Familie und Schichtarbeit unter einen Hut bekommen?

vom 28.08.2018, 07:11 Uhr

Ein Bekannter arbeitet in Schichten. Er hat dann drei Schichten die immer abwechseln. Allerdings hat er auch noch Familie und die beiden Kinder möchten den Papa natürlich auch sehen und etwas unternehmen. Ebenso wie die Frau, die dann auch darauf besteht, dass trotz Schichtarbeit, die Familie nicht zu kurz kommt. Das finde ich auch irgendwo verständlich.

Als ich den Bekannten dann vor kurzem gesehen habe, habe ich mich doch wirklich erschrocken. Er sah grün und grau im Gesicht aus, hat stark abgenommen und hatte schlimme Augenringe. Er sah wirklich völlig erschöpft aus und war auch sichtlich fertig. Ich frage mich, wie man Kinder und Schichtdienst unter einen Hut bringen kann. Ohne das irgendwie das Familienleben leidet oder eben auch die eigene Gesundheit.

Meint ihr, dass man Familie und Schichtarbeit durchaus miteinander vereinbaren kann? Kommt irgendwas dabei nicht immer zu kurz? Kommt es da vielleicht auf die richtige Zeiteinteilung an? Oder meint ihr, dass Schichtdienst einfach nicht familienfreundlich ist? Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Mein Mann arbeitet auch in 3 Schichten und ich finde schon, dass das etwas ist, was schlaucht. Wir haben ein Baby und ein Kleinkind, beide betreue ich zu Hause bis mein Sohn dann nächstes Jahr in den Kindergarten geht. Da ich zu Hause bin, wird man den Kindern schon gerecht, wobei es für meinen Mann natürlich nicht ganz so leicht ist. Wenn er nach Hause kommt, dann will mein Sohn natürlich gleich Zeit mit ihm haben, spielen und ihm erzählen, was er alles so gemacht hat.

Mein Mann bekommt durchaus nur Zeit für sich, aber sonst ist er hart umkämpft. Gerade die Schichten und das Baby schlaucht ihn aber schon. Man schläft einfach nicht komplett durch und hat dann noch harte Arbeit, das merkt man schon und alles kann ich natürlich auch nicht abfangen. Dennoch habe ich nicht das Gefühl, dass da jemand zu kurz kommt.

Man bekommt das schon organisiert, aber gerade wenn beide in Schichten arbeiten ist das natürlich absolut nichts, was man gut hinbekommt und da bleiben dann auch Gefühle auf der Strecke, glaube ich und dennoch muss man es ja machen, wenn man sich anders nicht finanzieren kann. Es ist immer eine Frage des Geldes und wie lange man so eine Situation auch überstehen muss.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Dass die Gesundheit unter der Schichtarbeit leidet muss man doch gar nicht diskutieren, das ist bereits mehrfach nachgewiesen worden in diversen Studien. Dass das Familienleben unter dem Schichtsystem leidet ist denke ich auch klar. Aber es kommt eben auch auf die Umstände an.

Ich sehe an meinem Schwager, wie sehr er unter seiner Conti-Schicht leidet. Er ist gar nicht so alt, sieht aber deutlich älter aus, eben weil er so fertig ist durch die Umstellung. Probleme mit dem Blutdruck hat er auch schon seit einigen Jahren, nicht zu vergessen Schlafprobleme.

Zu Hause wartet aber seine kleine Tochter, seine Frau und der Kredit muss für das Haus auch noch abbezahlt werden. Aber da der Wohnort mehr oder weniger "bekloppt" ist, kommt er da nicht einfach so raus. Soll heißen, er hat kaum Jobalternativen, wenn er diesen Job jetzt aufgibt. Das liegt am Wohnort. Hätte er bei uns in der Nähe gewohnt, hätte er deutlich mehr Alternativen und Chancen gehabt, um den Schichten zu entgehen und mehr Zeit für die Familie zu haben.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Wir sind auch eine Familie mit Schichtdienst, allerdings nicht ganz so hart, mein Mann arbeitet im Zweischichtsystem, eine richtige Nachtschicht entfällt hier. Bevor unser Sohn zur Welt kam, arbeitete er jedoch auch in 3-Schicht und wir hatten uns damals dazu entschieden, das er den Job wechselt. Ohne Kind ist das sicherlich kein Problem, möchte man dann jedoch mit Kindern allem noch gerecht werden, leidet sicher irgendwann die Gesundheit darunter.

Mein Mann hat auch jetzt noch Probleme mit dem Schlafen, er kann sich an die wechselnden Zeiten einfach nicht gewöhnen. In dieser Woche hat er Spätschicht und sieht seinen Sohn eigentlich gar nicht, nur kurz früh beim Aufstehen vor dem Kindergarten kuscheln sie innig. Wenn er nach Hause kommt, ist unser Sohn längst im Bett. Wie soll man hier seinem Kind gerecht werden? Glücklicherweise folgt dann die Frühschicht Woche, in der er sehr früh nach Hause kommt und so einige Stunden am Nachmittag mit seinem Sohn verbringen kann.

