Sind "Luxusprobleme" generell nicht der Rede wert?

vom 19.06.2014, 20:50 Uhr

Ich habe in einem anderen Beitrag geschrieben, dass ich mich stört, dass ich bei der Arbeitsstelle, die etwas weiter weg liegt, oft Probleme habe, einen Parkplatz zu finden und dass es mich stört, wenn ich dann so weit weg parken muss, dass ich gut und gerne 10 Minuten oder länger brauche, um wieder beim eigentlichen Gebäude angekommen zu sein. Manche schrieben, dass es sich dabei um ein Luxusproblem oder eine Frage der Bequemlichkeit oder gar Faulheit handle.

Das klingt dann immer so, als wolle man das Problem abtun, als sei es unwichtig und nicht der Rede wert. Aber auch Dinge, die unbequem sind, die man eben nicht mag und ungern tut, sind doch letztlich problematisch, auch wenn sie keinen existenzbedrohenden Charakter haben. Klar, es gibt Probleme, die sind schlimmer, aber es gibt immer Menschen, denen es schlechter geht und die es schlimmer getroffen haben. Das heißt doch aber nicht, dass man sich mit allen Unwegsamkeiten abfinden muss oder nicht mal seine Enttäuschung über diese Unwegsamkeiten zum Ausdruck bringen darf.

Ziel ist es doch, sich im Leben so einzurichten, dass man weitestgehend zufrieden ist und nicht über Probleme stolpert, die einen stören. Daher sind auch scheinbare Luxusprobleme für mich relevant, da sie aufzeigen, wo man noch etwas verbessern und ändern kann. Ein Luxusproblem zeigt eben, dass man mit etwas nicht zufrieden ist und das kann einen genauso stören, wie andere Menschen sich vielleicht bei scheinbar schlimmeren Dingen unwohl fühlen.

Warum wird es als etwas Negatives angesehen, wenn man keine existenziellen Probleme hat, aber dennoch mit etwas unzufrieden ist?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Natürlich sind fehlende Parkplätze ein Luxusproblem, wenn sich nicht so viele den Luxus eines eigenen Autos leisten könnten, würde es gar nicht dazu kommen. Aber es braucht mir kein Autofahrer erzählen, dass er nicht genervt ist, wenn er ewig einen Parkplatz suchen muss und dann irgendwo in der Pampa parken muss und deshalb vielleicht zu spät kommt.

Ich benutze dieses Wort aber eher in einem anderen Zusammenhang, für die wirklich banalen Sachen, bei denen ich schon während ich mich darüber aufrege merke, dass das eher amüsant als ärgerlich ist, weil es einfach so unwichtig ist. Die Tatsache, dass ich zum Beispiel schon seit einer gefühlten Ewigkeit auf der Suche nach der perfekten weißen Jeans bin ist so ein typisches erste-Welt-Problem. Darüber kann ich mich aufregen, wenn ein potentielles Modell mal wieder zu durchsichtig oder zu beige oder zu schlecht verarbeitet ist, aber irgendwo ist es eben auch amüsant, weil es den meisten Leuten auf diesen Planeten völlig egal sein dürfte, wie ihre Jeans aussieht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Meiner Meinung nach sind Luxusprobleme der Rede wert. Aber doch definitiv weniger als echte Probleme. Es ist schon lächerlich, wenn man sich immer und immer wieder über ein Luxusproblem aufregt, wenn sich einfach keine Lösung finden lässt. Klar kann man so ein Problem feststellen und sich daran machen, eine Lösung zu finden. Es wäre seltsam, wenn man Probleme akzeptiert und nicht nach einer Lösung sucht.

Es stimmt schon, dass jeder zufrieden sein will. Das ist vollkommen legitim. Aber wenn sich in einem angemessenen Zeitraum keine Lösung finden lässt, bringt es doch nichts, sich ewig mit Lamentieren aufzuhalten. Dann bekommt dieses Luxusproblem einfach zu viel Aufmerksamkeit, so viel Rede ist es nicht wert. Wenn es sich nicht praktisch lösen lässt, muss man es theoretisch ändern, in dem man seine Einstellung dazu ändert. Es akzeptieren, das Beste daraus machen, die Vorteile sehen. Denn Luxusprobleme haben alle Vorteile. Immerhin hast du einen Job und du hast ein Auto. Genieße den Spaziergang.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Sicher kann man sich darüber ärgern und auch mal darüber reden. Ich ärgere mich auch immer, wenn ich mal abends mit dem Auto bei mir keinen Parkplatz finde, aber zwischen den parkenden Autos am Straßenrand oftmals um die zwei Meter Platz sind. Wenn da alle ein wenig enger parken würden, könnten wesentlich mehr Autos abgestellt werden.

