Ärzte die keine Zeit haben / Beschwerden nicht ernst nehmen

vom 13.10.2010, 19:00 Uhr

Mir fällt in der letzten Zeit immer wieder auf, das es Ärzte gibt die ihren Beruf anscheinend nicht ernst nehmen oder glauben das alle Leute, die zu ihnen kommen, sowieso nicht die Wahrheit sagen oder Hypochonder sind. Sie sind einfach nicht daran interessiert den Menschen zu helfen.

Ein Beispiel ist zum Beispiel der Fall meiner Mutter. Sie wurde beim essen von Himbeeren von etwas im Hals gestochen. Was es ist oder war weiß sie nicht. Auf alle Fälle ist sie auf Insekten allergisch und wollte dementsprechend zu einem Arzt. Praktischer Arzt war keiner zu erreichen also sind sie ins nächstgelegene Krankenhaus gefahren. Der dort diensthabende Arzt hat sie fast ausgelacht weil sie wegen so etwas ins Krankenhaus kommt. Hat dann zwar in den Hals geschaut und gemeint er sieht nichts. Sie soll doch am Montag (das ganze passierte am Freitag Nachmittag) zu einem HNO Arzt gehen. Und damit war für ihn die Sache erledigt. Er hat ihr das auch noch Schriftlich gegeben. Sie ist dann in ein weiteres Spital gefahren weil sie schon gemerkt hat dass es anschwillt und dort wurde sie sofort stationär aufgenommen und der Hals war schon ziemlich zugeschwollen. Also wenn sie bis Montag gewartet hätte, würde sie vermutlich erstickt sein.

Oder das Kleinkind von einem Bekannten. Auch so ein Beispiel. Der Kleine hat von einem Bilderrahmen ein paar kleine Magneten verschluckt. Das Krankenhaus hat zwar ein Röntgen gemacht und gesehen wo die Magneten sind und haben dann gemeint dass die schon wieder raus kommen. Als Eltern verlässt man sich auf die Meinung von den Ärzten. Als es dem Kleinen nicht gut ging sind sie in ein anderes Krankenhaus gefahren von wo aus er sofort mit Blaulicht in ein Spezialkrankenhaus gefahren wurde. Auf dem Weg da hin hatte er bereits einen Magendurchbruch. Zum Glück hat er es überlebt und er ist heute wieder gesund. Ich meine wenn sich ein Arzt mit einer bestimmten Situation nicht auskennt, kann er doch sicher wo um Hilfe anfragen. Jetzt weiß ich es auch das Magneten super gefährlich sind. Doch was weiß man normalerweise schon, der Arzt wird es schon wissen.

Ich könnte jetzt noch eine ganze Reihe von solchen Dingen aufzählen und irgendwie kommt es mir so vor als wollen oder können die Ärzte die Leute nicht mehr richtig behandeln. Entweder sie haben zu wenig Zeit wie die meisten Ärzte oder sie wollen einfach schnell fertig sein. Irgendwie fühlt man sich hier doch nicht mehr richtig betreut und kann sich auf die Meinung der Ärzte nicht mehr verlassen. Oder wie seht ihr das? Haben eure Ärzte immer genug Zeit um alle Fragen zu beantworten oder sind sie auch schon vor der Frage aus dem Arztzimmer draußen? Oder habt ihr so super Ärzte die sich alle Zeit der Welt nehmen, die soll es ja auch geben.

» wiesel » Beiträge: 1303 » Talkpoints: 0,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Leider muß ich sagen, dass ich ähnliche Erfahrungen mit Ärzten aller Art gemacht habe. Zum Glück waren es keine Situationen in denen es um Leben und Tod ging, aber angenehmer wird es dadurch trotzdem nicht. Erst kürzlich hatte ich wieder so ein Erlebnis, dass mich noch heute ärgert. Da ich recht ländlich lebe, habe ich bei Fachärzten nicht die große Auswahl und gehe notgedrungen zum Nächstgelegenen.