Mit mehreren Kindern wird es sicher nicht einfacher, jedes Kind verlangt Zeit und Kraft für sich, auf Dauer zehrt das an der Gesundheit, da hilft alles Zeitmanagement nichts. Sicher spielt auch noch der allgemeine Gesundheitszustand eine Rolle, das Alter und manche Menschen kommen mit Schichtdiensten einfach besser klar als andere, aber eine Kraftprobe dürfte es wohl für jeden sein. Familienfreundlich ist der Schichtdienst mit Sicherheit nicht, aber für den ein oder anderen ist es machbar.

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» Pikalina » Beiträge: 790 » Talkpoints: 6,08 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich brauche keine Studien, damit mir klar ist, dass die Schichtarbeit nicht gesund für den Körper und für die Seele ist, weil der Mensch einfach nicht dafür geschaffen ist. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und das beste ist, wenn er immer denselben Tages- und Nachtrhythmus hat. Und für eine Familie gibt es auch nichts besseres, wie immer dieselben Rituale zu haben.

Es ist natürlich noch ein wenig besser, wenn die Schichten wechseln, für die Familie- nicht aber für den Körper. Denn so ergibt sich wenigstens noch die Zeit, wenn der Mann Frühschicht hat, dass er sich am Nachmittag dann um die Kinder kümmern kann und Zeit mit ihnen verbringen kann, bevor er am Abend wieder schlafen gehen muss.

Hat der Mann aber Nachtschicht, so muss er wohl am Tag schlafen. Dort könnte er aber dann auch so schlafen, dass er eben sich gleich hin legt, wenn er am Morgen von der Arbeit kommt, damit er am Nachmittag oder späteren Abend noch etwas Zeit mit der Familie hat. Die wenigsten Schichtarbeiter können aber sofort schlafen, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen. Sie kommen einfach nicht zur Ruhe.

Was auch verständlich ist, denn die "normalen" Arbeiter und Angestellten gehen ja auch nicht gleich nach der Arbeit schlafen, sondern erst, nachdem sie noch etwas Freizeit genossen haben. Im Gegenteil, sie gehen direkt nach dem Schlafen wieder arbeiten.

Ich kannte selber einmal ein lebendes Beispiel von einem Schichtarbeiter. Der hat sich mit dieser ständigen Schichtwechslerei wirklich so kaputt gemacht, dass er schließlich aus gesundheitlichen Gründen wie extrem hohes Herzinfarkt und Schlaganfallrisiko schon drei bis vier Jahre früher in Pension gehen musste und dies wieder beim Gehalt einbüßen musste. Aber so etwas macht man auf die Dauer nicht mit.

Ich kenne auch viele Familien, wo beide in der Gegenschicht arbeiten, damit sich der jeweils andere Partner um die Kinder kümmert, während der andere arbeiten geht. So etwas finde ich auch schrecklich. So ist man nur am Wochenende zusammen, wo natürlich dann auch wieder beide Elternteile fix und fertig sind- ein Teufelskreis!

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich habe nun keine Schichtarbeit, aber dafür 1-2 pro Woche 24 Stunden-Dienste zu meiner normalen Arbeit dazu. Das schlaucht dann schon, insbesondere, wenn ich die am Freitag oder Samstag habe und morgens übermüdet nach Hause komme und eigentlich am liebsten ins Bett gehen würde. Und dann kommen die Kinder und wollen alle im Wechsel was von ihrem Papa und nerven in dem Moment dann eigentlich nur. Das klingt jetzt hart, aber in den Momenten fühlt es sich dann einfach so an.

Man kann dann weder richtig wach und bei der Sache sein, noch vernünftig schlafen, weil es doch immer eine latente Unruhe im Haus gibt. Ich gleich das dann eben mit den Ausschlaftagen unter der Woche aus, wo ich alleine zu Hause bin. Anders würde das nicht gehen.

Bei Früh- und Spätschichten mag das alles noch gehen, damit ja trotzdem einen halbwegs geregelten Schlafrhythmus hat und einen höchstens das schlechte Gewissen plagt, dass man zur Arbeit geht, kurz bevor die Kinder nach Hause kommen. Das ist aber denke ich gesundheitlich noch gut zu machen. Wenn aber noch viele Nachtschichten dazukommen und man dann auch danach nicht mehr richtig schlafen kann, dann geht das kaum.

Da kann man eigentlich nur schauen, dass dann wenigstens der Partner eine "vernünftige" Arbeit hat und mit den Kindern auch mal wegfahren kann. Wie es Menschen hinkriegen, wenn beide Schichtarbeiter sind, ist mir schlicht und ergreifend ein Rätsel.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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