Nur bei Arbeiten von Unbekannten Korrektur lesen?

In diesem Thread ist meine Frage, ob ihr schon einmal Korrektur gelesen habt. Durch diese Frage bin ich auf eine andere gekommen, die ich anhand eines Beispiels näher erläutern möchte.

A ist Student an einer Hochschule und schreibt momentan seine Bachelorarbeit. Daraufhin bot sein Freund B an, der in Deutsch immer sehr gute Noten hatte, zwischendurch über die Bachelorarbeit drüber zu lesen um etwaige Fehler zu korrigieren. Nun hat B angefangen die Arbeit zu lesen und musste feststellen, dass A anscheinend keine Ahnung beziehungsweise nicht genug Ahnung von seiner Materie hat. Freund B hat die Arbeit nun so weit gelesen, wie sie fortgeschritten ist, kann jedoch keinen roten Faden erkennen und auch eine Unzahl von grammatikalischen Fehlern sowie Rechtschreibfehlern. B hat keinerlei Probleme damit, die grammatikalischen Fehler und Rechtschreibfehler auszubessern. Jedoch hat er einige Skrupel, seinem Freund zu sagen, dass die Arbeit alles in allem nicht wirklich gut ist.

Nun meine Frage: Würdet ihr, wenn ihr die Arbeit eines Freundes Korrektur lest, ehrlich sein und ihm sagen, dass ihr keinen roten Faden erkennt und er die Arbeit am besten noch einmal neu strukturieren soll und noch einmal besser recherchieren? Oder würdet ihr euch das nicht trauen, weil ihr Angst habt, dass euer Freund oder eure Freundin daraufhin verletzt ist? Fällt es einem leichter, die Arbeit eines Unbekannten Korrektur zu lesen und ihn dann auf Fehler hinzuweisen via Kommentar-Funktion von beispielsweise Word oder abschließendem Kommentar?

Ich persönlich würde es so handhaben, dass ich sowohl bei Freunden als auch Unbekannten sehr ehrlich wäre. Auch auf die Gefahr hin, dass meine Freunde eine Zeit lang schlecht auf mich zu sprechen wären, weil ich recht kritisch bin, würde ich ehrlich sein. Schließlich möchte ich ihnen im Endeffekt nur helfen. Und ich glaube, dass die meisten Leute da eher dankbar sind, als es einem mit Ignoranz zu danken. Aber es gibt ja leider auch einige Fälle, die etwas objektives (wie eine Bachelorarbeit und dessen Korrektur) leider sehr persönlich nehmen.

Ich verstehe unter dem Korrekturlesen eigentlich nur die Kontrolle und Verbesserung von Rechtschreibfehlern oder grammatikalischen Fehlern. Ich würde aber alles, was sich auf das Thema oder den Aufbau der Arbeit bezieht, nicht beachten, denn eigentlich kennt man sich ja meistens als Außenstehender mit dem Thema gar nicht so richtig aus.

Bei Unbekannten würde ich nur gegen Bezahlung Korrektur lesen. Und da kommt es natürlich auf die Vereinbarung an, ob man nur die Form, das richtige Zitieren und die Orthografie korrigieren soll oder auch den Inhalt. Beim Inhalt kommt das natürlich einem Ghostwriting gefährlich nahe und da sollte man vom Fach natürlich Ahnung haben.

Bei Freunden schaue ich auf alles, falls ich vom Fach etwas verstehe, und sage natürlich ehrlich meine Meinung, wenn ich den Inhalt nicht nachvollziehen kann. Bei Freunden empfinde ich Korrekturlesen einfacher, weil man sofort auf Dinge aufmerksam machen kann, während man bei Fremden wahrscheinlich erst einen kompletten Durchlauf macht. Außerdem können mir die Freunde in Ruhe erklären, was sie eigentlich meinen, und man kann gemeinsam neu formulieren. Das ist bei Fremden etwas schwieriger.

Ich habe bisher keine Hochschularbeit Korrektur gelesen, aber drei Romane. Die Autorin hatte mich gebeten, weil sie sich gerade von mir erhofft hat, eine ehrliche Meinung und notfalls auch einen Ellbogen in die Seite zu bekommen und genau das bekommt man eigentlich auch, wenn man mit einem solchen Ansinnen an mich heran tritt. Ich denke, man kann durch Vorschläge und eine andere Perspektive auch nur gewinnen und das Ergebnis vielleicht noch einmal verbessern. Meist nutze ich die Kommentarfunktion und schreibe aber auch noch etwas separat dazu.

Gerade wenn man befreundet ist sollte man sich doch schon ehrlich sagen können, wenn die Arbeit nicht wirklich gut ist. Ich habe auch schon eine Projektarbeit Korrektur lesen lassen, wobei man mir da ehrlich gesagt hat, dass meine Methodik falsch ist und ich einen falschen Schwerpunkt wählen sollte. Ohne Kritik kann man sich doch gar nicht verbessern und zumindest bei mir war das so, dass die Bachelorarbeit mit 12 Credits in die Endnote eingeflossen ist und daher ist eine schlechte Arbeit schon sehr gravierend meiner Ansicht nach. Das wird sich stark auf die Endnote auswirken und vielleicht sogar die Zulassung für den Master versauen - im Extremfall.

Ich habe meine Bachelorthesis damals ausschließlich Menschen geschickt, welche ich kenne. Dabei waren einige vom Fach und andere bewusst nicht. Dabei konnte ich mich eigentlich auf jeden der Gegenleser verlassen. Einen guten Freund macht es definitiv aus, dass er alles kritisiert was ihm auffällt und damit das beste für die Leistung des anderen möchte.

Ob ich die Arbeit im Nachhinein komplett umstrukturieren würde, hängt von meiner eigenen Meinung zu der Kritik des Gegenlesers ab. Wenn ich diese für mich nachvollziehbar finde, dann würde ich es machen. Ansonsten würde ich mich bei Unsicherheiten wahrscheinlich an meinen betreuenden Professor wenden, um das mit ihm zu besprechen.