Bei verschenktem Buch nach Fortschritt fragen?

vom 12.04.2015, 22:57 Uhr

In der Familie meines Freundes hat einer seiner Onkel neu geheiratet und die Familie hat sich mit der neuen Frau noch nicht ganz so gut angefreundet. Grundsätzlich ist sie sehr nett, aber einige ihrer Einstellungen und Meinungen kommen wohl in der Familie nicht ganz so gut an. Letztens war es dann auch so, dass die Tante und der Onkel zu Weihnachten bei den Eltern meines Freundes eingeladen waren und mein Freund hat von den beiden ein Buch bekommen.

Das Buch sagt ihm nicht besonders zu, es handelt sich um eine Komödie die den Alltag einer Richterin beschreiben soll. Da mein Freund selbst eine Zeit lang als Richter tätig war fanden die beiden es offenbar lustig, ihm das zu schenken, allerdings findet mein Freund das Buch eher geschmacklos und meinte, dass man darüber nicht besonders lachen kann, wenn man aus diesem Beruf kommt. Er hat daher nur einige Seiten gelesen und das Buch dann zur Seite gelegt.

Er hat aber nicht damit gerechnet, dass er beim nächsten Besuch seines Onkels von der neuen Tante ausgiebig zu diesem Thema befragt werden würde. Diese wollte wissen, ob er das Buch schon gelesen habe und wenn ja, ob er nicht die eine oder andere lustige Anekdote daraus erzählen könnte. Mein Freund fand das schon etwas nervig und meinte, er hätte gerade erst mit dem Lesen begonnen. Über Ostern nun war sein Onkel aber auch wieder zu Besuch und von der Tante kam die gleiche Frage abermals.

Mein Freund war darüber ganz und gar nicht begeistert und möchte ihr natürlich nicht sagen, dass er das Buch nicht gelesen hat, weil er es nicht gut findet. Er möchte es aber natürlich auch nicht lesen, nur um ihr danach eine Anekdote daraus erzählen zu können. Wie würdet ihr an Stelle meines Freundes vorgehen? Findet ihr es in Ordnung, dass man jemandem dem man ein Buch geschenkt hat immer wieder nach den Fortschritten fragt und den Inhalt des Buches erfahren möchte? Nimmt man der Person dann nicht automatisch die Freiheit sich auszusuchen, ob sie das Buch überhaupt lesen will? Wie findet ihr das Verhalten der Tante meines Freundes?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



ich lese selbst nicht so gerne Bücher, es sei denn, sie handeln um bestimmte Themen, für die ich mich selbst begeistere. Ich kann stundenlang im Web recherchieren, aber ein Buch nehme ich eher selten zur Hand, obwohl das viele Leute wohl auch eher erstaunt.

Ich hatte auch mal ein Buch von meiner früheren besten Freundin geschenkt bekommen. Die hat dann auch in regelmäßigen Abständen danach gefragt, wie ich das Buch finde, was ich äußerst legitim fand, denn Sie kannte es schon, und dachte sich, Sie tut mir damit einen Gefallen, weil es ja ein wirklich gutes Buch gewesen ist.

Irgendjemand erwähnte einmal bei einer solchen Gelegenheit, dass ich doch gar nicht gerne Bücher lese, woraufhin ich ihr das dann erst einmal erklärte. Es lag nicht groß an dem Buch, ich hatte immerhin schon den Klappentext gelesen, später habe ich auch mal die Verfilmung zu diesem Buch gesehen und fand den auch durchaus gelungen, wenngleich ich mir schwerlich vorstellen konnte, wie sich die Geschichte dann im Buch Seite für Seite hinweg gequält hätte, denn einen großen Spannungsbogen oder so, gab es nicht.

Meine Freundin hingegen, kaufte sich viele Bücher, stellte die ins Regal, um diese dann zu einem Zeitpunkt dann irgendwann mal zu lesen. Ich weiß nicht mehr so recht, aber ich glaube zeitweise las sie auch mehrere Bücher in derselben Zeitspanne. Für Sie sind Bücher etwas ganz Tolles gewesen, deshalb habe ich im Nachhinein auch gesehen, dass Sie wirklich dachte, Sie bereitet mir damit ebenso große Freude, wie Sie an Büchern hat. Dieses Buch hatte Sie ja nun schon gelesen, und so wollte Sie mir dadurch nur etwas Gutes tun und sich natürlich mit mir darüber unterhalten.

