Peinlich als Student von Eltern Essen mitzubekommen?

vom 14.10.2017, 22:33 Uhr

Eine Bekannte von mir meinte neulich, dass sie häufiger mal Essen von ihren Eltern mit nach Hause bekommt, wenn sie diese besucht. Das ist eingetuppertes Essen aber auch eingemachtes oder Frisches vom Markt. Mitunter kommt es vor, dass wir im Freundeskreis zusammen essen gehen und sie sagt dann ab und nennt meist keinen konkreten Grund. Darüber haben sich schon einige im Freundeskreis gewundert.

Mir selbst ist bekannt, dass meine Bekannte häufig noch Essen von ihren Eltern daheim hat und daher nicht Essen gehen möchte. Das ist auch nachvollziehbar, aber ihr offenbar peinlich. Sie gibt nur ungern zu, dass ihre Eltern ihr im immer noch Essen mit heim geben. Findet ihr es auch peinlich, wenn eure Eltern euch Essen mitgeben? Behaltet ihr das lieber für euch oder kann man offen darüber in eurem Freundeskreis reden?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich habe lustigerweise festgestellt, dass sich die Reaktion auf solche Situationen mit der Zeit stark verändert. In der Grundschule ist es noch irgendwo selbstverständlich, dass die Mutter oder der Vater das Pausenbrot richtet, und da freut man sich immer über das liebevoll eingepackte Essen und eventuelle süße Überraschungen, sodass es sogar einen regelrechten Konkurrenzkampf gibt, wer die am besten befüllte Brotbox hat. Irgendwann in der Oberstufe und im Studium ist es dann plötzlich total peinlich, wenn Mama das Essen zubereitet, denn jetzt geht es ja darum, erwachsen zu sein und auf eigenen Beinen zu stehen. Da ist man der Held im Erdbeerfeld, wenn man sich in der Pause einen Döner oder Burger organisiert - sozusagen als Symbol, dass man nun völlig frei und für sich selbst entscheiden kann, wann man Lust auf was hat und wie man daran kommt.

Bei den meisten meiner Bekannten und auch bei mir selbst kam nach dieser Phase aber schnell die Erkenntnis, dass mit dem Auszug und der eigenen Organisation des Alltags einfach kaum mehr Zeit für Haushalt, Kochen und andere Dinge blieb, die sich früher quasi von selbst erledigten, weil die Eltern einen unterstützten und dass das Essen von Mama doch wesentlich besser schmeckte als Spaghetti mit Tomatensoße und Toast mit Käse. Und plötzlich waren wir unfassbar dankbar, wenn wir unsere Schmutzwäsche nach Hause fahren und dort waschen dürften und bei Abreise einen Korb mit einer Wochenration an Essen und Trinken mitbekommen haben. Daher ist es in unserem jetzigen Alter doch wieder etwas besonders schönes, die heimische Kost genießen zu dürfen, und es wird eigentlich auch nicht mehr als peinlich empfunden.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass nicht jeder Student das Geld hat, jeden Tag oder mehrmals pro Woche essen zu gehen? Als Studentin konnte ich mir leisten, jeden Tag in die Mensa zu gehen, aber das kann man nicht vergleichen, weil die Preise dort sehr günstig sind. Also mehrmals pro Woche in ein Restaurant zu gehen wäre nicht drin gewesen und ich denke nicht, dass du bei "Essen gehen" von der Mensa sprichst, sondern eher gehobene Küche meinst und die kostet nunmal.

