Jemandem schonend die Wahrheit beibringen - geht das?
Ich habe in letzter Zeit häufig den Eindruck, dass es das gar nicht gibt – jemandem schonend die Wahrheit beibringen. Auch wenn man noch so diplomatisch vorgeht, endet so etwas ganz oft mit einem pikierten Gegenüber, manchmal sogar Streit.
So wurde ich schon vor einigen Monaten gefragt, ob man einen Brief an eine Behörde absenden könnte. Die Rechtschreibfehler konnte ich die Person noch selbst entdecken lassen, bei dem Hinweis, dass man für Briefe besser die Vorlagen der Textverarbeitungsprogramme nützt, war dann nichts mehr zu retten.
Bei einem anderen Fall ging es darum, dass eine Freundin nicht mehr mit ihrer Frisur zufrieden war, aber nicht einsah, dass ein vernünftiger Schnitt eine gute Grundlage für eine handhabbare Frisur ist. Wie aber bringt man das einer Freundin bei, die davon überzeugt ist, dass eine neue Brille auch einen eineinhalb Jahre alten Haarschnitt wieder gut aussehen lassen.
Und das waren nur zwei Beispiele. Mittlerweile bin ich der Meinung, dass das schonende Beibringen der Wahrheit eine Illusion ist. Auch wenn man noch so diplomatisch ist, ist die Wahrheit in der Regel schmerzhaft und macht jegliche Diplomatie schnell vergessen. Sehe nur ich das so? Wie ist Eure Meinung?
Hallo!
In gewisser Weise hast du schon recht, denn manche Wahrheiten sind eben ein richtiger Schock für die Betroffenen. Allerdings sind manche Leute auch eben empfindlicher als andere und man kann eben nichts anderes machen, als es so schonend wie möglich zu sagen.
Aber einige Wahrheiten lassen sich auch nicht wirklich verpacken, um sie dann möglichst vorsichtig mitzuteilen. Daher denke ich, dass es eben auch auf die Person ankommt. Außerdem wäre ich auch ehrlich, wenn mich jemand nach meiner Meinung fragen würde. Und ich muss sagen, dass ich auch für Kritik oder Änderungsvorschläge dankbar bin, wenn ich danach gefragt habe.
Wenn ich ehrlich bin, kann man jemanden schon geradezu die Wahrheit sagen. Das geht nämlich dann, wenn man sich sowas nicht übel nimmt. So konnte ich damals durchaus zu einer Freundin sagen, dass sie in dem Shirt einfach unvorteilhaft aussieht. Glücklich war sie darüber vielleicht nicht - aber besser sowas erfährt man von jemandem, der einen nahe steht, als von Fremden die dann tuscheln.
Bei Personen, die einem weniger nahe stehen ist das was anderes. Aber angenommen man wird trotzdem nach der Meinung gefragt, kann man das durchaus netter beibringen und weniger direkt, als bei sehr guten Freunden. Außerdem geht es ja hier um Tatsachen. Will jemand einen Brief losschicken, der vollkommen fehlerhaft ist - sollte man das sagen.
Dabei macht es wohl einen Unterschied, wie man es sagt - aber sagen sollte man es. Und das hat dann auch mit "schonend beibringen" nichts zu tun.
Ich denke das kommt immer auf die Situation an. Wenn ich beispielsweise meine Ehefrau betrogen hätte kann man das eher schlechter schonend Beibringen. Wenn es allerdings um einen schlechten Kleidungsgeschmack des Freundes geht kann man das ganze schon etwas netter verpacken, damit dieser sich nicht sofort angegriffen fühlt. Es kommt im Endeffekt natürlich das gleiche dabei rüber, deshalb sollte man sich vorher Gedanken machen ob es überhaupt sein muss das ganze "schonend" oder auch nicht gemacht wir. Man sollte sein Gegenüber richtig einschätzen können und dann abschätzen, ob er die schonende Variante überhaupt nötig hat.
Man sollte bei aller liebe zu "Nettigkeit" trotzdem immer bei der Wahrheit bleiben, denn sonst bräuchte man mit der anderen Person ja gar nicht erst über irgendetwas sprechen.
Das kommt immer darauf an, wem man die Wahrheit sagen will bzw. muss. Wobei ich mich meist damit rausrede, das es nicht mein persönlicher Geschmack ist. Das klappt zumindest im Bekanntenkreis ganz gut. Damit hab ich das Problem dann wieder dem Fragesteller zurück gegeben.
