Wie lange brauchen, um Menschen einzuordnen?
Normalerweise brauche ich ja nicht allzu lange, um Menschen irgendwie und irgendwo einzuordnen, aber bei manchen fällt mir das sogar nach mehreren Jahren noch etwas schwer. Kennt ihr dieses Phänomen auch und wie lange braucht ihr denn, um jemanden in irgendeiner Schublade einordnen zu können? Kennt ihr von euch auch Fälle, wo ihr auch nach langer Zeit jemanden nicht richtig einschätzen könnt und woran mag das wohl liegen?
Inwiefern denn "einordnen"? Ich sortiere Menschen tendenziell nur grob nach "Mag ich", "Meh" und "Mag ich nicht" ein, und das geht meist recht schnell. Ich sortiere auf jeden Fall nicht bewusst nach irgendwelchen Schubladen in Richtung "Animefan", "Hobbyköchin", "Tierbesitzer" oder sonstwas, schon allein, weil eine Person doch dann locker in mehreren Schubladen sein kann, oder nicht?
Meinst du mit einordnen vielleicht, ihr Handeln abschätzen? So in etwa wissen, wie sie reagieren würden? Ob sie großzügig sind, oder eher kleinlich, freigeistig oder eher gehemmt in ihren Entscheidungen? Ob sie weltoffen oder eher spießig sind, engstirnig oder eher tolerant?
Ich wüsste gar nicht, ob ich Menschen quasi in Schubladen stecken wollen würde. Mir erschließt sich der Sinn einfach nicht. Es kommt doch auch immer auf die Situation an, in der sich der Mensch befindet. So ein Mensch kann doch in seinem Charakter einhundert Facetten und Nuancen haben. Der ist doch nicht immer nur höflich und distanziert. Woanders ist er vielleicht eher direkt und vertraut.
So viele Gedanken mache ich mir um meine Mitmenschen nicht. Sonst müsste ich ja immer denken, was wäre, wenn... Mir ist wichtig, mit den Menschen in meinem Umfeld gut auszukommen. Und wenn ich sie näher kennen lerne, weiß ich sie meistens auch zu nehmen.
Ich muss sagen, dass ich es auch nicht wirklich sinnvoll finde, Menschen in irgendwelchen Schubladen einzuordnen und so zu sehen. Dann kann es ja wirklich sein, dass Menschen auch in verschiedenen Schubladen sind, die vielleicht auch gar nicht so zusammenpassen. Ich kann Menschen auch seit Jahren kennen und trotzdem noch etwas neues über den Menschen erfahren, ganz davon abgesehen, dass Menschen sich ja auch im Laufe der Zeit verändern.
Darum muss ich sagen, dass ich es gar nicht wirklich versuche, Menschen einzuordnen, weil sich das sowieso auch ändern kann. Sicher kann ich einen Menschen in der Regel dann einschätzen, weiß also, wie er in den meisten Situationen wohl reagieren würde. Aber trotzdem kann ich auch dabei überrascht werden und das macht den Umgang mit anderen Menschen ja so interessant.
Ich ertappe mich immer wieder dabei, Menschen, die ich kennenlerne, recht schnell einzuordnen, wobei es mir auch in erster Linie darum geht, ob ich die Person sympathisch finde, ob sie mir auf die Nerven geht oder ob sie nur ein weiteres Element in meinem Leben darstellt, welches Zeit und Aufmerksamkeit erfordert.
Ich bin in jedem Fall nicht der Typ, der ewig herumeiert und sich nicht sicher ist, ob die pausenlos labernde Kollegin jetzt Material für eine engere Freundschaft darstellt oder nicht. Davon abgesehen stecke ich die Leute genauso in Schubladen wie jeder andere auch, bin jedoch generell bemüht, auch die Aspekte zu bemerken und zu würdigen, die aus den jeweiligen Schubladen herausragen, weil die einen Menschen erst interessant machen.
Ich habe auch festgestellt, dass meine erste Einordnung oft zutreffend ist, auch wenn sie mir im ersten Augenblick vorschnell und ungnädig erscheint. Oft schon habe ich mir gedacht:" Komm schon, Gerbera, der Typ ist vielleicht nur schüchtern, gib ihm eine Chance!", um dann festzustellen, dass die Gestalt wirklich der erbärmliche Schleimer ist, als den ich sie in den ersten 10 Minuten eingeschätzt habe. Oder ich denke mir: "Ok, die Person nervt dich, aber es schadet dir auch gar nicht, mit den Lustigen und Geselligen Kontakt zu haben.", um nach quälenden Stunden festzustellen, dass die Person eigentlich weder lustig noch gesellig ist, sondern nur laut redet und bösartigen Quatsch verbreitet. Deswegen verlasse ich mich mittlerweile mehr und mehr auf mein erstes, instinktives Urteil und versuche nicht krampfhaft, mir einzureden, dass eine neue Bekanntschaft vielleicht doch "ganz anders" ist, als sie den Eindruck erweckt.
Leider habe ich mich schon oft in meinem Leben in Menschen getäuscht. Sei es beim Partner oder bei Menschen, die ich glaubte, dass sie meine Freunde sind und mich bitter enttäuschten. Sei es bei der Arbeit, wo man glaubte, dass man wirklich alles tut und dann abserviert wird oder sei es einfach bei Bekannten, die man einschätzte, als könnte man ihnen vertrauen. Das sind Enttäuschungen, die man nicht so leicht verarbeiten kann.
Es gibt aber auch Menschen, die ich genau gegenteilig eingeordnet habe. Ich dachte nicht, dass ich mit ihnen auskommen könnte. Ich hätte mir eine Freundschaft nur schwer vorstellen können und mit einer solchen Person bin ich bereits über 30 Jahre eng befreundet.
Manche Menschen kann ich wiederum sehr gut einschätzen. Da weiß ich, dass ich niemals dicke Freundschaft pflegen kann und dass mir dieser Mensch sehr suspekt ist. Das hat sich dann auch meist bestätigt. In manchen Menschen kann man nur durch Blicke lesen wie in einem Buch und da liege ich meist auch genau richtig.
Früher ist es mir sehr oft passiert, dass ich Menschen schwerer einschätzen konnte. Mittlerweile fällt es mir etwas leichter und ich denke, dass es an der Menschenkenntnis liegt, die man mit den Jahren dann doch irgendwann erwirbt. Aber auch da liege ich manchmal falsch und Enttäuschungen sind vorprogrammiert.
Bei einem Menschen herauszufinden, ob man ihn mag oder nicht mag oder vielleicht sogar neutral eingestellt ist, geht bei mir relativ schnell. Unter "einordnen" verstehe ich persönlich eher, den Menschen insofern einzuschätzen, ob er eher der Kategorie "Freund" oder "Feind" angehört. Manche Menschen sind ja leider so, dass sie sehr freundschaftlich tun, aber sobald man wirklich einen Freund braucht, sind sie weg und wollen nichts mehr mit dir zu tun haben und diese Einschätzung finde ich persönlich schon schwer, wenn man noch keine Situationen hatte, wo sich wahre Freundschaft beweisen würde.
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