Was habt ihr aus eurer Erziehung mitgenommen?

vom 04.07.2018, 11:25 Uhr

Gibt es Dinge und Methoden, die eure Eltern in eurer Erziehung angewandt haben, die ihr auf keinen Fall an euren Kindern anwenden würdet? Und welche Dinge, vielleicht bestimmte Ansichten, habt ihr von euren Eltern gelernt, die euch so viel bedeuten, dass ihr sie auch euren Kindern vermittelt? Natürlich erzieht jeder sein Kind so, wie er es möchte, und wie er es für richtig hält, aber interessant ist die Frage, wie unsere Eltern unsere Erziehung beeinflussen und prägen.

Ich denke häufig daran, welche Weltansichten ich meinen Kindern später vermitteln möchte. Zum Beispiel Offenheit, Unvoreingenommenheit, aber auch, dass jeder Mensch wertvoll ist, dass sie nicht exorbitante Leistung erbringen und ausschließlich gute Noten mit nach Hause bringen müssen, um geliebt zu werden. Glaubt ihr, Negativbeispiele in unserer Erziehung prägen uns mehr, als positive Erinnerungen?

» Viktoria_ » Beiträge: 398 » Talkpoints: 32,44 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Sollte ich jemals Kinder haben, werde ich sicher so einiges weitergeben, was ich von meinen Eltern habe. Sicher sind sie nicht perfekt, es sind immerhin auch nur Menschen, aber im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden damit, wie ich er- und aufgezogen wurde.

Allen voran, dass Regeln Gründe haben, und zwar nicht nur "Das ist halt so". Ich selbst hinterfrage immer noch gerne alles, was für mich im ersten Moment keinen Sinn macht. Wenn die Erklärung logisch klingt, halte ich mich dran, wenn nicht, dann nur so weit, dass ich keine Probleme bekomme.

Auch, dass die Liebe innerhalb der Familie nicht auf Dinge wie gute Noten oder dergleichen ankommt. Meine Eltern haben sich gefreut, wenn mein Bruder oder ich eine 1 nach Hause gebracht haben, klar, aber wenn es halt mal eine 4 oder gar eine 5 war, dann war das zwar schade, aber nicht weiter tragisch. Da wurde eher mit Bestechung gearbeitet, wenn es in einem Fach, in dem wir schlecht waren, dann doch mal eine gute Note gab, sind wir hin und wieder zur Feier in unserem Lieblingsrestaurant essen gegangen.

Ich könnte wahrscheinlich noch eine ganze Menge weiterer Punkte aufzählen, die ich von meinen Eltern übernehmen würde, von denen ich aber weiß, dass andere Eltern es anders machen. Beispielsweise mussten mein Bruder und ich nicht den Teller leer essen, wenn wir satt waren; das wurde dann in den Kühlschrank gestellt und wir konnten die Reste später essen. Oder, wenn es verschiedene Sachen zusammen gab, mussten wir nicht alles essen, wenn wir etwas davon nicht mochten.

Ich würde insgesamt nicht sagen, dass einen Negativbeispiele mehr prägen als Positivbeispiele oder andersherum. Meine Erziehung lief wohl oft so, wie sie lief, weil meine Mutter vieles ganz anders machen wollte als ihre, also stark von einem Negativbeispiel geprägt. Ich dagegen würde vieles genauso machen, von einem Positivbeispiel geprägt. Am ehesten prägt, denke ich, eine Kombination. Wenn man eines am eigenen Leib erfährt, das andere dann bei anderen sieht, also einen Vergleich hat, wie es stattdessen sein könnte.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Es ist schwer etwas zu finden, was meine Eltern so gemacht haben, dass ich es auch nachmachen möchte. Leider habe ich mich als Kind oft mal schlecht behandelt gefühlt, ignoriert und dann wurde ich auch noch oft angeschrien. Ich wurde nicht in meiner Person gestärkt und kleingehalten. So etwas möchte ich meinen Kindern nicht antun.

Dennoch war sicherlich auch nicht alles schlecht. So hat mein Vater beispielsweise immer angeboten mich abzuholen, wenn ich mal abends länger weg sein sollte und das will ich später auch so machen, damit ich mich nicht sorgen muss und die beiden sicher nach Hause kommen und nicht genötigt sind woanders mitzufahren. Auch hat mein Vater abends immer etwas vorgelesen, was ich heute auch so mache.

Generell denke ich aber, dass ich vieles anders machen muss, weil ich gemerkt habe, was manche Sachen mit einem machen. So möchte ich meine Kinder einfach selbstbewusst machen oder sie zumindest in dem stärken, was sie sind, was sie können. Außerdem möchte ich sie ernst nehmen und mir anhören, was sie für Probleme haben.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich glaube durchaus, dass uns Negativbeispiele aus der Erziehung mehr prägen als positive Erinnerungen, weil wir darauf gepolt sind, und schlechte Erfahrungen und Erinnerungen eher zu merken und unsere Schlüsse daraus zu ziehen. Nach meiner Theorie handelt es sich hier um das Erbe unserer Vorfahren, bei denen es für die Fortpflanzung eher schlecht war, positiv zu denken und sorglos durchs Leben zu hüpfen. Stichwort Säbelzahntiger und harte Winter.

Ich habe rückblickend betrachtet Positives und Negatives aus meiner eigenen Erziehung mitgenommen. Beispielsweise betrachte ich es als positiv, dass meine Eltern mir den klassischen Arbeitsethos der kleinbürgerlichen Nachkriegsgeneration anerzogen und vor allem vorgelebt haben. Also keine "Teilnehmerurkunden", kein "Wenn du keine Lust hast, Flöte zu üben, ist das auch voll okay!" Dadurch weiß ich, dass ich einiges schaffen kann, wenn ich mich dahinterklemme und nicht immer gleich alles hinwerfe.

Negativ muss ich meinen Eltern einen gewissen Geiz und einen Hang zur Über-Anpassung anrechnen, was natürlich aus der Sicht einer Erwachsenen (ich bin schon älter, als meine Eltern damals in meiner Kindheit waren) verständlich und nachvollziehbar waren, weil man als bettelarme Flüchtlinge bzw. Kleinbauern eben auch schon von Kindheit an lernt, das Geld zusammen zu halten und möglichst keine Wellen im Umgang mit dem sozialen Umfeld zu verursachen.

Aber letzten Endes denke ich, dass jeder bei der Erziehung Fehler macht und seine Kinder mehr oder weniger verkorkst. Wenn ich ein Kind hätte und es so erziehen würde, wie ich gerne erzogen worden wäre, ist es schließlich extrem wahrscheinlich, dass mein Kind ein völlig anderer Typ ist und ganz andere Bedürfnisse hat als ich damals vor 30+ Jahren.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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