Selbst als Figur im Buch vorkommen wollen?
In einer meiner Facebook-Gruppen hat eine junge Frau ein Anliegen gepostet. Sie würde gerne Kurzgeschichten schreiben und hat nach Menschen gesucht, die sich gerne charakterlich porträtieren lassen würde, damit sie hinterher auch genauso (charakterlich) in der Kurzgeschichte auftauchen. Die Autorin meinte, dass sie am liebsten auf echte Menschen zurückgreift als Grundlage, damit die Figuren eben auch so realistisch wie möglich wirken.
Im Prinzip finde ich die Idee gar nicht mal so schlecht, vor allen Dingen weil viele ausgedachte Figuren mir viel zu idealistisch dargestellt werden und nicht vielschichtig genug sind. Würdet ihr persönlich als Figur in einem Buch auftauchen wollen oder wäre das so gar nicht euer Fall? Würdet ihr als (angehender) Autor eure Figuren so dermaßen an echten Menschen orientieren oder würdet ihr andere Wege wählen?
Ich glaube das diese Art des Schreibens mal ganz nett sein kann, wenn man das gut umsetzt. Erdachte Personen sind ja oft blumig beschrieben, Klischees entsprechend, da ist es eine gute Abwechslung, wenn man mal ehrlich schreibt und echte Personen beschreibt. Dennoch würde ich nicht gerne in einem Buch vorkommen. Am Ende weiß man ja nie wie das geschrieben wird und was dann noch dazu gedichtet wird, was die Person erlebt und so weiter. Ich brauche auf keinen Fall diese Art der Aufmerksamkeit.
Da ich nicht auf Facebook unterwegs bin, scheide ich sowieso aus, und auch generell finde ich den Ansatz etwas befremdlich. Wozu hat man denn als kreativer Mensch seine eigene Fantasie? Ich weiß zudem natürlich, dass jeder Hobbyautor seine eigenen Strategien verfolgt, aber ist es nicht irgendwie logischer, sich erst mal zu überlegen, was man mit seiner Geschichte aussagen möchte und dann Figuren zu erschaffen, die vielleicht nicht "realistisch" sind, aber sich in die Handlung so einfügen, wie ich als Verfasserin es möchte?
Außerdem bin ich sowieso der Meinung, dass man fiktionale Charaktere nicht mit wirklichen Menschen verwechseln sollte. Erstere sind immer konstruiert, weil sie schließlich eine Handlung voranbringen sollen und nicht nur dumm in der Gegend herumstehen. Und zweitere sind einerseits in meinen Augen viel zu komplex, um sie in erfundenen Storys auftreten zu lassen und zweitens (ebenfalls, wie ich finde) im Schnitt nicht besonders originell. Wenn man einfach nur x-beliebige Facebook-Gestalten befragt, was wird denn schon groß dabei herauskommen, zumal da sich kaum jemand als moralisch verwerflich selber darstellt.
Da haben wir dann vielleicht die tierliebe Sachbearbeiterin, den Friseur, der gerne Segelfliegen geht, den Familienvater, der kaum zu Hause ist, die Studentin ohne Geld oder den Teenager, der gerade mit seiner Freundin gestritten hat. Ich würde lieber interessante Figuren konstruieren als aus den langweiligen Selbstbeschreibungen irgendwelcher Durchschnittstypen die paar Prozent Originalität und Kreativität herauszupressen, die ich für meine Geschichten gebrauchen kann. Und eine Geschichte, in der jemand mit meinen hervorstechendsten Charaktereigenschaften vorkommt, würde ich auch gar nicht lesen wollen - die erlebe ich nämlich jeden Tag!
Ich bin ebenfalls keine Facebook Nutzerin und würde mich auch nicht in einem Buch porträtieren lassen. Wer so eine Art der Vorlage braucht ist für mich als Journalist oder Autor leider nicht geeignet. Wenn man genug Fantasie hat, dann kann man sich eine Person ausdenken.
Es gibt ja verschiedene Personen, deshalb muss es nicht immer heißen, dass ein Charakter im Buch nicht echt wirkt, nur weil er erfunden ist. Gute Autoren schaffen es immer, dass die Personen echt wirken und man sich gut in sie hinein fühlen kann. Ansonsten habt ihr wahrscheinlich keine wirklich guten Bücher von wirklich guten Autoren zu Hause.
Vielleicht gibt es einige Kinder, die einmal im Mittelpunkt stehen möchten und sich gerne porträtieren lassen würden. Das würde ich aber vorab mit den Eltern abklären. Denn seit dem neuen Datenschutzgesetz wird ja alles immer noch komplizierter.
Ich käme bei so etwas auch nicht infrage, weil ich kein Facebook nutze. Aber auch wenn ich das tun würde, würde ich nicht selber in einem Buch vorkommen wollen. Wenn diese Autorin der Kurzgeschichten einen Menschen wirklich vielschichtig im Buch beschreiben möchte, dann muss man sicher auch viele Fragen beantworten und damit eben auch viel über sich selber preisgeben. Daran hätte ich kein Interesse. Außerdem denke ich auch, dass man das als Autor auch ohne exakte Vorlage schaffen sollte, eine Figur für ein Buch zu erschaffen.
Ich weiß ja nicht, inwiefern man fremde Menschen in kurzer Zeit so gut kennen will, dass man auf dieser Grundlage ein Buch schreiben kann. Auch wenn die Personen einen riesigen Fragebogen ausfüllen, weiß man ja trotzdem nicht, wie sie sich tatsächlich in bestimmten Situationen verhalten. Was sie ankreuzen, unterscheidet sich ja oft trotzdem von der Realität.
Ich denke, dass man sich da als Autor am besten an Personen orientiert, die man bereits kennt, am besten schon viele Jahre. Wenn man die Personen eben persönlich kennt und schon viele unterschiedliche Situationen mit ihnen gemeinsam erlebt und durchgemacht hat, wird man am besten einschätzen können, wie sie sich in gewissen Momenten verhalten würden. Von daher fände ich das wahrscheinlich sinnvoller.
Ansonsten würde ich selbst nicht unbedingt als Figur in einem Buch vorkommen wollen. Ich hätte nun nichts dagegen und mir würde das absolut nichts ausmachen, wobei ich das aber auch nicht unbedingt brauche und das auch nicht als erstrebenswert erachte. Es ist im Normalfall eben nur ein Buch. Da ähneln sich ja viele Figuren charakterlich, weil man in der Kürze der Geschichte oft gar nicht so extrem viele Facetten einer Figur aufzeigen kann. Von daher denke ich, dass man mich da auch nicht unbedingt wieder erkennen würde.
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