Ich würde mich grün und blau ärgern, wenn ich ständig Essen gehen würde, dann das Geld für den Monat nicht mehr reichen würde und in der Zwischenzeit wird gutes Essen von den Eltern schlecht. Auch weißt du nicht, ob sie wirklich Essen von den Eltern zu Hause noch hat. Meine Eltern wollten mir früher auch immer Essen mitgeben, wenn ich mal das Wochenende dort war. Allerdings hätte dieses Essen nie die ganze Woche gereicht. Es kann doch auch sein, dass deine Bekannte lieber zu Hause günstig kochen möchte statt viel Geld im Restaurant zu lassen. Verstehe nicht, was daran verwerflich sein soll oder ist jeder Abschaum, der mit euren finanziellen Ausgaben nicht mithalten kann?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich weiß, dass ich das früher peinlich gefunden hätte, eingetuppertes Essen von meinen Eltern mitzubekommen, mittlerweile finde ich das wirklich sehr süß und nett. Meine Mutter hatte mir das tatsächlich auch schon angeboten, allerdings habe ich bisher immer abgelehnt, da ich immer eine weite Strecke mit der Bahn unterwegs bin, ohnehin dann immer viel Gepäck habe und nicht auch noch eingetuppertes Essen mitnehmen will, zumal ich auch sehr gerne und gut selbst koche.

Meine Eltern sind aber dennoch so, dass sie es sich einfach nicht nehmen lassen, mich immer wieder mit Grundnahrungsmitteln wie Reis oder Nudeln zu versorgen, auch wenn ich mir so etwas natürlich selbst kaufen kann. Wenn sie mich besuchen oder wenn ich zu ihnen komme, wird mir das aber immer "aufgedrängt" und ein "Nein" wird auch nicht akzeptiert, so dass ich diese Produkte von meinen Eltern bekomme.

Ein schlechtes Gewissen habe ich schon, wenn meine Eltern unnötigerweise Geld für mich ausgeben, obwohl ich mir diese ganzen Sachen selbst kaufen kann. Allerdings vermute ich mal, dass ich das ganz genauso handhaben würde, wenn ich selbst mal Kinder haben würde. Von daher freue ich mich doch darüber, nicht nur weil ich Geld spare und nicht mehr so viel einkaufen muss, sondern auch, weil die Geste wirklich nett ist und man Lebensmittel im Endeffekt auch viel eher gebrauchen kann, als wenn man nun Blumen oder etwas anderes Dekoratives mitbekommt.

Ich finde das nun gar nicht peinlich. Ich kenne sogar viele Studenten, die Essen von ihren Eltern mitbekommen und diese sind allesamt sogar sehr stolz darauf. Dass sich jemand dafür schämt, kenne ich so gar nicht. Aber vielleicht muss man auch erst eine gewisse Reife erreichen, damit man bestimmte Dinge mit der Zeit wieder zu schätzen lernt.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Es ist sicherlich unangenehm, wenn sich alle besser finanzieren können als man selber. Das heißt, wenn man es sich nicht leisten kann Essen zu gehen, aber alle anderen ständig Essen gehen, dann ist es einfach für einen selber blöd, wenn man Teil der Gruppe sein möchte. Vor allem ist es dann auch noch unangenehmer, wenn man zu Hause dann die Tupperdosen der Eltern gefüllt mit Essen stehen hat, das heißt aber nicht, dass man auch ein peinliches Gefühl haben muss.

Ich finde es schön, wenn die Eltern für das Kind kochen und es ihm mitgeben, damit dieses nichts kaufen und extra kochen muss. So kann man sein Kind auch unterstützen und nicht nur mit Geld. Gerade für Studenten finde ich es auch einigermaßen komisch, wenn man ständig Essen geht, das Geld sitzt da in der Regel doch nicht so locker.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich kann mich selbst finanzieren und bin auch jetzt nicht so direkt ein Student. Aber meine Mutter und auch die Mutter meines Freundes gibt uns immer mal Essen in einer Tupperdose mit. Das finde ich auch persönlich ganz schön, weil ich mich dann mal nicht um das Kochen und Essen zubereiten kümmern muss.

Außerdem spare ich so Geld und ich weiß auch, dass die "Eltern" es nur gut meinen und mir etwas Gutes tun wollen. Es ist mir nicht mehr peinlich. Es ist auch nicht mehr peinlich im Freundeskreis zu sagen, dass man noch etwas zum Essen zu Hause hat und deshalb nicht mitgeht. Ich finde es sogar relativ normal.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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