In diesem Fall handelte es sich um einen Orthopäden, den ich auf Grund starker Schmerzen in der Leistengegend aufsuchte. Nach gut 1 1/2 Stunden Wartezeit wurde ich endlich ins Untersuchungszimmer geführt und durfte dort nochmals eine halbe Stunde warten. Als ich dann schon in einem gelangweilten Dämmerzustand war, rauschte der Arzt inklusive Anhang herein und wirbelte geschäftig 5 Minuten um mich herum. Ich bekam zwei Spritzen zur "Entspannung", ein knappes Lächeln und ein "so das wars schon" hingeschmissen. Während ich mich noch mühsam von der Liege berappelte und meine Hose wieder hochzog, war der Arzt bereits in der Tür nach draussen. Ich mußte ihm regelrecht hinterher hechten um zu fragen, was ich denn nun eigentlich habe. Bereits leicht genervt, antwortete er knapp mit "eine Verspannung" und wollte schon wieder losziehen. Auf die Frage ob ich mich langfristig auf Schmerzen einstellen muß, antwortete er mit "Nein" und ließ mich endgültig stehen. Sein Anhang schien mich erst garnicht wahrzunehmen und rauschte ebenfalls an mir vorbei.

Dieses kurze Intermezzo beschäftigte mich die gesamte Heimfahrt, weil mir Fragen über Fragen durch den Kopf schwirrten und ich mich fragte, ob ich nun zu doof war, sie rechtzeitig zu stellen oder ob man mich hier tatsächlich so rüde abgefertigt hatte, wie es mir vor kam. Ein halbes Jahr und etliche Massagen, Fangopackungen und Krankengymnastiken später (deren Rezepte ich auf die gleiche Art erhalten habe) ging es mir kein Stück besser, aber immerhin hatte sich mein Physiotherapeut die Zeit genommen und mir erklärt, was genau eigentlich los ist. (Natürlich mit völlig gegensätzlichen Auskünften)

Ein weiteres Beispiel betrifft meine Mutter, die gerade die zweite Bestrahlung gegen Krebs hinter sich gebracht hat. Während und nach so einer Behandlung ist der Körper sowie die teilweise verbrannten Hautpartien sehr anfällig und sensibel. Man bekommt eine lange Liste von Dingen, die man nicht tun darf oder an seinen Körper lassen darf. So waren wir doch leicht entsetzt als wir ausgerechnet an einer solch empfindlichen Stelle, die überreste einer Zecke fanden. Der Kopf steckte hoffnungslos fest und wir bekamen ihn auch mit einer Pinzette nicht zu fassen. Da das Wochenende gerade begonnen hatte, mußten wir zum Notfalldienst, der uns wiederum an einen diensthabenden Hausarzt verwies. Leider befand sich dieser nicht in seiner Praxis sondern in seinem Privathaus, das wir dann auch aufsuchten. Im Hausflur des Arztes durfte sich meine Mutter dann entblößen, die Zecke wurde innerhalb von einer Minute entfernt, danach wollte er nur noch ihre Versicherungskarte und das wars. Wir versuchten ihm unsere Besorgnis zu erklären, aber er schien garnicht zuzuhören. Es gab keinerlei Desinfektion oder gar Informationen über etwaige Risiken. Nur wenige Minuten später standen wir bereits wieder draußen vor verschlossener Tür und wussten nicht was überhaupt los ist.

Glücklicherweise gibt es aber auch noch Ärzte die sich nicht nur um die "nötigste" Behandlung kümmern, sondern ihren Patienten auch Informationen und Aufklärung zukommen lassen. Mein Hausarzt ist dafür das beste Beispiel. Leider kann man es sich nicht immer aussuchen welcher Arzt einen behandelt und gerade in Notsituationen kann das auch mal böse enden.

Benutzeravatar

» Pikalina » Beiträge: 790 » Talkpoints: 6,08 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Das Problem ist, dass die Ärzte mit der Zeit abstumpfen. So gut wie jeder fängt mit großen, idealistischen Vorstellungungen vom Beruf des Arztes an. Jeder will die halbe Welt retten und sie verändern. Dann kommt die Realität. Diese ist dermaßen anders, als die Traumwelt, dass erstmal jeder Arzt wieder auf den Boden der Tatsachen gehollt wird. Trotzdem geben sie nicht auf und versuchen ihr Ding durchzuziehen bis sie irgendwann aus Machtlosigkeit frustriert das Handtuch werfen und eben zu jennen gleichgültigen Ärzten werden, die sie am Anfang ihrer Karriere noch verachtet haben.

