Haben junge Menschen verlernt zu sparen?

vom 28.05.2018, 04:44 Uhr

Ich habe kürzlich einen sehr interessanten Artikel gelesen. Der Autor war nämlich der Ansicht, dass die jungen Menschen verlernt hätten zu sparen und hat als Indikator den Coffee to go genannt. Die jungen Menschen würden ihr Geld lieber für solchen Kaffee ausgeben statt in die Altersvorsorge zu investieren oder größere Summen anzusparen. Was haltet ihr von dieser These? Haben die jungen Menschen tatsächlich verlernt zu sparen?

Ist man nur dann sparsam, wenn man die Socken stopft bis sie unbrauchbar geworden sind, wenn man auf das Essen in der Kantine verzichtet und sich lieber Essen von zu Hause mitbringt und wenn man mit dem Fahrrad weit fahren muss, um die Milch ein paar Cent billiger zu bekommen? Meint ihr, dass die jungen Menschen gar nicht mehr sparen können oder seht ihr das anders?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich würde diese These absolut unterstützen und sie vielleicht sogar noch ausweiten. Ich bin der Ansicht, dass nicht nur junge Leute, sondern auch viele Leute im mittleren Lebensalter überhaupt nicht vernünftig mit Geld umgehen können oder wollen und auch nichts oder nur sehr wenig sparen.

In meinem Bekanntenkreis beobachte ich auch regelmäßig Leute, die überhaupt keine finanziellen Rücklagen bilden und auch für etwas größere Anschaffungen überhaupt nicht sparen, sondern einfach alles auf Raten kaufen, obwohl die entsprechenden Personen gar nicht schlecht verdienen und keine außergewöhnlich hohen Fixkosten haben. So ein Verhalten finde ich richtig dämlich und ich kann auch überhaupt nicht nachvollziehen, warum so viele Menschen sich nicht einfach vorher das Geld zusammensparen, wenn sie sich etwas kaufen wollen.

Für mich ist es einfach sehr unsolide, wenn man nicht spart und für eventuelle Anschaffungen kein Geld auf der hohen Kante hat. Vielleicht hängt dieses Verhalten damit zusammen, dass solche Leute einfach immer zu viele Dinge auf einmal haben wollen und nicht bereit sind, auch mal eine Weile auf etwas zu warten und zu sparen.

Benutzeravatar

» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Es war schon immer schick, auf die "heutige Jugend" zu schimpfen und zu betonen, dass man selber früher ganz anders war. Man frage nur den Philosophen Sokrates, und für mich klingt es auch eher danach, als wolle der Verfasser nur in eine bestimmte Kerbe hauen, weil ihm so die Zustimmung seiner Zielgruppe sicher ist, und von irgend etwas muss man ja leben als "Autor" von "sehr interessanten Artikeln".

Es mag schon sein, dass es sich um eine Generationenfrage handelt, aber man vergisst, wenn man über die "Jugend" (oder auch die "Rentner") die Nase rümpft, die unterschiedlichen Lebensbedingungen zu berücksichtigen. Wer von der jüngeren Generation kann heute noch mit einer festen Rente rechnen, die Lebensqualität ermöglicht? Oder beispielsweise gab es auch mal eine Zeit, als man mit einem Arbeiterlohn zwar kein Luxusleben führen, aber immerhin eine Familie ernähren konnte. Heutzutage kann man einen qualifizierten Vollzeitjob ausüben und dennoch auf Unterstützung vom Staat bei der Miete angewiesen sein.

Vor diesem Hintergrund verstehe ich ehrlich gesagt vollkommen, dass die "heutige Jugend" ihr Geld lieber für Kaffee verprasst als damit den Sparstrumpf zu füttern, sprich sich lieber im Hier und Jetzt etwas gönnt, als für die ungewisse Zukunft ein paar magere Reserven anzusparen, die einem schlimmstenfalls bei einem Bankencrash um die Ohren fliegen.

