Behaupten, Single aus Leidenschaft zu sein?

Ein Bekannter von mir ist schon seit längerer Zeit Single und hat wohl auch nicht vor, in nächster Zeit etwas daran zu ändern. Er behauptet selbst von sich, Single aus Leidenschaft zu sein und ist wohl ganz zufrieden damit. Er meinte, dass er erst noch seine Freiheit und Ungebundenheit genießen möchte, bevor er dann irgendwann eine Freundin hat, mit der er sich vorstellen kann, den Rest seines Lebens zu verbringen.

Wart ihr schon einmal Single aus Leidenschaft sein? Denkt ihr, dass man tatsächlich leidenschaftlicher Single sein kann oder macht man sich dabei doch nur etwas vor?

Er sagt ja schon, dass er nicht für immer Single bleiben wird, dass es kein Dauerzustand sein soll. Sein langfristiges Ziel ist es, eine glückliche Beziehung zu führen und damit das, was du und fast jeder von einem erfüllten Leben erwartet und von jedem anderen erwartet, dass er es haben will.

Mir geht es da nicht wirklich anders. Persönlich kann ich mir gar nicht vorstellen, lange Single zu sein. Ich mag es gerne, einen Menschen um mich zu haben. Ich bin auch eher gemütlich und bleibe gerne zuhause. Ich brauche Nähe und regelmäßigen Körperkontakt, und zwar nicht in Form von Sex.

Aber dennoch kann ich mir für andere vorstellen, dass das Singleleben ihnen gefällt. Sie sind viel unterwegs, haben viele Freunde, sind in ihren vier Wänden aber gerne unter sich und wollen alles so gestalten, wie sie es wollen und keine Kompromisse eingehen. Sie haben emotional auch kein Problem mit One-Night-Stands oder lockeren Beziehungen.

Dann kann ich mir ein Singleleben schon recht ansprechend vorstellen. Wie er schon sagte: Freiheit und Ungebundenheit. Viele verschiedene Menschen kennenlernen; auf einer anderen Ebene als wenn man einen Partner hat.

Probleme kommen erst dann auf, wenn alle anderen in festen Beziehungen sind. Dann haben Freunde plötzlich viel weniger Zeit. Je älter man wird, desto weniger Singles im gleichen Alter sind abends unterwegs, die man kennenlernen könnte. Aber diese Probleme nehmen doch heutzutage viel weniger krasse Formen an als früher. Heutzutage gibt es sehr viel mehr Singles und somit macht das Singleleben für jeden einzelnen mehr Spaß.

Ohne dass man sich etwas vormachen muss. Aber irgendwann denke ich auch, wie du, dass eine feste Partnerschaft doch für mehr Glück und Zufriedenheit sorgt. Aber es gibt Ausnahmen. Man kann nicht automatisch davon ausgehen, dass jeder Single unglücklich ist. Egal in welchem Alter.

Ich hatte über Jahre eine Zweckfreundschaft mit einem Single aus Leidenschaft. Das war so einer dieser ganz seltenen jungen Männer, die so attraktiv und charmant sind, dass reihenweise Frauen sich überwinden und die Initiative ergreifen.

Diese echte Leckerchen von einem Mann konzentrierte sich ganz auf sein Studium und wollte ansonsten einfach ungebunden das Leben genießen. Binden wollte er sich erst später, wenn das Studium vorbei ist und er beruflich Fuß gefasst hat.

In seiner Stamm-Diskothek wollte er allerdings seine Ruhe und nur feiern. Da wir uns sehr mochten, gingen wir über Jahre gemeinsam dorthin. Er war in Begleitung und mein Freund, der anderes vorhatte, war auch zufrieden. Kontakte hatte dieser Mann regelmäßig, verzichten musste er nicht.

Heute ist er verheiratet, die beiden haben 2 Kinder und soweit man das als Außenstehender beurteilen kann, sind sie seit über 10 Jahren sehr glücklich. Das ist so ein Paar, bei dem eine Trennung absolut überraschend käme.

So ein Exemplar kannte ich auch mal: In jeder Disco und auf jeder Party in der ersten Reihe dabei, baggert reihenweise Frauen an und schleppt sie ab, absolut überzeugter Junggeselle und sah in jeder Frau eine absolute Zimtzicke, die ihn durch zwei Eheringe hindurch anschaut und dann auf links drehen und komplett ändern will. Witzigerweise ist er jetzt mit Ende 30 verheiratet und hat vor kurzem sein erstes Kind bekommen. So schnell kann sich das ändern - wenn man sich ausgetobt hat.

Warum sollte das nicht funktionieren? Nicht jeder hat Lust auf eine Beziehung oder gar Ehe, am Ende noch mit Reihenhaus und Kinderlein. Natürlich hat es auch Vorteile, "fest gebunden" zu sein, aber wenn man ganz ehrlich und objektiv an die Sache herangeht, ist auch in einer Beziehung bei Weitem nicht alles Gold, was glänzt. Und manche Leute sind eben vom Charakter her nicht für die ewigen Kompromisse und Zickereien geschaffen, die auch in den besten Familien vorkommen (müssen), weil da eben nicht jeder tun kann, was er will.

Wenn einem die persönliche Freiheit und Ungebundenheit wichtiger ist als das Ideal, das einem die Gesellschaft und die Hollywoodfilme einreden, und die Person sich traut, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben, ist das in meinen Augen für alle Beteiligten eine gute Sache.

Oder zumindest besser, als wenn sich jemand den unausgesprochenen Spielregeln des Umfelds beugt und sich niederlässt und Kinder zeugt, um dann kreuzunglücklich zu sein und das auch seine Familie spüren zu lassen. Und auch wenn es in vielen Fällen zutrifft, halte ich es für reichlich anmaßend, das Singledasein aus "Leidenschaft" nur für eine Phase zu halten, bis sich derjenige ausgetobt habe. Nur weil manche Leute ihr Leben anders gestalten als man selber, heißt das ja nicht, dass diese es sich nicht sorgfältig überlegt haben und eben nicht, dass sie ihre spätpubertären Anwandlungen ohne Sinn und Verstand ausleben, nur weil sie keinen Bock auf Weib und Kind haben.