Aber ich weiß auch, dass ich an der Situation nichts ändern kann und habe eben ein paar Stellen, wo recht selten ein Auto steht. Da muss ich auch ein Stück laufen und nehme es eben in Kauf. Mich da ständig drüber aufregen bringt mich aber auch kein Stück von der Situation weg.

Nur wärst du eben in der Lage die Situation selbst zu ändern. Entweder versuchst du deine Arbeitszeiten zu ändern, so dass du früher dort sein kannst, was Parkplätze in der Nähe bedeuten würde. Oder du gibst den Job halt auf, um dem Problem grundsätzlich aus dem Weg zu gehen.

Das eigentliche Problem ist aber nicht der fehlende Parkplatz in der Nähe, sondern deine Einstellung zu solchen Dingen. Oft genug hinterlässt du hier den Eindruck, dass du etwas erreichen willst, was so gar nicht machbar ist. Es gibt dann nur den einen Weg für dich und alle anderen Möglichkeiten willst du doch gar nicht lesen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich denke, dass es innerhalb einer recht wohlhabenden Gesellschaft einfach dazugehört, dass man sich über Luxusprobleme ereifert. Letztendlich haben die meisten doch auch kaum echte Probleme, so dass der Fokus dann eben auf Kleinigkeiten liegt, die vielen anderen Menschen auf der ganzen Welt ziemlich egal sein dürften. Für mich ist es schon ein Zeichen einer verwöhnten Gesellschaft, wenn man überhaupt die Möglichkeit hat, sich über fehlende Parkplätze, Kleidungsstücke in falschen Farben oder sonstige nicht lebensnotwendigen Dinge Gedanken zu machen oder sich sogar aufzuregen. Aber das gehört einfach dazu, ich sehe es als normal an.

Ich kenne es grundsätzlich auch, wie lästig die Parkplatzsuche mitunter sein kann. In dem Moment stellt das für mich sicher auch ein Problem dar. Im Nachhinein habe ich schon oft gedacht, dass es eigentlich armselig ist, sich über so etwas aufzuregen. Immerhin geht es mir deutlich besser als den meisten anderen Menschen auf der Welt. Der Blick über den eigenen Tellerrand schadet also nicht und man sollte sich auch immer im Klaren sein, dass es sich eben nur um Luxusprobleme handelt. Aber dennoch können einen diese ja beschäftigen.

Ich kann allerdings auch gut nachvollziehen, dass sich Leute daran stören, wenn jemand immer wieder aus Kleinigkeiten Probleme konstruiert, anstatt das alles vielleicht einfach nicht so ernst zu nehmen. Ich mag es auch überhaupt nicht, wenn Menschen permanent jammern und sich selbst und ihre kleinen Befindlichkeiten zu ernst nehmen. Zum Glück kann man aber selbst entscheiden, in welchem Ausmaß sich auf solche Erzählungen einlassen möchte und damit ist es dann auch gut.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


"Wahre" Probleme müssen nicht unbedingt lebenswichtige Dinge sein. Aber es gibt sicher eine Kategorie von Problemen, die schon sehr nahe an Dekadenz grenzen. Wobei das Parkplatzproblem natürlich "lästig" sein kann. Wenn man den Idealfall nimmt, und den Wagen neben dem Büro parken kann, dann ist jeder zusätzliche Meter sicher "ein Problem". Aber hier will ich mal auf die Parkplatzsituation in großen Werken aufmerksam machen: da hat man als Angestellter einen Parkplatz - aber allein das überqueren der Parkfläche bis zum Ausgang des Parkplatzes dauert dann schon mal 10-15 Minuten (wenn man nicht joggend unterwegs ist).

Ebenso ein Problem ist die Parkplatzsituation von Angestellten in der Innenstadt. Sei es in Stuttgart oder München - hier hat man im Umkreis von 10 Km KEINE freien Parkplätze - außer man bezahlt ein Parkhaus oder z.B. 1 Euro für 12 Minuten. Ich selbst kenne es eigentlich gar nicht anders, als das man nach dem Parken locker 5-10 Minuten (im Gutfall) noch zu laufen hat. Deshalb erscheint mir eine solche Frage als Luxusproblem und ähnlich gelagert, wie z.B. die Frage ob man nun seinen roten oder seinen weißen Porsche Cayenne nehmen soll, um zum Bäcker zu fahren. Schließlich weiß man nie, welche Autofarbe einem zu einem bestimmten Zeitpunkt besser steht.

