Toleranz erwarten aber selbst sehr intolerant sein

Wie soll man mit einem Menschen umgehen, der von anderen Toleranz erwartet und selber kein bisschen tolerant ist. Ein Bekannter von einer Freundin, den ich neulich kennenlernte ist homosexuell. Er erwartet, was auch richtig ist, von anderen Toleranz. Das finde ich auch gut, weil ich denke, dass es heutzutage zur Normalität gehört. Dieser Mensch allerdings ist sehr intolerant anderen gegenüber. Ausländer, besonders Flüchtlinge und Asylbewerber sind für ihn einfach ein rotes Tuch und er lästert ständig über diese Menschen.

Meine Freundin ist schon genervt. Aber sie kann diesem Menschen nicht so richtig aus dem Weg gehen, weil er im gleichen Haus wohnt und der Arbeitskollege ihres Mannes ist. Sie fragte mich, wie sie mit so viel Intoleranz umgehen soll, wo er doch selber von allen anderen Toleranz erwartet. Wie würdet ihr mit diesem Menschen umgehen?

Ich kann solche Menschen nicht verstehen. Ich verstehe zum einen nicht, wie man sich über alles und jeden ärgern kann. Davon wird die Heizung auch nicht warm und der Kühlschrank nicht voll und außerdem bringt es doch nichts und ändert nichts. Man regt sich nur unnötig auf und belastet Herz und Kreislauf, aber einen wirklichen Mehrwert hat man davon nicht.

Dann kann ich nicht verstehen, dass man in Bezug auf die Toleranz mit zweierlei Maß misst. Stellt sich halt die Frage, ob der Kollege des Mannes zu der Sorte Menschen gehört, denen man den Spiegel vorhalten muss und die dann nach einer Selbstreflektion ihr Verhalten ändern oder aber ob das gar nichts bringen würde.

Ich kann jedenfalls verstehen, dass man nicht weiß, wie man mit solchen Menschen umgehen soll, gerade wenn das der Nachbar und Arbeitskollege des Mannes ist. Denn manche Menschen sind da total empfindlich und wenn man ihnen einen Spiegel vorhält, dann kritisieren die alles was man selbst gemacht hat und man will ja auch nicht, dass so ein Mensch den Chef oder den Vermieter anstachelt.

Leider ist es nicht unüblich, dass Personen von anderen absolutes Verständnis für ihre eigene Situation einfordern und sich sofort angegriffen fühlen, wenn das nicht geschieht, dafür aber ihrerseits mächtig austeilen und andere schnell für deren Verhalten und Ansichten kritisieren. Ich kenne solche Einstellungen von vielen Menschen mit selektiven Ernährungspräferenzen.

Selber verlangen sie nicht nur Rücksichtnahme darauf von ihrem Umfeld sowie Sonderbehandlung und Kompromissbereitschaft von gastronomischen Betrieben und Lebensmittelhändlern, sondern sie führen auch nicht selten ellenlange Diskussionen über die Gründe und Folgen ihrer Entscheidung, als hätten sie gerade den Nobelpreis für die Entdeckung eines Wunderheilmittels erhalten. Wird aber in unmittelbarer Nähe von ihnen etwas gegessen, was ihren Idealen widerspricht, oder auch nur davon gesprochen, dass so etwas köstlich ist, dann wird mit Vorwürfen und Moralpredigten um sich geworfen oder sogar darauf geschimpft, wie "ekelhaft" das sei.

Natürlich verhalten sich nicht alle Menschen mit besonderem Essverhalten so, und es gibt durchaus auch viele, die gar kein Problem damit haben, wenn andere Fleisch, Tierprodukte oder nicht fair gehandelte Ware verzehren. Aber ich habe nun mal leider auch Erfahrungen wie die oben beschriebene gemacht und muss sagen, dass so etwas dann auch meine Toleranzbereitschaft an ihre Grenzen bringt. Ich sehe es nicht ein, mir etwas vorschreiben oder mich fertig machen zu lassen, gleichzeitig aber voll und ganz hinter den Einstellungen des anderen stehen zu müssen.

Ich kann seine Haltung vollkommen verstehen und ich denke er hat für sich den besten Weg gewählt um mit diesen Leuten umzugehen. Von Intoleranz sehe ich da allerdings keine Spur, sehr wohl aber Selbstschutz. Wenn zehntausende islamisch geprägte Menschen ins Land strömen, dann sind das auch die Menschen die Homosexuelle von Dächern schmeißen oder an Kränen aufhängen. Er als Homosexueller ist einer sehr viel größeren Gefahr ausgesetzt schwersten Schaden zu erleiden wenn er seine Homosexualität frei auslebt.

Ich muss sagen, dass ich das auch nicht recht verstehen kann. Sicher hat der Mann recht und es sollte selbstverständlich sein, dass seine Homosexualität toleriert und akzeptiert wird. Aber wenn er sich selber dann intolerant anderen Themen gegenüber äußert, dann ist das für mich auch etwas, was gar nicht geht. Auch wenn ich der Person nicht aus dem Weg gehen könnte, würde ich das schon sagen, dass ich so etwas nicht hören möchte und auch sauer werden, wenn so etwas trotzdem in meiner Gegenwart kommuniziert wird.