Ich denke mal, bei der Frau von seinem Onkel wird es vielleicht ähnlich sein. Wenn ich etwas verschenke, versuche ich auch immer etwas zu finden, dass mir selbst echt gefallen würde, aber natürlich auch dem Beschenkten. Generell hat aber oft ein Geschenk von mir etwas persönliches von mir.

Dass man in einer Familie nicht immer die gleichen Meinungen vertritt, finde ich im Übrigen normal, Ich würde ihr aber so ein Geschenk nicht zum Vorwurf machen. Je nachdem wie viel dein Freund denn von sich preisgeben mag, sollte er vielleicht noch einfach nur ganz offen sein, begründen, warum er das Buch nicht lesen möchte, ob er überhaupt gerne Bücher liest, und so weiter. Dadurch könnten ja auch interessante Gespräche zustande kommen.

Allerdings würde ich auch erwähnen, dass die Geste ja sehr nett war, denn immerhin hat sie ja schon etwas über deinen Freund gewusst, sodass Sie zu diesem Buch gegriffen hat. Zudem ist es immer sehr schwer, wenn schon ein größerer Teil der Familie einen Neuankömmling der Familie als merkwürdig hinstellt, nur weil Sie eine eigene Meinung hat.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich hab das Gefühl, dass es den beiden irgendwie mehr darum zu gehen scheint, dass sie mit deinem Freund über irgendetwas reden können und sie klammern sich an dem Buch deswegen fest, weil das so das einzige Thema zu sein scheint?

Oder vielleicht hofft die Freundin des Onkels über deinen Freund und seine "Begeisterung" für das Buch ihr Image in der Familie etwas aufzupolieren?

Sagen dass einem das Buch nicht zusagt ist schwierig. Lieber würde ich solange tun, als ob ich einfach keine Zeit dafür finde, bis das Thema irgendwann vergessen ist. Bücher sind nicht jedermanns Sache und ich find sie als Geschenk auch nicht optimal, weil man damit so viel falsch machen kann.

» Scoleney » Beiträge: 21 » Talkpoints: 6,18 »



Scoleney hat geschrieben:Ich hab das Gefühl, dass es den beiden irgendwie mehr darum zu gehen scheint, dass sie mit deinem Freund über irgendetwas reden können und sie klammern sich an dem Buch deswegen fest, weil das so das einzige Thema zu sein scheint?

Den Eindruck habe ich offen gesagt auch. Ich meine, deine Tante hat neu in die Familie eingeheiratet Crispin. Sie ist neu und kennt kaum jemanden und das ist ihr Versuch sich in die Familie eben auch thematisch zu integrieren. Ich finde, dass dein Freund ihr ruhig den Gefallen tun könnte und ihr das Gefühl vermitteln sollte, dass sie eben auch dazu gehört.

Ob er jetzt das Buch deswegen lesen sollte sei jetzt mal dahin gestellt. Aber wenn ihm das Buch so dermaßen gegen den Strich geht, kann er ja ein alternatives Gesprächsthema finden, das ihr besser gefällt als immer nur auf das Buch zurück zu kommen.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kann deinen Freund verstehen, dass es ihn nervt, ständig nach dem Buch gefragt zu werden und wie weit er damit gekommen ist. Ich denke zwar auch, dass es ein Versuch der neuen Frau des Onkels ist, ein Gespräch zu eröffnen und dass sie das vielleicht nicht immer so macht, wenn sie ein Buch verschenkt. Aber trotzdem finde ich so etwas nicht angebracht, ständig zu fragen, wie weit man in dem Buch ist und darum zu bitten, etwas daraus zu erzählen.

Ich würde das sicher nicht machen, wenn ich mal ein Buch verschenke. Ich schenke aber extra schon nur den Menschen Bücher, bei denen ich weiß, dass sie sich dafür interessieren. Allerdings frage ich dann nicht nach dem Fortschritt. Wenn ich die Person treffe und erkenne, dass sie gerade das Buch liest, was ich mal geschenkt habe, dann frage ich schon mal nach, aber einfach so würde ich das sicher nicht tun. Ich denke auch, dass jeder selber entscheiden muss, ob und wann er ein Buch liest, was er geschenkt bekommen hat.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Wenn es deinen Freund so sehr nervt, dass er ständig auf das Buch und seine Lesefortschritte angesprochen wird, warum lässt er sich dann nicht eine passende Strategie einfallen? In dem Fall hätte ich persönlich schon längst geschaut, dass ich andere Gesprächsthemen finde, damit ich effektiv ablenken kann von diesem Buch. Er kann doch herausfinden, was sie für Hobbys hat, was sie beruflich macht, vielleicht interessiert sie sich ja für Politik oder Wirtschaft, sodass er darüber ständig reden kann, wenn ihm nichts anderes einfällt.

