Von der Diagnose Depressionen selbst überrascht sein?
Eine Bekannte hat nun schwere Depressionen diagnostiziert bekommen. Sie war recht erschüttert darüber und weiß nun anscheinend nicht so recht, wie sie damit umgehen soll. Sie sagt selbst, dass sie schon vermutet hätte, dass sie leichte Depressionen oder unter depressiven Verstimmungen leiden würde, aber das es so gravierend wäre, hätte sie doch selbst etwas schockiert.
Ich weiß nicht wie es ist, wenn man Depressionen hat und kenne dies nur von einer Freundin bzw. was man darüber eben so liest. Allerdings hört man da auch immer wieder, dass sich Depressionen bei jedem anders äußern können. Meine Bekannte meinte wohl, dass schwer depressive Menschen morgens gar nicht aus dem Bett kommen und unter Selbstmordgedanken leiden und ähnliches. Zumindest hat sie dies mir gegenüber so profan geäußert. Natürlich kann noch viel mehr dazu gehören.
Könnt ihr nachvollziehen, dass jemand von der Diagnose Depressionen selbst überrascht ist? Meint ihr, dass sich die Person dann selbst nur etwas vorgemacht hat, wenn sie dachte nur leichte Verstimmungen zu haben? Redet man sich da schnell selbst ein, dass es gar nicht so schlimm sein kann? Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht?
Dazu fällt mir spontan ein Witz ein, wo einem an Depression erkranktem Psychiatrieprofessor die Frage gestellt wird, warum gerade er als Fachmann denn nicht bemerkt hat, dass er eine Depression entwickelt hat. Seine Antwort: Weil ich eine Depression hatte. Ich glaube, dieser kleine Witz sagt alles aus, was man wissen muss über die Wahrnehmung eines Depressiven.
Ansonsten hatte ich ja schon in einem anderen Thread geschrieben, dass ich die Diagnose einer schweren Depression auch nur für eine Etikettierung halte, die stimmen kann, aber eben auch nicht stimmen kann. Eine wirklich schwere Depression kann man meiner Meinung nach auch als Betroffener nicht mehr übersehen. Wenn man nicht mal mehr in der Lage ist zu sprechen oder sich eine Scheibe Brot zu schmieren, weil man dann heulend in der Küche steht, wird man schon merken, dass etwas nicht stimmt.
Ich denke einfach, dass viele Betroffene gar nicht wirklich "krank" sein wollen, weil das automatisch zu Stigmatisierung führen würde und man würde sich noch schlechter fühlen, weil man den Eindruck hätte, dass man diese Krankheit selbst verursacht hat. Bei manchen Menschen würde das die depressive Symptomatik möglicherweise verstärken.
Daher denke ich, dass viele Betroffene die empfundene Symptomatik eher herunterspielen und gar nicht wahrhaben wollen, dass sie krank sind. Ich habe mal mit einer Ärztin über dieses Thema gesprochen und sie meinte, dass die meisten Depressiven auf die Diagnose ablehnend und abwehrend reagieren würden und das gar nicht akzeptieren wollen, dass sie krank sind.
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