Verkürzte Gymnasialzeit und deren Sinnhaftigkeit

vom 26.12.2012, 18:22 Uhr

Seit ein paar Jahren gibt es ja das G8, als Gymnasium bis zum Abitur in 8 Jahren, in Deutschland in den Bundesländern Bayern, Hessen und NRW. Durch die verkürzte Schulzeit sollen die Schüler eher mit dem Arbeiten beginnen und damit eher in die Rentenkasse einzahlen. Im Hinblick auf die demographische Entwicklung derzeit in Deutschland scheint das sogar ganz sinnvoll, aber ist es auch für die Schüler sinnvoll?

Durch das um ein Jahr verkürzte Gymnasium heißt es, ein Jahr schneller das zu lernen, was früher ein neun Jahren erlernt wurde. So haben die Schüler viel mehr Druck und weniger Freizeit, da auch am Nachmittag noch viel für die Schule getan werden muss. So ist es auch klar, dass viele nicht direkt nach dem bestandenen Abitur zu studieren beginnen und lieber z.B. ein Jahr oder ein halbes Jahr im Ausland verbringen, ein so genanntes freiwilliges soziales Jahr oder ähnliches absolvieren. Dadurch verschiebt sich der Studier- und damit der Arbeitsbeginn wieder um ein Jahr nach hinten und im Endeffekt wurde durch das G8 gar kein Effekt erreicht.

Das wäre meine Meinung zu dem Thema. Ich selbst bin auch G8-Schülerin und finde den Lerndruck zu groß. Von daher werde auch ich nach dem Abitur erst mal eine Pause einlegen, bevor ich zu studieren beginne und kenne kaum jemanden, der das nicht vorhat. Was ist eure Meinung zu diesem viel diskutierten Thema? Ist das G8 sinnvoll oder eher nicht?

» lina-sunshine » Beiträge: 161 » Talkpoints: 11,10 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich finde, dass man das Gymnasium ganz normal absolvieren sollte, sowie auch die anderen Schüler das auf anderen Schulen, wie zum Beispiel Realschule und Hauptschule, das machen müssen.

Da die meisten Schüler und Schülerinnen nach acht Jahren Gymnasium noch ziemlich jung sind, wenn sie ihren Abschluss erreicht haben und die meisten dann noch mitten in der Pubertät sind, denke ich nicht, dass es viele Schulabgänger geben wird, die nach der Schule gleich eine Ausbildung machen oder bekommen oder arbeiten gehen. Die meisten sind dann einfach noch zu jung, um zu verstehen, was der Ernst des Lebens ist.

Zu mal ich finde, dass man so lange zur Schule gehen sollte, wie es nur möglich ist, da man sein ganzes Leben lang noch genug arbeiten wird und man somit noch etwas länger jugendlich bleiben kann. Auch wenn die Jugendlichen dann schon früher in die Rentenkasse einzahlen und es sich dann so später zwar bemerkbar macht, ist die Jugend aber um so früher beendet und man muss schneller erwachsen werden.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich lebe in Baden-Württemberg und bin dem G8 aber glücklicherweise entkommen, indem ich nach der Grundschule nicht auf das Gymnasium gegangen bin, sondern auf die Realschule. Nun hole ich das Abitur auf einem beruflichen Gymnasium nach und habe somit wieder insgesamt dreizehn Jahre anstatt den zwölf. Ich finde das so perfekt, auch wenn ich wahrscheinlich das eine zusätzliche Jahr nicht gebraucht hätte.

Ich kenne einige Leute, die G8 machen beziehungweise gemacht haben und so gut wie jeder ist unzufrieden damit. Sie merken auch immer wieder an, dass die Zeit viel zu kurz ist, um alles zu lernen und wenn man mal etwas nicht auf Anhieb versteht, bleibt man in diesem Fach auf der Strecke, weil man nicht mehr mitkommt. Die Lehrer haben kaum Zeit ihren Stoff durch zu bekommen und so macht das ganze einfach wenig Sinn. Der Schnitt der G8-Schüler war auch fast um eine ganze Note schlechter als derjenigen, die noch G9 gemacht haben. Das sagt wohl schon genug aus.