Anders ist das im beruflichen Bereich. Wenn mir da ein Teilnehmer ein Bewerbungsschreiben zeigt, was vor Fehlern nur so strotzt, dann frage ich auch ganz direkt, ob er schonmal was von der Rechtschreibprüfung in Word gehört hat. Wird dann mein Rat angenommen, dann schaue ich auch gerne nochmal drüber.
Wobei man dabei eh nur bei denen was bewirkt, die wirklich was lernen wollen. Und wenn ich weiss, das ich ein Sensibelchen vor mir habe, dann gebe ich auch mal nur den Rat nochmal drüber zu lesen. Meist fallen dann die Fehler schon auf.
Allerdings habe ich auch keine Leute in meinem Umfeld, wo ich übervorsichtig mit meiner Meinung sein muss. Die meisten können doch Kritik recht gut ab. Ob sie diese dann annehmen liegt ja nicht in meiner Entscheidung. Aber es gibt immer die Möglichkeit, das man jemanden etwas vorsichtig mitteilen kann.
Ich muss sagen, dass ich auch schonungslos Wahrheiten verteile. Zum Beispiel, wenn man mich fragt, wie denn die neue Frisur ist und sie mir nciht gefällt, dann sage ich es auch. Wenn sich jemand etwas kauft oder gekauft hat, was absolut nciht passt, dann kann von mir auch schon mal der Spruch kommen "Gab es das nicht in deiner Größe?" Ich bin ein Mensch der sehr direkt Wahrheiten verteilt.
Wenn ich Freunden die Wahrheit sage und sie könnten es nicht vertragen, dann würden sie mir leid tun. Denn Freunde sind dafür da, dass sie ehrlich zueinander sind und ich erwarte auch von meinen Freunden, dass sie ehrlich zu mir sind. Wenn ich "nur" Bekannten die Wahrheit sage und sie können diese Wahrheit nicht vertragen, dann müssen sie selber damit klar kommen.
Eine Wahrheit in Unwahrheit verpacken oder so ausschmücken, dass es nicht so krass rüber kommt verstehen auch manche Leute nicht und sie sehen es dann noch als Kompliment an. Deswegen finde ich es wichtig, dass man die Wahrheit auch nicht ausschmückt mit Komplimenten, wenn es keine sein sollen.
Warum sollte ich jemanden sagen, dass die Frisur schön ist, wenn ich sie an dieser Person hässlich finde und mir diese Frisur eher an meiner Oma hätte vorstellen können, obwohl die Person erst 20 ist.
Über die Beispiele, die du genannt hast, kann ich nur schmunzeln. Wenn sich jemand wirklich darüber aufregt, dass man seine ehrliche Meinung zu einer unvorteilhaften Frisur äußert oder nicht damit umgehen kann, dass jemand ihn auf peinliche Rechtschreibfehler hinweist, finde ich das ziemlich albern. Wer in solchen Situationen schon aus der Haut fährt oder sich angegriffen fühlt, bekommt wahrscheinlich einen Herzinfarkt, sobald es um gravierendere Dinge geht. Über die Frisur kann man sich ja noch streiten, aber über die korrekte Rechtschreibung ksann man einfach nicht diskutieren, da es hierbei einfach keine Kompromisse oder unterschiedliche Meinungen geben kann.
Grundsätzlich denke ich, dass man jemanden nich unnötig vor den Kopf stoßen muss, um ihm die Wahrheit näher zu bringen. Wenn jemand mit einer unmöglichen Frisur herumläuft, muss man ihm ja nicht direkt sagen, dass das, was er da auf dem Kopf hat, absolut abartig ist, sondern einfach äußern, dass man selbst der Meinung ist, dass diese Frisur unvorteilhaft ist und nicht (mehr) so gut ausschaut. In diesem Fall macht der Ton die Musik und solange man offen, ehrlich und sachlich bleibt, halte ich es immer für richtig, die Wahrheit zu sagen. Allerdings muss man natürlich nicht immer alles sagen, was man auch denkt. Wenn jemand schrecklich angezogen ist, ist das in erster Linie das Problem der Person selbst und ich würde mich da auch nicht unbedingt einmischen und demjenigen meine Meinung aufdrängen. Wenn ich allerdings gefragt werde, antworte ich wahrheitsgemäß, auch wenn meine Antwort demjenigen, der mich gefragt hat, vielleicht nicht gefällt.
