Kriminell werden, um nicht mehr obdachlos zu sein?

vom 08.08.2018, 11:51 Uhr

In einem anderen Thread ging mir gerade durch den Kopf, dass wir doch relativ sympathische Gefängnisse haben. Es gibt gutes Essen, sogar einen Fernseher und man kann auch arbeiten und sein Geld im Gefängnis verdienen. Nun habe ich mich gefragt, ob es nicht sein könnte, dass Menschen kriminell werden, damit sie nicht mehr obdachlos sein müssen.

Denn im Gefängnis bekommen sie Mahlzeiten, ein feines Bett und einen Fernseher. Natürlich ist das Leben im Gefängnis auch nicht immer so einfach, aber die Grundsicherung eines jeden Menschen ist gegeben. Könntet ihr euch vorstellen, dass Obdachlose kriminell werden, um nicht mehr obdachlos zu sein? Vielleicht könnten sie auch im Gefängnis einen Neuanfang machen, einen Beruf erlernen oder einfach Arbeitspraxis sammeln?

Dann hätten sie zudem vielleicht noch einen Bewährungshelfer, der sie auch im Nachhinein bei der Wohnungs- und Arbeitssuche unterstützt und sie auf den richtigen Weg bringt. Seht ihr das als utopisch an oder meint ihr, dass es solche Fälle durchaus gibt?

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wie kommst du denn darauf, dass im Gefängnis ein Fernseher vorhanden ist? Ich gebe zu, ich habe noch nie ein Gefängnis von innen gesehen und hatte bisher keinen Anlass dazu. Im Internet habe ich nichts dazu finden können, dass im Gefängnis Fernseher dazu gehören. Wie kommst du also darauf? Ist das in Deutschland auch so oder nur in Österreich?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Also bei uns ist überall der Luxus ausgebrochen. Ich hatte einmal einen Freund, der ins Gefängnis gekommen war, weil er aufgrund psychischer Probleme mehrmals, sagen wir es mal so, sozial auffällig geworden ist. Er erzählte mir immer von den neusten Serien. Da frage ich nach und er meinte, das wäre wie im Hotel.

Er hätte einen Fernseher und beim Essen gibt es immer zwei Gänge, entweder Suppe und Hauptspeise oder Hauptspeise und Nachspeise. Also ich koche zu Hause auch nicht zwei Gänge, das könnte ich mir glaube ich auf den Monat gesehen gar nicht leisten. Außer eben, ich versuche, möglichst kostengünstige Gerichte zu kochen.

Also ich finde schon, gerade als Sandler wäre das doch die ideale Möglichkeit. Auch wenn es in Deutschland nicht so ist, dass in jeder Zelle ein TV Gerät ist, dann ist doch ein Bett und ein Dach über den Kopf, sowie ein zweigängiges Essen das Beste, was einem passieren kann oder?

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ganz so abwegig finde ich den Gedanken gar nicht mal, auch wenn ich glaube, dass es sich bei Obdachlosen um Einzelfälle handelt, die alles dafür tun, um hinter schwedische Gardinen zu kommen. Das Phänomen als solches gibt es vor allem auch bei langjährig Haftentlassenen gar nicht mal so selten. In der freien Welt angekommen, finden sie keinen Halt und keinen Platz und sehnen sich wieder nach der relativen Sorgenfreiheit und Geborgenheit des geregelten Gefängnisalltags.

Aber wie schon gesagt, denke ich, dass es eher eine Minderheit ist, denn viele sind ja eben obdachlos, weil sie mit Verpflichtungen und Verbindlichkeiten jedweder Art überhaupt nicht zurechtkommen. Für diese Gruppe von Leuten wäre Gefängnis dann das allerschlimmste, denn von dort kann man nicht das tun, was Obdachlose manchmal gerne tun: flüchten und sich der Illusion totaler Freiheit hingeben.

Die Meinung, dass ein Gefängnis sogar relativen Komfort und Gemütlichkeit in Deutschland birgt, habe ich selbst schon von einem Mann gehört, der keine Angst vor dem Knast hatte und dort auch schon seine Erfahrungen gemacht hat. Für ihn war das sogar eine willkommene Abwechslung zu seinem anstrengenden Leben. In unseren Breiten steht die Resozialisierung eben vor dem Bestrafungsgedanken, deswegen sind die hiesigen Gefängnisse keine Kerker.

» Verbena » Beiträge: 4940 » Talkpoints: 1,49 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



@Verbena: Mir ist bewusst, dass Wikipedia nicht gerade die seriöseste Quelle ist, aber lies dir mal folgenden Abschnitt durch:

selbst innerhalb eines Bundeslandes ist die Ausstattung und Ausgestaltung des Vollzuges uneinheitlich. So sind etwa ältere Gefängnisse oft ihrem Alter, und damit dem damaligen Standard entsprechend ausgestattet. Daneben werden aber auch Unterscheidungen aufgrund der Klassifizierung ihrer Insassen gemacht: Gefängnisse für Straftäter mit geringerer krimineller Gefährdung unterscheiden sich von denen für solche mit starker krimineller Gefährdung. Selbst innerhalb eines Gefängnisses können deutliche Unterschiede in der Ausstattung herrschen.

