Gruppenarbeiten: In der Schule engagierter als im Studium?

vom 22.09.2014, 00:58 Uhr

Normalerweise heißt es ja, dass man die Schulzeit durchlaufen müsse, ob man wolle, oder nicht, während das Studium eine freiwillige Sache sei. Der Logik nach müssten also im Studium engagiertere Leute sitzen, als in den Schulen. Was Gruppenarbeiten betrifft, habe ich aber leider genau das Gegenteilige zu spüren bekommen: Massenhaft unengagierte Leute, auf die man sich nicht verlassen konnte, während in der Schule die Gruppenarbeiten meistens schon noch irgendwie funktionierten.

In meinem Studium, Germanistik war es übrigens, war es wirklich grauenvoll. Ich war echt froh, als die Kurse alle vorbei waren, sodass ich mich mit dem Thema nicht mehr herumärgern musste. Tatsächlich gab es über die Jahre kaum eine Gruppenarbeit, die nicht katastrophal verlief. Leute, die sich nur zurücklehnten und selbst keinen Finger krumm machten, waren eine Sache. Dann gab es auch noch etliche, die nie zu den Gruppenterminen erschienen. Von manchen bekam man nicht einmal die E-Mail-Adresse, konnte sie also gar nicht erst kontaktieren. Und dann hatte ich öfters mal Gruppenmitglieder, die am Vortrags-Tag ihr komplettes Material zuhause vergessen hatten. Das entsetzte die Dozenten, und oft entsetzte es auch mich. Sicher ist kein Mensch fehlerfrei, und man kann mal etwas vergessen. Aber in dem Studium kam es andauernd vor.

Das große "Highlight" war eine Zweier-Teamarbeit, wo ich eine Dame als Teampartner zugeteilt bekommen hat, die mir zwar E-Mail-Adresse und Telefonnummer gegeben hatte, die aber zu keiner Tageszeit erreichbar war. Bei einigen Gruppentreffen erschien sie letztendlich doch mal, hatte dann aber kein Material bei sich. Wenn sie denn überhaupt mal erschien. Der Höhepunkt war dann der Tag des Vortrags. Da stand ich plötzlich alleine da, sie war einfach nicht gekommen. Dabei war abgemacht, dass sie Teil 1 des Vortrags macht und ich Teil 2. Ja, im Nachhinein war das echt eine dumme Idee. Aber sie hatte hoch und heilig versprochen, zu erscheinen. Letztendlich war sie aber nicht einmal krank und fehlte deswegen. Direkt nach der Stunde begegnete ich ich ihr zufällig am Campus, woraufhin sie bloß meinte, sie sei nicht gekommen, weil sie den Kurs sowieso wiederholen wolle. Was sie mir für Probleme gemacht hat, indem sie nicht erschienen ist, war ihr offenbar nicht klar. Fairerweise hätte sie ja mindestens vorher mal ein Wort sagen können, damit ich mich auf ihr Fehlen hätte einstellen können.

Und solche Dinge erlebte ich über die Jahre immer wieder. An der Schule, also am Gymnasium, gab es auch mal Gruppenarbeiten, wo etwas schief ging, aber nicht so gehäuft und nie so schlimm. Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? In welchem Studiengang? Und wieso könnte es so sein? Oder liegt das einfach nur an persönlichem Pech, oder an der Uni, wo ich immatrikuliert war?

Tatsache ist, zumindest im ersten Semester saßen in den Kursen massenhaft Leute, die eigentlich gar keine Lust hatten, und die nur wegen Mami und Papi dort waren. Ich war mehrfach die einzige Person von über 40 Leuten, die die Hausaufgaben gemacht hatte. Der Rest kam dann immer an und bat, abschreiben zu können. Alles klar. Und den Moment, in dem der Dozent in Literaturwissenschaft fragte, wer denn alles in seiner Freizeit lesen würde, und sich daraufhin außer mir niemand meldete, werde ich wohl auch niemals mehr vergessen. Die Frage, was wir denn alles so gerne lesen, die wohl darauf folgen sollte, stellte er dann gar nicht erst mehr, sondern schüttelte nur traurig den Kopf.

