Jemanden nur zum reinen Zeitvertreib anrufen?
Eine Freundin von mir ruft mich besonders dann ganz gerne an, wenn sie sich die Zeit vertreiben möchte. Sie hat dann auch kein besonderes Anliegen und oft gibt es auch nichts Besonderes, was sie mir erzählen will. Stattdessen gibt sie offen zu, sich eben die Zeit vertreiben zu wollen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ihr auf der Arbeit langweilig ist oder dann, wenn sie auf dem Weg nach Hause oder sonst irgendwohin ist.
Wenn ich gerade Zeit und nichts Besseres zu tun habe, lasse ich mich darauf ein, aber auch nicht immer. Oft finde ich die Gespräche auch langweilig, weil wir dann nur über belanglose Dinge reden oder sie mir dann beispielsweise alle paar Minuten erzählt, wo sie gerade ist, wenn sie irgendwo zu Fuß hingeht. Ruft ihr auch manchmal jemanden zum reinen Zeitvertreib an oder muss es für einen Anruf für euch immer einen guten Grund haben?
Ich tätige solche spontanen Telefonate aus Langeweile nur sehr selten, da ich generell ein wenig telefonscheu bin und es mich selbst bei Freunden seltsamerweise immer erst etwas Überwindung kostet, anzurufen. Oft mache ich mir zu viele Gedanken, ob ich die andere Person gerade stören könnte, oder ob ich nicht selbst in der nächsten Zeit noch etwas dringendes zu erledigen habe, weswegen ein Anruf gerade ungünstig wäre.
Mein Freund hingegen telefoniert in seiner Freizeit gerne und viel. Er ruft mich oder seine guten Freunde beispielsweise öfter auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause an, wenn er im Zug sitzt und gerade keine andere Beschäftigung hat, und unterhält sich dann ein paar Minuten lang über dies und jenes. Selbst, wenn er nichts besonderes zu erzählen hat, hält ihn das nicht davon ab.
Prinzipiell finde ich es eigentlich gar keine so schlechte Idee, sich auch vollkommen spontan und ohne besonderen Anlass einfach mal bei Bekannten zu melden, kurz hallo zu sagen und sich nach deren Befinden und Tagesverlauf zu erkundigen. So hält man immerhin den Kontakt aufrecht und führt vielleicht ein nettes Gespräch, anstatt in einer Phase der Langeweile nur mit dem Handy zu spielen oder aus dem Fenster zu starren. Wenn der Anruf gerade ungelegen kommt, ist es dem anderen ja auch freigestellt, das Gespräch zu beenden oder zu vertagen, sodass man auch nicht direkt befürchten muss, jemanden zu nerven.
Allerdings gibt es auch Extrembeispiele. Ein guter Freund von uns hat zum Beispiel berichtet, dass er während seines Urlaubs jeden Tag um die gleiche Zeit von einem Bekannten angerufen wurde, da dieser aufgrund eines Stellenwechsels eine Stunde mit dem Zug pendeln musste und sich die Zeit nicht anders zu vertreiben wusste. Da der Rest seiner Kontakte auf der Arbeit beschäftigt war, meldete er sich eben ununterbrochen bei seinem beurlaubten Freund, sodass es diesem nach einiger Zeit schon etwas auf die Nerven ging.
Immerhin gab es nach dem dritten Tag einstündiger Telefonate einfach wirklich nichts neues mehr zu erzählen, und die Gespräche fingen an, sich zu wiederholen. Irgendwann hat unser Freund es seinem Bekannten dann auch mitgeteilt, dass ihm das tägliche Telefonieren etwas zu viel wurde, und daraufhin hat dieser die Anrufe meines Wissens nach auch eingestellt.
Eine Bekannte von mir macht das auch so. Immer, wenn ihr langweilig ist, weil sie zum Beispiel ihren Freund von der Arbeit abholen muss und deswegen unterwegs ist, ruft sie mich gerne an und textet mich voll. Das kann unter Umständen auch nervtötend sein, auch weil sie pausenlos über eigene "Problemchen" und Sorgen lamentiert und sich null für die Belange anderer interessiert.
Bei mir ist das jedoch nicht so. Ich rufe niemals nur aus Langeweile andere Menschen an um mit ihnen zu sprechen. Wenn ich telefoniere, dann eher, weil ich mein Pensum an sozialen Kontakten und Gesprächen noch nicht erreicht habe oder mir etwas auf dem Herzen liegt, das ich gerne mit einer bestimmten Person besprechen möchte.
Also wenn ich mal telefoniere, dann weiß ich auch genau, worüber ich sprechen möchte und es ist nicht so, dass ich quasi im Live-Ticker der anderen Person berichte, was ich tue und wie ich es tue und warum ich etwas tue.
Wenn ich etwa meine Schwester oder Freunde nur dann anrufen würde, wenn ich ein konkretes Anliegen hätte, würden wir vielleicht einmal im Quartal miteinander sprechen. Ich bin von Natur aus eher der Typ, der Probleme mit sich selber ausmacht und andere nur dann um Rat und Hilfe angeht, wenn es partout nicht anders geht.
Deswegen telefoniere ich mit Freunden und Familie auch manchmal, wenn gerade nichts Konkretes ansteht, einfach um in Kontakt zu bleiben. Ich käme mir auch blöd vor, wenn ich mich nur melden würde, wenn ich Rat oder eine Schulter zum Ausheulen brauche. Gilt es nicht gemeinhin als egoistisches Verhalten, wenn man sich nur meldet, wenn man von seinem Gesprächspartner etwas will?
Allerdings achte ich schon darauf, niemandem das sprichwörtliche Ohr abzukauen und stundenlang mit Belanglosigkeiten zu belästigen. Entweder wir kommen tatsächlich nett ins Plaudern, oder ich verabschiede mich nach längstens 10 Minuten wieder, um niemanden von etwas Wichtigem abzuhalten. Man will ja nicht lästig fallen.
Zu Teenager Zeiten haben wir uns auch gegenseitig zum Zeitvertreib angerufen, aber das mache ich heute nicht mehr. Ich denke, dass die anderen, die ich anrufen würde, sicher auch etwas zu tun haben. Daher rufe ich immer mit einem Grund an und wenn es eben nur darum geht, dass ich höre möchte, wie es dem Angerufenen geht.
Ich rufe allerdings dann an, wenn ich gerade eben etwas Zeit habe. Aber ich mag nicht, wenn mich jemand aus Langeweile am Telefon festhält und mir dann auch sagt, was er gerade macht oder wo er sich befindet. Da kann ich dann auch nur die Augen verdrehen und bin genervt.
Prinzessin_90 hat geschrieben:Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ihr auf der Arbeit langweilig ist
Bei allem Respekt, aber wenn einem auf der Arbeit langweilig ist, dann sollte man den Job wechseln oder sich Aufgaben suchen, die man erledigen kann. Abgesehen davon wird es bei uns gar nicht gerne gesehen, wenn man während der Arbeitszeit private Gespräche führt, denn das stört nicht nur die Kollegen, sondern die Arbeit wird auch nicht fertig.
Wenn sie Leerlauf hat, kann sie doch einfach nach Hause gehen und Minusstunden ansammeln, die dann hinterher ausgeglichen werden, wenn mehr zu tun ist oder eben Überstunden abbauen. Aber privat zu telefonieren auf Arbeit und dafür Geld vom Chef nehmen finde ich dreist und unverschämt.
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