Auf dem Gymnasium bei uns im Ort wird daher wieder G9 eingeführt. Man kann in der fünften Klasse wählen, was man machen will und demnach gibt es dann eben mehr G8- oder G9-Klassen. Diese Lösung finde ich ziemlich gut, denn so kann jeder selbst für sich entscheiden, was besser passt.

Ich merke in meiner Klasse einfach, dass viele den Stoff auf dem allgemeinbildenden Gymnasium überhaupt nicht mitbekommen hätten. Es gibt viele, die selbst bei mir auf dem beruflichen Gymnasium Probleme haben und selbst hier gibt es Lehrer, die darüber jammern, dass sie ihren Stoff nicht durch bekommen. Daher ist G8 in meinen Augen auch einfach nur unsinnig. Die Politiker sollten sich etwas vernünftigeres einfallen lassen, um dem demographischen Wandel entgegen zu wirken.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe das G8 absolviert und finde die ganzen Diskussionen darüber fruchtbar. In Sachsen gab es G8 schon die ganze Zeit. Da hat keiner sich beschwert und keiner hat über die armen gestressten Schüler gesprochen, die dem psychischen Druck kaum noch standhalten können. Diese Schüler gab es nämlich nicht. Entweder hat man das Gymnasium geschafft oder eben nicht. Wer es nicht geschafft hat, ist auf die Mittelschule gewechselt.

Ich finde, dass man heute viel zu viel Theater darum macht. Wenn man sich öffentlich darüber unterhält, dass es für die Kinder viel zu viel Stress bedeutet, dann horcht man immer mehr in sich hinein und macht sich selbst krank. Dieses Phänomen darf man nicht unterschätzen. Natürlich muss man sich als Schüler eines Gymnasiums erst einmal daran gewöhnen, dass es nicht wie in der Grundschule weitergeht. Aber das ja normal. das ist auch nichts, was ein Kind psychisch nicht verkraften könnte. Wenn ich an meine Schulzeit zurück denke, dann war da weder in meinem Jahrgang noch in einem anderen Jahrgang ein Kind, welches psychisch unter Druck leidete, bloß weil das Gymnasium in 8 Jahren absolviert wurde. Bei meinen Mitschülern hat damals kaum jemand ein freiwilliges Jahr eingelegt. Das war damals auch noch nicht so üblich wie heute. Ich bin nicht der Meinung, dass sich heute so viele dafür entscheiden, weil sie sich erst einmal von der stressigen Schulzeit erholen müssen.

» floraikal » Beiträge: 1127 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Neue G8er aus den alten Bundesländern, die eigentlich immer dagegen sind und die die alten G8er aus den neuen Bundesländern, die eigentlich immer dafür sind. Das Ganze ist ein Vergleich wie mit Äpfeln und Birnen. In Deutschland haben die Länder die Bildungshoheit, jedes Bundesland hat andere Regeln und andere Lehrpläne. Klar kann G8 super funktionieren, aber eben mit einem G8 Lehrplan und kein G8 mit einem G9er Lehrplan. Das wurde aber vielfach so gemacht und dann erst nachgebessert.

Ein Augenmerk was immer von den G8-Erfahrenen nicht verstanden wird, warum die jammern alle von fehlender Freizeit, obwohl sie selber immer genug Zeit hatten. Und warum die Sportvereine usw. sich nicht besser darauf einstellen können:

1. Die Lehrer haben ihre Gewohnheiten weitergeführt. Sie haben genauso viele Hausaufgaben gegeben, wie früher wo der Schüler viel weniger Stunden hatte.

2. Viel Sportarten sind auf Sporthallen angewiesen. Da gab es ein viele Jahre eingespieltes System, wo die Hallen erst von den Schulen und dann von den Vereinen genutzt wurden. Dabei waren erst die Vereine dran, die jüngere Schüler hatten usw. Und auch die Erwachsenen wollen irgendwann in die Halle.
Dann kam G8 und einige Kommunen hatten dann ein Problem, weil die Hallenkapazitäten nicht mehr passten: Die Schulen brauchen die Hallen länger und die Schüler haben weniger Zeit nach hinten, die Anzahl der Verein der Angebote blieb aber gleich. Zeitgleich mussten die Vereine sich an die veränderten Zeitrahmen der Schüler anpassen, bekamen dabei aber keinen Spielraum, sondern weniger Hallenzeiten. Letztlich hatten die hessischen Sportvereine auf einmal einen großen Verlust an Mitgliedern, weil es eben nicht mehr passten und die Schüler Ihre Sportarten aufgaben. Nur das außerschulische Angebot gehört zur Entwicklung genauso das dazu wie das schulische. Auch wird hier viel gelernt, was man im späteren Leben braucht.