Offen gesagt finde ich die ganze Situation ziemlich traurig. Die Dame ist neu in der Familie und muss erst noch alle kennenlernen, aber dein Freund scheint so gar kein Interesse an ihr zu zeigen und sie mehr oder weniger ständig abzublocken. Denn sonst gäbe es doch mehr als dieses eine Gesprächsthema und man wäre nicht so festgelegt und würde sich thematisch ständig um dieses Buch drehen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich selber frage auch schon mal, wenn ich ein Buch verschenkt oder ausgeliehen habe, welches mir besonders gut gefallen hat, nach, wie weit die Person ist und wie es bisher gefällt.

Dass es deinen Freund etwas nervt, damit so belagert zu werden kann ich schon verstehen. Allerdings hat sie sich anscheinend Gedanken gemacht und ist nun neugierig ob das Buch gut angekommen ist. So ganz verstehe ich nicht, warum dein Partner nicht sagt dass es ihm nicht zusagt. Hat er Sorge ihre Gefühle zu verletzen?

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



So wie die Situation mit der neuen und wenig akzeptierten Frau des Onkels hier geschildert ist, habe ich auch schon ein wenig Mitgefühl. Offenbar versucht sie ja irgendwie im Gespräch einen Fuß in die Tür zu bekommen. Und so blöd und schrecklich ist die Idee mit dem Buch ja jetzt nun auch wieder nicht, zumindest hat sie versucht, das wenige, was sie über ihn weiß, irgendwie in Verbindung mit einem Geschenk zu bringen.

Ich an seiner Stelle würde entweder das Buch ein bisschen querlesen, rein aus gutem Willen, und ganz ehrlich, die meisten Leute, die sich mal durch ein Studium fuchsen mussten, werden doch sicher noch das schnelle Überfliegen und Extrahieren wichtiger Stellen beherrschen. Dann kann er ihr das nächste Mal einfach etwas aus dem Buch erzählen. Oder aber wenn man das wirklich so gar nicht will, dann sagt man halt, dass man total schlecht darin ist, Inhalte aus gelesenen Büchern wiederzugeben, aber dass man aus seiner eigenen Berufswelt noch diese oder jene Anekdote kennt, die man auch gerne zum Besten gibt.

Möglicherweise denkt die Frau ja auch, dass er sich freut, wenn er über seinen Beruf erzählen kann? Das wäre ja nun auch nicht so ungewöhnlich. Hört sich insgesamt so an, als würde nicht allzu viel getan werden, die Frau in die Familie einzubinden, denn sie hat ja schon das Etikett "irgendwie komisch" verpasst bekommen. Komisch ist hier jedenfalls weniger die neue Tante.

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich finde es grundsätzlich nicht schlimm, wenn man bei einem verschenkten oder geliehenen Buch nach dem Fortschritt fragt, da ich das auch gerne mache. Es ist ja schön, wenn man das Buch vielleicht auch selbst kennt und sich dann einfach gemeinsam darüber unterhalten kann. Ich rede allgemein selbst sehr gerne über Bücher, da ich Bücher über alles liebe und sie mich interessieren und ich es ganz schön finde, wenn man dann eine gemeinsame Grundlage hat.

Man kann sich dann ja gegenseitig austauschen und vielleicht auch über das ein oder andere diskutieren. Allerdings kommt es ja auch immer darauf an, wie der andere reagiert. Wenn er ganz begeistert zu sein scheint und sich angeregt über das Buch unterhält, kann man diese Frage ja durchaus mehrfach stellen, weil man dann ja relativ fest damit rechnen kann, dass der andere diese Frage auch gut findet.

Wenn jemand aber so zögerlich reagiert wie dein Freund, sollte man schon damit rechnen, dass jemand das Buch nicht lesen will oder nicht die Zeit hat und von den Fragen absehen. An der Stelle deines Freundes hätte ich aber offen gesagt, was genau mir an dem Buch nicht gefällt und konstruktive Kritik äußern. Auf dieser Grundlage kann man sich ja auch miteinander unterhalten.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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