Zitronengras hat geschrieben:Ziel ist es doch, sich im Leben so einzurichten, dass man weitestgehend zufrieden ist

Aber spätestens wenn man volljährig ist, wird man gemerkt haben, dass das Ziel nie erreicht werden kann und das Streben nach mehr Zufriedenheit im Grunde die Triebfeder des Lebens ist.

Zitronengras hat geschrieben:und nicht über Probleme stolpert, die einen stören.

Der erste wirkliche Schritt zur Zufriedenheit aber sollte sein, dass man Probleme von dem unterscheidet, was wirklich bloß der Bequemlichkeit dient. Denn selbst wenn du dann einen Parkplatz hast, bei dem du letztlich nur noch um dein Auto gehen musst, kannst du danach streben, dass der Parkplatz so ausgerichtet wird, dass auch der Weg um das Auto herum gespart werden kann.

Zitronengras hat geschrieben:Warum wird es als etwas Negatives angesehen

Wird es doch letztlich gar nicht. Dass man versucht, Dinge so zu ändern, dass sie einem besser gefallen, ist letztlich legitim. Aber hier sollten Verhältnismäßigkeiten bedacht werden - und wenn man sich diese vor Augen führt, ist das Parkplatzproblem (um bei einem konkreten Beispiel zu bleiben) kein wirkliches Problem. Denn es existiert ein kostenfreier Parkplatz der in Laufnähe verfügbar ist - und es gibt scheinbar sogar alternative Möglichkeiten zu kommen, so dass man nicht mal auf den Parkplatz angewiesen wäre.

Cologneboy2009 hat geschrieben:und sich selbst und ihre kleinen Befindlichkeiten zu ernst nehmen

Evtl. ist genau das ja die Gefahr, die bei solchen "Problembeschreibungen" besteht. Selbst wenn das gar nicht so gemeint ist, drängt sich in solchen Fällen manchmal eben dieser Eindruck auf.

Um einen Vergleich zu nehmen: man erinnere sich an die Schulzeit als nach jeder Klassenarbeit der Klassenstreber vielleicht gejammert hat, dass er oder sie im Test nicht die volle Punktzahl erreicht hat und sich mit einer 1- zufrieden geben muss. Das mag für den Streber ein "Problem" sein - aber welche Sicht haben Schüler, die durch den gleichen Test in ihrer Versetzung gefährdet sind?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Meiner Meinung nach sollte jedes "Problem" ernst genommen werden. Denn es spiegelt eine Unzufriedenheit der Person wieder. Es in Relation zu anderen Personen zu setzen ist deshalb nicht sinnvoll, weil man sich nicht auf sich konzentriert und somit wird es schwieriger heraus zu finden, warum man denn "Probleme" hat

» klingenro » Beiträge: 7 » Talkpoints: 0,89 »



Punktedieb hat geschrieben:Nur wärst du eben in der Lage die Situation selbst zu ändern.

Das sehe ich genauso. Jeder Mensch hat Probleme, aber "Luxusprobleme" sind für mich die Probleme, die man selbst ändern könnte, wenn man wollte, aber man tut es nicht und jammert nur die ganze Zeit darüber.

Ich meine, ich muss auch zur Arbeit pendeln mit Bus und Bahn, aber weil ich keine Lust auf den Berufsverkehr habe, fahre ich eben früher los und komme stressfrei an. Das Auto käme nicht in Frage wegen der horrenden Parkgebühren vor Ort. Ich bekomme aber von Kollegen oft mit, dass diese dann später zur Arbeit kommen und sich dann darüber beschweren, dass sie eine Stunde lang einen Parkplatz suchen mussten. Dann sollen die eben früher aufstehen, dann gibt es solche Probleme nicht - oder den Job kündigen. Aber rumsitzen und motzen bringt auch keinem was.

Es bringt nichts, sich über Sachen aufzuregen, die man eh nicht ändern kann. Ich kann nicht ändern, dass die Bahn ihren Fahrplan hat, also finde ich mich damit ab. Aber ich kann selbst beeinflussen, ob ich in den Berufsverkehr komme und einen Parkplatz bekomme oder nicht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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