Der x-te Patient ist dann nur noch einer von vielen ohne ein wirkliches Gesicht, der schnell abgefertigt werden muss. Wichtiger ist die Verrechnung mit der Krankenkasse und das man da wegkommt. Gerade weil der Arztberuf und ähnliche so schädigend für die Psyche sind, befinden sich unter den Doktoren so viele Abhängige. Ich denke mit der "schnellen Abfertigung" und den "harten Tönen" versuchen sie sich nur selbst davor zu beschützen sich von jedem einzelnen Schicksal mitnehmen zu lassen. Was wirklich bitter ist, ist die Tatsache, dass alles was ein Arzt tut nur "aufschieben" ist, ein Spiel auf Zeit.

» JeanSmith » Beiträge: 422 » Talkpoints: 4,88 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich kenne das Problem mit den vorschnellen Ärzten auch sehr gut, aber ich regele das bei ernsten Sachen meistens eh so, dass ich schon im Voraus Termine bei mehreren Ärzten mache, um mir mehrere Meinungen anzuhören, dass ist mir mein Geld einfach wert. Dann sieht man einfach auch, wie verschieden die Meinungen der Ärzte sind und wie ernst einige das Problem nehmen und andere wieder nicht. Bei Ärzten wie Neurologen oder Dermatologen ist das mit den Terminen manchmal etwas komplizierter, weil man da meistens Monate warten muss und nach dem letzten Treffen schon vergessen, was der erste Arzt gesagt hat.

Ein Beispiel in meinem Fall war, dass ich sehr häufig umgekippt bin, als ich so im Alter von 10-15 Jahren war. Die meisten Ärzte, bei denen ich war, meinten bloß, dass das doch ganz normal wäre in der Jugend und dass ich mir da keinen Kopf drum machen sollte, weil es von alleine verschwinden würde mit der Zeit. Später dann hat ein Arzt entdeckt, dass es keineswegs normal war, sondern dass es sich um eine Schilddrüsenunterproduktion handelte, die dann auch behandelt werden musste.

Ein anderes Beispiel sind in meinen Augen immer die Kieferorthopäden. Bevor sie einem überhaupt erst richtig in den Mund geschaut haben, steht es schon fest, dass die Zahnspange nur aus rein ästhetischen Gründen getragen werden muss, sicherlich mehrere Zähne gezogen werden müssen und man sie selbst zahlen soll. Ich selbst musste zu drei verschiedenen Kieferorthopäden gehen, bis schließlich einer erkannte, dass der Kiefer verschoben war und die Krankenkasse auf jeden Fall für die Spange aufkommen würde, so wie mein Zahnarzt es mir auch schon gesagt hatte.

Ich glaube aber, dass dies oftmals auch einfach ein Problem des Auftritts selbst ist. Panische Eltern, die mit einem kleinen Kind ankommen, weil es irgendwas verschluckt hat, werden weniger ernst genommen und ich kann mir gut vorstellen, dass deine Mutter aus dem Grund nicht ernst genommen worden ist, weil vielleicht noch einfach keine Symptome zu erkennen waren und sie aussah, als ob sie überreagieren würde. Ärzte sind auch nur Menschen und sie müssen nun mal die ernsten Fälle von den weniger ernsten zu unterscheiden wissen, Menschen die viel jammern haben oftmals weniger Probleme, als die still vor sich hin leidenden. Ärzte machen Fehler, genauso wie alle anderen Menschen auch. Trotzdem finde ich, dass einige Ärzte für meinen Geschmack etwas zu desinteressiert wirken und ihren Patienten nicht genug entgegen kommen.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Es war sehr ungehörig, wie sich der Arzt gegenüber Deiner Mutter benommen hat. Nur gut, dass sie im nächsten Krankenhaus kompetentere Ärzte gefunden hat, die ihr geholfen haben. Mit einer Allergie ist nicht zu spaßen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Ich mußte im August ins Krankenhaus wegen akutem Nierenversagen und thrombozytopenische Purpura mit Pruritis. Mein ganzer Körper war vergiftet aufgrund einer kombinierten Antibiotika-Therapie. Es war eine allergische Reaktion. Einen Tag bevor ich entlassen werden sollte, kam der sehr junge Stationsarzt und sagte mir, dass eigentlich noch eine Ultraschall-Untersuchung gemacht werden müßte, aber das sei zu aufwendig. Dann ging er.