3. Hungrig lässt sich schwer lernen, Mensas gab es nicht so viele. Auch die mussten erst mal gebaut werden.

4. Der Lehrplan wurde nicht auf 8 Jahre verteilt bzw. gibt es hier große Unterschiede. In Hessen, wovon ich in erster Linie sprechen kann, wurde die Oberstufe rausgelassen und nur auf 5-10 verteilt. Somit hatten die jüngeren Schüler, die noch nicht so belastbar sind und sich erst mal an so was gewöhnen müssten, die größere Last zu tragen. Es muss aber umgekehrt sein und die Steigerung muss zwischen den Jahrgängen etwas stufiger passieren und nicht von einem Jahrgang zum anderen 8 Wochenstunden mehr, was ja gerade am Anfang von der G8 Einführung in Hessen im Jahrgang 5 Standard war. Das ist für einen 10 jährigen etwas so viel, um sich daran langsam zu gewöhnen.


Also, klar kann G8 super gut funktionieren, aber fast alle anderen Ländern haben da größere Fehler gemacht. Man hätte es wie bei der Einheit machen sollen, nur dieses Mal umgekehrt: Jedes westdeutsches Bundesland bekommt einen Paten aus dem Osten, der G8 Erfahrung hat... :-)

» schulsportverein » Beiträge: 1 » Talkpoints: 1,00 »


Der wirkliche Sinn dahinter war ja (zumindest was sich die Politik dabei gedacht hat), dass die Schüler/ Studenten schneller ins Berufsleben entlassen werden. Daher ja auch die Bologna-Reform. Aber mittlerweile wird man gemerkt haben, wie unsinnig G8 ist, denn ich bekomme immer häufiger mit, wie viele Schulen oder Bundesländer da zurück rudern und versuchen wieder auf G9 zu wechseln.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich war der letzte G9-Jahrgang an meiner Schule, und bin echt froh, G8 noch "entkommen" zu sein. Wir hatten damals, als ich in der 6. Klasse war, hin und wieder in den Klassenräumen der 5. Unterricht. Da habe ich dann auch die Stundenpläne gesehen, und die "Wünsche an die SV" Liste. Deutlich mehr und länger Unterricht als wir hatten die "Kleinen", und auf der Liste stand gut dreimal, dass doch G8 abgeschafft werden sollte. Die SV kann da nun wenig dran ändern, aber das zeigt doch recht gut, wie unzufrieden die Schüler mit G8 sind.

Denn, wie schon erwähnt wurde, wurden eben die Lehrpläne nicht vernünftig angepasst. Zwölf Jahre Schule kann sinnvoll funktionieren, aber nicht, wenn man einfach Stoff für neun Gymnasiumsjahre auf acht verteilt. Oder, genauer gesagt, den Stoff von sechs Jahren auf fünf, denn die drei Oberstufenjahre blieben ja unverändert. Da waren G8 und G9 dann zusammen, mussten also gleichviel können.

Dass das mehr schlecht als recht funktioniert, dürfte ersichtlich sein. Dazu kommt dann natürlich das Alter. Schon mit G9 gab es so einige Schüler, die sich noch nicht ganz sicher waren, was sie denn danach machen wollten, ob Studium oder Ausbildung und in welchem Feld. Wenn man dann sogar noch ein Jahr weniger hat, wird das nicht weniger, also machen viele G8-Schüler erstmal ein FSJ oder Ähnliches, um noch etwas Bedenkzeit zu bekommen. Die fangen dann also auch nicht früher an, zu arbeiten.

Ich würde ja auch spekulieren, dass der Hauptgrund weniger war, dass man die Schüler schneller ins Berufsleben kriegen will, sondern eher, dass man sie schneller aus der Schule raus haben will. Ein Jahrgang weniger bedeutet weniger Schüler an der Schule, also braucht man auch weniger Lehrer, um diese Schüler zu betreuen, was natürlich wiederum Geld spart. Man sollte sich nur vielleicht überlegen, ob Schulbildung wirklich eine der Sachen ist, an der man sparen sollte.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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