Zudem mag es ja gut sein, dass ein heutiger einstelliger Eurobetrag 1963 "viel Geld" war, wie manche Eltern oder Großeltern gerne tönen, aber die Zeiten sind eben auch vorbei. Die damalige "heutige Jugend" wird ihr Geld eben für Zigaretten und Schallplatten verprasst haben, und ihre Eltern haben kopfschüttelnd darauf verwiesen, dass sie im Krieg froh gewesen wären und so weiter.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich würde auch sagen, dass man das nicht wirklich verallgemeinern kann. Sicher gibt es Menschen, die sich um die Altersvorsorge keine Gedanken machen und keine Reserven bilden. Aber das sind nicht unbedingt nur die jungen Menschen und schon gar nicht sind es alle jungen Menschen. Ich würde eher sagen, dass es auf die Einstellung ankommt, ob man sich darum Gedanken macht und nicht so sehr auf das Alter.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Nur weil man sich mal einen Kaffee unterwegs kauft ist man nicht gleich ein Mensch, der sich in Schulen stürzt. Die Aussage finde ich wirklich albern, denn wenn man arbeitet, dann kann man sich auch etwas leisten und junge Menschen können genauso sparsam sein, wenn sie sich ab und zu solche Sachen kaufen. Früher sind die Leute doch auch nicht besser mit dem Geld umgegangen, es gab doch immer schon Menschen, die nicht mit Geld umgehen können.

Sparen fängt ja nicht damit an, dass man auf alles verzichtet, sondern sich einzuschränken, nicht alles auf den Kopf zu hauen und so weiter. Das hat man dann entweder vermittelt bekommen oder eben nicht und dann muss man es lernen. Wobei ich auch finde, dass es jungen Erwachsenen sehr leicht gemacht wird Schulden aufzubauen. Hier eine Null Prozentfinanzierung, da ein Handyvertrag, da geht das alles schnell und wenn man dann nicht gelernt hat mit Geld umzugehen hat man schnell Schulden.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Den Kauf eines Coffee to go jetzt als Maßstab für die Fähigkeit zum Sparen oder den Umgang mit Geld heranzuziehen, finde ich schon etwas einfältig gedacht. Wer sagt denn, dass der verschwendungssüchtige Kaffeekonsument nicht ein beträchtliches Spardepot sein Eigen nennt, weil er sich beides leisten kann. Man muss doch nicht in jeder Situation seines Lebens unendlich vor sich hindarben, um auch nennenswert etwas in die Altersvorsorge oder seine sonstigen Ersparnisse zu investieren.

Ich weiß jetzt ja auch nicht, was hier mit "jung" überhaupt gemeint ist. Jung wie ein neunzehnjähriger Berufsanfänger? Der 23 Jahre alte Student oder die junge Anwältin, die mit 29 erst kurz im Beruf steht? Oder doch sogar die Generation über 30 oder 35? So oder so, wer hat schon mit unter 30 früher an die Rente oder ans Sparen gedacht? Entweder hatten die meisten gar kein Geld dafür, weil noch in der Ausbildung oder sie haben das Leben genossen, einige wenige haben dann mit um die 30 angefangen, über Eigentum nachzudenken und mussten zwangsläufig den Gürtel enger schnallen.

Ich könnte jetzt auch seitenweise Geschichten und Anekdoten erzählen, von Teenagern, die schon mehrere Tausend Euro im Jahr 2016 zurückgelegt hatten oder von Rentnern über 70, die immer auf Pump und an der Kante leben, aber wie aussagekräftig sind schon Einzelschicksale? Zumindest weiß ich recht sicher, dass auch im letzten Jahrtausend viele junge Leute (noch) keine Lust zum Sparen hatten. Mit unter 30 sollte man das Leben auch in vollen Zügen genießen und nicht verbissen Geld scheffeln, das kann man später immer noch.

» Verbena » Beiträge: 4979 » Talkpoints: 3,27 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^