Mag sein, dass es teilweise sehr komfortabel in deutschen Gefängnissen ist, aber ich denke nicht, dass man das pauschalisieren kann wie man dem Artikel entnehmen kann. Das wäre ja noch schöner, wenn man es grundsätzlich im Gefängnis besser hätte. Mich würde aber mal interessieren, ob derartige Vorurteile von manchen Kriminellen tatsächlich zutreffend sind oder ob diese hinterher eine böse Überraschung erleben, weil das Gefängnis nicht unbedingt den eigenen Erwartungen entspricht.

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich habe noch kein Gefängnis von innen gesehen, aber um mich rum gibt es gleich mehrere inklusive der Forensik, ein ziemlich gruseliger Ort. Diese Gefängnisse sind teilweise erst in den letzten Jahren erbaut worden und damit ziemlich sicher auf dem modernsten Stand. Die Aussage, dass er das Gefängnis als komfortabel empfand, kam von jemandem, der aus dem Ausland kam und dort ganz andere Gefängniserfahrungen hatte. An der Glaubwürdigkeit der Aussage habe ich keinen Zweifel, auch wenn es vielleicht nur eine Einzelmeinung ist.

Es kommt sicher darauf an, von welchem Standpunkt aus man die Sache betrachtet. Für mich sehen die meisten Zellen auf Bildern alle gruselig aus, auch wenn ich im Fernsehen vor vielen Jahren mal eine gesehen habe, die fast gemütlich wirkte und wo der Insasse sogar einen Wellensittich halten durfte. Fernseher scheinen aber generell im normalen Vollzug auch erlaubt zu sein. Ich wollte jetzt auch keine Werbung für staatliche Verwahrung machen, kein Mensch mit einem durchschnittlichen Leben möchte dort sein. Aber ein Obdachloser hat ja auch kein solches.

» Verbena » Beiträge: 4940 » Talkpoints: 1,49 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich kenne viele, die im Gefängnis waren und wenn ich vom deutschen Gefängnis spreche, dann glaubt mir, wenn ich von Luxus spreche. Ich war auch schon in einer Justizvollzugsanstalt selber drin als Jugendliche von daher weiß ich genau, was Luxus bedeutet oder ist. In Gefängnissen mit nicht allzu strengen Regeln ist es durchaus möglich einen Fernseher zu bekommen, sogar Spielekonsolen & Co. Doch ich glaube sogar, dass dies auch bei strengeren Anstalten möglich ist. Einige haben auch.Fitness Räumlichkeiten, um sich fit zu halten.

Und es stimmt, wenn einige wirklich bewusst auch in den Knast gehen wollen. Wenn sie sonst nichts haben, haben sie dort ein Dach über den Kopf und drei Mahlzeiten, das stimmt. Wer dann dort einer Tätigkeit nachgeht, kann sich monatlich besondere Dinge kaufen und auch Gerätschaften wie TV-Geräte, DVD Player & Co. Das ist durchaus richtig und das führt vielleicht gerade bei Obdachlosen dazu, dass es besser ist, als auf der Straße und sie bewusster kriminell werden.

Das einzige, was bei leichteren Vollzugsanstalten und Straftaten eben anders ist, ist, dass sie nicht über ihre Freizeit so entscheiden können, wie sie wollen. Das ist der einzige Nachteil, den viele sehen, sodass auch klar ist, wieso viele gerne auch bewusster im Gefängnis gehen und das auch extra darauf anlegen. Das klappt aber eben nur, weil die Knäste hier wesentlicher Bestandteil mit Menschenrechten und Luxus gleichermaßen sind, aber wenig mit Strafe an sich zu tun haben.

Natürlich haben auch welche in den USA ein TV. Keine Frage. Aber auch dieses „vergewaltigen“ im Knast ist hier weniger ein Thema wie dort. Kakerlaken & Co haben hier auch nicht solch ein zu Hause gefunden wie in Asien. Sauberkeit ist hier zumindest deutlich höher als in afrikanischen Gefängnissen, Folter wie in Russland gibt es hier auch nicht.

Klar kann es passieren, dass man sich prügelt, das auch mal Vergewaltigungen innerhalb der Knastwände passieren, aber es sind dort wirklich noch „Ausnahmen“. All das führt eben dazu, dass Straftäter unsere Knäste nicht abschreckend finden. Ich kenne jemanden, der schon insgesamt 20 Jahre drin sass und das ab seinem 16. Lebensjahr. Wenn er verurteilt wird, lacht der. Das ist alles.

Der hat schon Justizangestellte verprügelt usw. Der lacht über alles das. Räuberische Erpressung, Entführung, Zuhälterei, Drogenmissbrauch und etliche schwere sowie gefährliche Körperverletzungen sind dabei gewesen. Wenn man sowas mit kriegt, fragt man sich wirklich, was hier falsch läuft.

Benutzeravatar

» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^