Aber solche Leute hätten dann doch eigentlich schon im ersten oder spätestens zweiten Semester rausfliegen müssen, oder nicht? Sollte das Engagement der verbleibenden Studenten mit fortschreitender Semesterzahl nicht eigentlich besser werden? Ich habe das allerdings leider nicht so erlebt. Vielleicht war es bei Euch anders?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich habe ähnliche Beobachtungen gemacht wie du, allerdings nicht ganz so extrem. Meiner Erfahrung nach waren die Gruppenarbeiten in der Schule viel disziplinierter und "motivierter" als im Studium. Ich vermute das liegt am System. In der Schule lernt man im Klassenverband. Man kennt alle seine Mitschüler, hat einen Klassenlehrer, der die Eltern zu regelmäßigen Elternsprechtagen einlädt und sie eben auch persönlich kennt. Wenn das Kind sich nicht benimmt und negativ auffällt, dann ist eben die Gefahr groß, dass dies beim Elternsprechtag den Eltern "gepetzt" wird.

Natürlich gab es in der Oberstufe die ein oder andere Panne bei Gruppenarbeiten. So habe ich es beispielsweise erlebt, dass ich von vorne herein gezielt von einer Gruppenarbeit ausgeschlossen wurde und ich dann letztendlich gezwungen war, ein Einzelreferat zu halten. In einem anderen Fach musste ich mit zwei Jungen zusammenarbeiten, die einfach nicht in die Gänge kamen und total unorganisiert waren.

Während der Studienzeit war es allerdings am schlimmsten meiner Ansicht nach. Ich vermute das ist so, weil die Hörsäle meist so voll sind, dass ein Dozent nur selten mal seine Studenten mit Namen kennt. Bei Seminaren in Kursgröße ist das vielleicht noch möglich, aber nicht bei Grundvorlesungen beispielsweise. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man als Student eigentlich nur auf seine Matrikelnummer reduziert wird. Man hat kein Gesicht, keinen Namen, im Prinzip nur eine Nummer und vielen Dozenten fällt es eben schwer, hunderte von Nummern den passenden Gesichtern zuzuordnen.

Da kann man auch mal demotiviert in der Menge untertauchen und es drohen keine schlechten Konsequenzen, die man sonst hätte, wenn der Dozent einen persönlich kennt und man sich dadurch irgendwie unbeliebt macht. So ist zumindest meine Beobachtung in den Naturwissenschaften. Wir haben hier die Seminare erst in den höheren Semestern in der Spezialisierung. In den ersten Semestern kommen kaum welche vor.

Ich musste einmal mit einer Gruppe von insgesamt 5 Personen, einen Bericht schreiben über verschiedene Aufgaben, die uns zu bestimmten Themen gestellt wurden. Dazu gehörten auch komplexe Rechnungen. Wir hatten insgesamt 5 Wochen oder so Zeit und zwei Tage vor Abgabe meinte die besagte Person, sie wäre damit überfordert und hat sich komplett geweigert, die Aufgabe zuende zu machen. Das hat mich dann auch tierisch aufgeregt, denn wenn ich persönlich mit einer Aufgabenstellung nicht klarkomme, dann sage ich sofort den Gruppenmitgliedern Bescheid und frage nach Tipps, wie man das am Besten lösen kann. So etwas weiß man in der Regel schon vorher und nicht erst auf den letzten Drücker, besonders wenn man über einen Monat Zeit dafür hatte.

Diese Person musste dann aber auch mit den Konsequenzen rechnen. Die Gruppenleiterin und ich haben die fehlende Aufgabe dann auf den letzten Drücker nachgeholt und zur Strafe den Namen der Person, die absolut gar nichts gemacht hatte, einfach bei der Abgabe weggelassen. Sie hatte ja auch nichts zur Gruppenarbeit beigetragen, warum soll sie dann von der guten Note profitieren? Das habe ich persönlich nicht eingesehen.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich mittlerweile schon Sorgen habe, wenn sich eine Gruppenarbeit ankündigt. Meiner Ansicht nach häufen sich die Probleme und Pannen, desto mehr Gruppenmitglieder die so genannte Gruppenarbeit umfasst. Eigentlich mag ich Teamwork, muss ich zugeben. Aber im Studium bin ich mittlerweile soweit, dass ich die Einzelarbeit vorziehe. Auf sich selbst kann man sich wenigstens verlassen.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich kann das alles sehr gut nachvollziehen. Ich habe auch von Jahr zu Jahr weniger Lust auf Gruppenarbeiten, weil sich die negativen Erfahrungen häufen. Ich habe damals in meinem Bewerbungsgespräch für meine Ausbildung, als die typische Frage nach Stärken und Schwächen kam, sogar geantwortet, dass ich eindeutig kein Mensch für Gruppenarbeiten bin, weil ich einfach schon so ätzende Gruppenzustammenstellungen in der Schule miterleben musste, dass mir die Lust daran wirklich vergangen ist und ich lieber alleine arbeite. Natürlich habe ich das dann am Schluss noch positiver dargestellt, indem ich gesagt habe, dass es mit den richtigen Gruppenmitgliedern sicher klappt.

