Sich bei manchen Kollegen fragen, warum sie da sind?
Ich gebe ehrlich zu, dass ich mich bei manchen Kollegen schon frage, wie sie überhaupt zu ihrem aktuellen Job gekommen sind, auch wenn ich super mit ihnen zurecht komme und gar nichts gegen sie habe. Eine Kollegin zum Beispiel ist gelernte Biologielaborantin und die macht bei uns die Personalverwaltung und die Buchhaltung. Eine andere Kollegin ist studierte Linguistin und macht auch Verwaltungskram, wobei sie gar nichts mit Sprachen zu tun hat.
Vor kurzem wurde eine Neurologin eingestellt, wobei ich bis heute keine Ahnung habe warum. Denn wir machen bei uns gar nichts, wofür entsprechende Kenntnisse notwendig wären und arbeiten in einer anderen Richtung. Sie hat ein Projekt zugeteilt bekommen, in dem sie auch keine gelernten Kenntnisse anwenden kann. Demnächst wird eine Agrarwissenschaftlerin eingestellt, wobei ich selbst das nicht verstehe, da wir eigentlich was völlig anderes suchen. Fragt ihr euch bei manchen Kollegen auch, warum sie überhaupt da sind und wie sie ihren Job erhalten haben? Oder denkt ihr euch da nichts bei?
Man darf sich also nicht verändern im Leben? Nehmen wir mal ein Beispiel jemand wird Altenpfleger. Nun arbeitet die Person eine Weile in dem Beruf und merkt, dass das nichts ist, was auf Dauer gut für sie ist. Es gibt einfach zu viele Gründe, die dagegen sprechen, auch wenn man es eigentlich mal wollte und nun? Soll die Person weitermachen oder sich weiterbilden und anderswo umsehen? Folglich stört es mich so gar nicht, wenn Menschen vorher in einer anderen Branche tätig waren, eine andere Ausbildung gemacht haben oder was auch immer.
Jeder hat doch seine Gründe dafür irgendwo zu arbeiten und das akzeptiere ich. Ich würde da auch nie nachfragen oder mich generell dafür interessieren, was eine Person gelernt hat. Manche erzählen das ja von sich aus, aber ich habe da kein Interesse daran alles von irgendwem zu wissen, mit dem ich nur ein paar Stunden am Tag verbringe.
Ich bin auch studierte Linguistin und mache Verwaltungskram, weil auch studierte Linguistinnen Rechnungen bezahlen müssen, und es sich buchstäblich nicht jeder leisten kann, in seinem gewählten Studienfach in die Forschung oder Lehre zu gehen. In vielen Fällen ist das nämlich der direkte Weg ins akademische Präkariat, in dem ich mich von Vertrag zu Vertrag hangeln muss, mich freiberuflich durchschlagen oder auf einen Stundenlohn kommen würde, bei dem jede Handwerkerin sofort den Bohrer weglegen würde.
Ich frage mich zwar auch bei manchen Kollegen, wieso sie nicht woanders dem lieben Herrgott die Zeit stehlen können, anstelle in meinem schönen ordentlichen Akten-Kerker Chaos anzurichten, aber das hat nichts mit deren gewählten Studienfächern zu tun, sondern eher mit mangelnder Kompetenz. Man kann jeden Job gut oder schlecht machen, und ob man vor hundert Jahren mal Agrarwissenschaften, technisches Zeichnen oder Baustatik gelernt hat, interessiert im Lauf der Karriere irgendwann sowieso niemanden mehr.
Ich denke gerade in den Berufen, wo ein akuter Mangel herrscht, ist es nicht ungewöhnlich, Quereinsteiger für einen bestimmten Beruf einzustellen. So lange der Gehaltszettel in Ordnung ist, spricht doch nichts dagegen. Außerdem habe ich schon Leute erlebt, die den Job besser machen, wie die, die ein Leben lang nichts anderes gelernt und getan haben, obwohl sie von einem anderen Berufszweig stammen. Man kann so etwas sicher nicht immer verallgemeinern.
Mich stört eher, dass es momentan in meiner Berufssparte so ist, dass aus Mangel an Fachkräften einfach Assistentinnen heran gezogen werden, dieselben Aufgabengebiete zu übernehmen und dass diese dann auch noch genau so viel verdienen wie das ausgebildete Fachpersonal. So etwas stört mich, weil ich mich wirklich frage, warum ich fünf Jahre eine Ausbildung gemacht habe, wenn ich mit einem kleinen AMS Kurs auf dasselbe Resultat komme.
Aber nun geht es ja hier offenbar um eine Einrichtung, in der lauter studierte Fachkräfte aufgenommen werden. Man müsste wissen, um welche Firma es sich genau handelt, dann könnte man noch expliziter und spezifischer darauf eingehen. Aber ich kann es nur noch einmal sagen, nur weil man vom Fach ist, heißt das nicht, dass man immer die bessere Leistung bringt. Man muss seine Arbeit einfach mit Herz machen, egal was man gelernt hat. Und wenn man sich dafür interessiert, dann kann man auch als Quereinsteiger herausragend sein.
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