrte Fälle geben wird. Es gibt ja genügend Leute, die eine sehr schlechte und schwere Kindheit haben und die es bei ihrem eigenen Kind anders machen wollen. Oft werden genau diese Leute zu sehr liebevollen Eltern, weil sie wissen, wie es anders sein kann und sie nicht wollen, dass ihr eigenes Kind das erleben muss.
Man kann das ja auch oft abschätzen, wie sich das Paar als Eltern macht. Wenn sich die Geschehnisse nicht jetzt schon ohne Kind bei ihnen wiederholen, die beiden nicht dauernd nur am Trinken und Rauchen sind und ein geregeltes Leben haben, würde ich mir da gar nicht so viele Gedanken drum machen und den beiden einfach das beste für ihre Zukunft wünschen.
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