In der Grundschule war man ja noch richtig begeistert, wenn man Gruppenarbeiten machen durfte. Auch in der Realschule war es anfangs noch so, dass man den Lehrer sogar gefragt hat, ob man die Aufgabe auch im Team lösen kann, wenn dieser nicht explizit gesagt hat, dass man alleine arbeiten soll. Aber als es dann schon auf das Ende der Realschule zuging und man sich die Gruppen nicht selbst aussuchen durfte, war es schon ziemlich anstrengend. Besonders unfair hat man sich dann behandelt gefühlt, wenn Gruppennoten vergeben wurden. Dann hatte man nämlich die Wahl, ob man nun alles selbst und dafür richtig macht oder ob man darauf hofft, dass der Lehrer erkennt, an welchen Gruppenmitgliedern es gehangen hat und dass man selbst eigentlich gut gearbeitet hat. Hat man sich für ersteres entschieden, was bei mir meistens der Fall war, weil mein Ehrgeiz nach guten Noten einfach zu groß war und auch immer noch ist, hat man sich dann wiederum darüber geärgert, dass die anderen Gruppenmitglieder ebenfalls gute Noten bekommen haben.

Im Studium finde ich das noch ärgerlicher. In meinem Studiengang ist es so, dass wir extrem wenige Klausuren schreiben und dafür eben sehr viele Projekte machen, die so gut wie immer in Gruppen gemacht werden. Bei uns im Kurs gibt es glücklicherweise nicht so viele, die sich in Gruppenarbeiten nach dem Moto „TEAM – Toll, ein anderer macht’s“ zurücklehnen, aber es sind eben doch an die vier, fünf Personen von insgesamt 25, mit denen ich in keinem Fall zusammenarbeiten will. Und ich finde es sehr ärgerlich, dass die den Studiengang in jedem Fall bestehen werden, weil sie eben immer von den Gruppenarbeiten profitieren. Würden wir Klausuren schreiben, wären einige von ihnen sicher schon raus, einfach, weil sie zu faul sind, um zu lernen oder auch irgendetwas für das Studium zu machen.

Bei uns läuft derzeit ein Projekt, das sogar über ein ganzes Jahr lang, also über zwei Semester, geht und da habe ich gleich zu Beginn des Semesters geschaut, dass ich eine Gruppe finde, die zuverlässig ist und mit deren Mitgliedern ich gut klarkomme, sodass ich mich nicht ein ganzes Jahr lang herumärgern muss. Leider hat man nicht immer die Wahl und wenn die Gruppen gelost werden, kann man extrem viel Pech haben. Das hält sich in meinem Studiengang bisher in Grenzen, auch wenn ich wirklich Angst davor habe, dass es irgendwann einmal passiert.

Die Aussage, dass es in der Schule nicht so extrem war, kann ich nicht unbedingt unterschreiben. Das liegt aber auch daran, dass ich ein duales Studium mache, wo die Vorlesungen eher wie in der Schule sind und nicht wie an klassischen Universitäten. Da kennt man sich teilweise untereinander im Kurs ja auch gar nicht und wenn dann gelost wird, ist das natürlich richtig ärgerlich.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Diese Aussage kann ich so gar nicht bestätigen. Meiner Ansicht nach hängt das eher mit dem Individuum zusammen und welchen Charakter man hat. Denn auch im Studium sitzt nicht jeder, der das Fach wirklich studieren wollte. Manche haben keinen anderen Platz gefunden und sind alternativlos und studieren einfach irgendetwas. Andere wiederum sind es gewöhnt, dass sie sich auch ohne große Leistungen durch das Studium mogeln können. Wieder andere nehmen das total ernst und sind sehr engagiert, egal ob Schule oder Studium. Das ist eben sehr verschieden.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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