Bei welchen Sportarten besonders häufig Essstörungen?
Essstörungen wie zum Beispiel Bulimie, Anorexie, Orthorexie oder Binge Eating sind leider für immer mehr Menschen ein Thema. Bei welchen Sportarten sind tendenziell viele Essgestörte, was sind da eure Erfahrungen und/oder Vermutungen? Natürlich kann man das nicht ganz genau sagen, da ja viele Essstörungen für Außenstehende nicht direkt sichtbar sind und man nicht mit jedem darüber spricht, Aber habt ihr vielleicht Fälle im Freundeskreis?
Ich bezweifle, dass die Frage sorum sinnvoll ist. Falls es überhaupt Zusammenhänge gibt, wäre es eher "Viele Menschen mit Essstörung betreiben diese Sportart" und nicht "Viele Menschen, die diese Sportart betreiben, haben eine Essstörung". Klingt wie Erbsenzählerei, aber die Implikationen sind jeweils andere. Bei letzterem klingt es nämlich so, als wären dann (fast) alle Menschen, die eine bestimmte Sportart betreiben, im "Verdacht", eine Essstörung zu haben.
Abgesehen davon käme es auch auf die Art der Essstörung an, und darauf, was dazu geführt hat. Wenn jemand magersüchtig ist, gibt es natürlich eine gute Chance, dass diese Person generell viel Sport betreibt, um noch mehr abzunehmen. In dem Fall würden dann wohl Sportarten mit möglichst hohem Kalorienverbrauch genommen werden.
Wenn es aber eine andere Essstörung ist, dann spielt Sport eventuell eine eher untergeordnete bis gar keine Rolle. Bei Orthorexie beispielsweise geht es ja eher darum, möglichst "gesunde" Lebensmittel zu sich zu nehmen. Dafür muss man keinen Sport machen. Auch bei Binge Eating kann es natürlich sein, dass die Person hinterher Sport machen will, aber es muss nicht.
Insgesamt finde ich die Frage einfach unglücklich gestellt, da sie alle Essstörungen einfach in einen Topf wirft. Und dazu zu einer Hexenjagd verleitet, in Richtung "Oh nein, diese Person macht BBP, sie ist bestimmt magersüchtig!", als wäre eine Essstörung die Folge des Sports und nicht umgekehrt, wenn überhaupt.
Das sehr ich nun komplett anders, denn es gibt Risikosportarten, die die Sportler zu einer Essstörung bringen können und zwar erheblich eher als andere Sportarten. Das ist medizinisch auch kein Neuland, sondern es ist bekannt und untersucht.
Problematisch sind logischerweise Disziplinen, die eine strenge Kalorienrestriktion erfordern. Während Profireiter beispielsweise durchaus auf ihre Figur achten, sieht es bei Jockeys ganz anders aus. Da besteht das Leben aus Hungern und Schwitzen und das bringt eben ein hohes Risiko mit.
Im Prinzip sind alle risikobehaftet, was eine strenge Kontrolle des Essverhaltens erfordert. Im Turnen oder in der rhythmischen Sportgymnastik sind kindliche Körper von Vorteil. Einspringen sollen leicht sein, Eiskunstläufer und Tänzer profitieren ebenso von wenig Gesicht und guten Aussehen wie Turmspringer. Langsteckenläufer möchten kein unnötiges Gesicht tragen.
Natürlich sind in diesen Sportarten nicht alle Sportler essgestört. Aber sie können eben eher hereinrutschen als andere, die weniger aufs Essen achten müssen. Das ganze nennt sich Sportmagersucht. Hier dient nicht exzessiver Sport zur Gewichtskontrolle, sondern die für den Sport erforderliche Kontrolle wird zur Störung.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, gibt es sogar Studien, die den Einfluss der Ausübung bestimmter ausgeübter Sportarten auf die Entwicklung einer Essstörung untersucht haben. Man ist zwar vorsichtig damit, einen direkten Kausalzusammenhang auszusprechen, da die Datenlage eher vage ist und da noch andere "Störfaktoren" eine Rolle dabei spielen, aber es wird zum Beispiel für Ballett, Kunstturnen und Eiskunstlauf vermutet, dass Essstörungen in diesem Bereich weiter verbreitet sind.
Zum einen erklärt sich das natürlich dadurch, dass das Äußere in solchen Sportarten eine wesentlich größere Rolle spielt als beispielsweise beim Fußball oder Eishockey. Die Sportlerinnen tragen enge Kostüme, sollen möglichst zierlich in ihrer Statur sein und wenig wiegen, um Hebefiguren und Co leichter meistern zu können. Zum anderen herrscht in diesen Disziplinen allgemein ein immenser Leistungsdruck und ein perfektionistisches Streben, das vor allem bei anorektischen Patientinnen häufig beobachtet wird. Eine Neigung zur anankastischen Persönlichkeit erhöht zumindest erwiesenermaßen das Erkrankungsrisiko.
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