Ich finde es aber nicht nur wichtig, dass man nur denjenigen, der etwas sagen will oder soll, ins Visier nimmt. Wenn jemand schnell pikiert ist und das Gefühl hat, dass andere Leute ihn mit ihren Aussagen verletzen wollen, liegt der Fehler oft bei demjenigen selbst. Wenn deine Freundin sauer ist, weil du ihr zu einer anderen Frisur rätst, ist sie verdammt dünn besaitet und kann offenbar überhaupt nicht mit Kritik umgehen. Diese Leute versuchen dann oft, für ihren Unmut über die Wahrheit den anderen verantwortlich zu machen, ohne bei sich selbst zu schauen, ob sie vielleicht nicht angemessen mit den Aussagen umgehen wollten oder konnten.
Ich denke auch, dass die Wahrheit für viele Leute sehr schmerzhaft ist, weil sie einfach nicht vernünftig damit umgehen wollen. Das sollte dich aber nicht davon abhalten, weiterhin deine Meinung frei zu äußern, wenn du gefragt wirst. Auf keinen Fall würde ich jemanden in Watte packen, nur weil er sich wie ein Jammerlappen benimmt, sobald man eine andere Meinung zu einer bestimmten Sache, die ihn betrifft, hat als er.
Ich finde: Du hast Recht. Ich hatte auch schon öfters solche Erfahrungen. Man kann es der Person die Wahrheit zwar langsam und vielleicht versteckt beibringen, das würde man vielleicht unter schonend verstehen. Aber letztendlich bringt es doch nichts. Spätestens wenn er/sie die Gesamtheit deiner Aussage sprich deine Wahrheit begreift und dies als verletzend empfindet, ist er/sie entweder tot traurig oder stink wütend.
In solchen Situationen hilft nur, sich entweder mit der Wahrheit zurückzuhalten, also am besten gar nichts zu sagen, oder es der Person direkt ins Gesicht zu sagen, ihn damit vielleicht zu kränken, ihm aber unterm Strich doch helfen mit seiner Ehrlichkeit. Jeder geht da anders vor.
Ich finde, dass es sehr wichtig ist ehrlich zu sein. Es kann vielleicht mal gemein wirken, aber im Endefekt bringt es auch niemanden etwas, wenn man ihn anlügt und die Person dann beispielsweise mit einem Kleidungsstück umher läuft, was die Person dick wirken lässt. Ich vertrage auch selber die Meinung anderer und denke, dass man es nicht milde machen kann. Wenn man eine Meinung hat, dann muss man diese auch vertreten. Es ist auch besser, wenn man es nicht mühevoll umschreibt, sondern sagt. Dieses Umschreiben finde ich noch viel schlimmer, als wenn es jemand direkt sagt.
Ich denke, dass es schon geht jemandem schonend die Wahrheit zu sagen. Allerdings würde ich das nur auf einen bestimmten Personenkreis beschränken. Ich habe zum Beispiel auch schon Kommentare, Meinungen und subjektive Wahrnehmungen mitgeteilt bekommen, wobei die anderen dann jedes Mal gedacht haben, dass sie mir damit zu nahe treten würden oder meine Gefühle dadurch verletzt wären. Aber ich habe nicht mal mit der Wimper gezuckt.
Mir ist zum Beispiel kürzlich gesagt worden, dass mir zwischenmenschlich einfach das Feingefühl fehlt. Das ist Fakt. Warum sollte ich da beleidigt sein? Ich weiß schließlich auch so, dass ich kommentarmäßig mit der Sensibilität einer Handgranate um die Ecke komme. Daher ist das für mich kein Grund, deswegen eingeschnappt zu sein. Für mich ist das einfach keine Beleidigung, wenn man mit Fakten ankommt und eine schlecht sitzende Frisur oder ein schlecht geschnittenes und sitzendes Kleid sind nun einmal Fakten.
Es gibt aber auch Sensibelchen, die schon ausrasten, wenn man beim Grüßen nicht sofort den roten Teppich ausrollt. Bei denen kann man es vergessen und die werden selbst schonende Wahrheiten gar nicht als schonend auffassen.
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