Vor circa 4 Jahren suchte ich eine Orthopädin auf, weil ich Schmerzen in den Füßen hatte. Nachdem ich über zwei Stunden trotz Termins gewartet hatte, kam sie, sah mich von oben bis unten an und sagte, sie verschreibe mir Einlagen. Außerdem solle ich zweimal wöchentlich zur Behandlung kommen für Akupunktur und Wasserbett, beides kostete Einiges. Dann rauschte sie raus. Das dauerte fünf Minuten. Ausziehen - also Schuhe und Socken - brauchte ich nicht.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Zum Glück kann ich mich auf mein Ärztin verlassen. Nun bin ich innerhalb der Stadt umgezogen und fahre trotzdem lieber eine Stunde zu meiner Ärztin, als irgendwo anders hin zu gehen.

Allerdings ging es mir einmal so schlecht das ich einen Arzt in meiner Nähe aufsuchen wollte. Beim ersten Arzt hieß es er geht in drei Monaten in Ruhestand und nimmt keine neuen Patienten mehr auf, also ging ich mit 39,5 Grad Fieber wieder nach Hause. Die nächste Ärztin erklärte mir dann ich sei nur erkältet und solle mich nicht so haben. Ich bekam eine Krankschreibung und wurde nach Hause geschickt mit keinen Tipps oder Medikamenten. Da ich aufgrund der Erkältung einen so geschwollenen Hals hatte das ich nicht richtig schlucken konnte und dabei so starke Schmerzen hatte das sogar ohne eine Chance es aufzuhalten Tränen flossen bin ich dann doch zu meiner Ärztin gefahren. Da wurde mir endlich wirklich geholfen

» nadpat » Beiträge: 1077 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ausnahmen gibt es immer und wenn man bedenkt, dass manche Ärzte unter hohem Druck stehen und großem Stress ausgesetzt sind, dann ist es klar, dass auch Behandlungsfehler passieren können auf Grund von Fehleinschätzungen. Das hat aber nichts damit zu tun, dass der Arzt irgendwie schlecht oder inkompetent wäre. Ich denke, dass der Fehler im System wäre und wenn man das System umkrempeln würde, dass die Ärzte nicht mehr so großen Belastungen ausgesetzt sind, dann wären solche Behandlungsfehler weniger häufig.

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Der Fehler liegt im System, das falsche Anreize schafft. Man bekommt eben nicht mehr Geld, wenn man sich mehr um den Patienten kümmert. Mehr Geld gibt es eben nur, wenn man mehr Patienten durchschleust. Alternativ kann man eben auch versuchen, die gleiche Zahl Patienten in weniger Zeit durchzuschleusen um mehr Freizeit zu bekommen. Gerade die Anamneseerhebung wird zu schlecht vergütet. Es lohnt sich einfach nicht, sich Zeit zu nehmen. Natürlich sollte sowas die Behandlung nicht steuern, aber Ärzte sind ja nun mal auch keine anderen Menschen als alle anderen auch. Und da gibt es dann eben Idealisten, die nehmen sich trotzdem die Zeit und dann gibt es eben auch welche, die hatten nie Ideale oder haben sie mit der Zeit verloren und sehen halt zu, dass sie für sich gut durchkommen.

Genauso wie eben auch im Krankenhaus eben auch mehr oder mehr Ärzte Wert auf eine vernünftige Work-Life-Balance legen. Da will man auch irgendwie zum Feierabend fertig sein oder im Dienst dann nach 20 Stunden doch mal irgendwann sein Bett sehen. Das rechtfertigt natürlich in keinster Weise Behandlungsfehler, die durch kein Bock oder einfaches Unwissen passieren. Es kann aber eben schon die ein oder andere Situation erklären, wo für zu wenig Leute zu viel zu tun ist. Und das kann ich dann auch keinem verdenken.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^