Wie intensiv ist die Recherche vor dem Schreiben von Büchern
An alle Hobbyautoren hier im Forum: nachdem oft hier gelesen werden kann, dass auch einige der Talkteria-User Bücher (wenigstens in der Freizeit) schreiben und veröffentlichen, wollte ich mal anfragen, woher ihr eure Themen nehmt und wie aufwendig dann die zugehörige Recherche ist. Es ist ja sicher nicht wirklich hilfreich, wenn man in einem Buch über eine andere Zeit schreibt, ohne zu wissen, was einst die Menschen geprägt hat oder wenn man über andere Länder schreibt, ohne zu wissen, welche Gegebenheiten dort zu berücksichtigen sind.
Solche ärgerlichen "Fehler" in Geschichten sind auch hier im Forum schon diskutiert worden. Wenn es z.B. in einer Geschichte um die Zeit im Mittelalter geht, sollte der Autor nicht davon ausgehen, dass alle Kinder zur Schule gehen oder eine Mehrzahl der Protagonisten wie selbstverständlich schreiben und lesen können.
Ich selbst versuche mich nicht an einem Buch - stelle mir aber alles, was jenseits der jetzigen Zeit angeht, als sehr schwierig und aufwendig vor. Und daher kaum erfolgreich für reine Hobbyautoren "nebenbei" zu stemmen.
Ich arbeite derzeit an einem Buch was 1705 spielt. Allerdings geht es da um eine wahre Geschichte, wo das Ergebnis vorhanden ist. Ich muss mir halt einen Weg suchen, wie es dazu kommen konnte. Recherchen dazu habe ich bisher in der Form angestellt, dass ich halt geschaut habe, welche Vornamen damals vorhanden waren. Auch die Frage, ob man damals beim einfachen Volk schon eine Art Unterhosen kannte, war für eine Szenen in dem Buch wichtig.
Ansonsten kann ich den Rest doch meiner Phantasie freien Lauf lassen, was eben die Handlung an sich betrifft. Ach ja, Kräuterwissen musste ich noch recherchieren. Da habe ich aber eine Frau an der Hand, wo ich telefonisch nachfragen kann, ob mein Gedankengang so passt.
Da mein erstes Buch in der aktuellen Zeit spielt und ich absichtlich die Orte anonym lasse, stellt sich dort nicht die Frage nach einer ausgiebigen Recherche.
Mein zweites Werk spielt zwar auch in etwa in derselben Zeit, soll sich aber mit einer Thematik befassen, die mich persönlich nie direkt betroffen hat. Gerade das reizt mich daran, dass ich mich erst einmal mit gründlicher Recherche auf das Buch vorbereiten und anschließend in Umstände und Personen hinein versetzen muss, welche mir bislang fremd sind.
Bevor diese Recherche nicht erfolgreich abgeschlossen ist, werde ich mit dem Werk auch nicht beginnen, da ich nicht Gefahr laufen möchte, mich in Gegensätze oder Unstimmigkeiten zu verstricken, welche Personen vom Fach sofort merken würden. Ich nehme dafür auch in Kauf, dass es erst in einem Jahr in Anlauf genommen wird, dass ich mit dem eigentlichen Schreiben beginne.
Ich denke das kommt einfach auf das Buch an und wo es spielen soll. Wenn es sich um ein Buch handelt, das in der Gegenwart spielt in dem Land, in dem der Autor lebt, wird man wenig recherchieren müssen. Denn man bekommt ja automatisch vieles mit, wie zum Beispiel politische Begegenheiten, Einwanderungsproblematiken, solche Sachen wie WhatsApp, Smartphones, Internet und dergleichen. Da ist viel Recherche nicht notwendig, nur wenn es um Details geht, mit denen der Autor so gar nichts zu tun hatte. Wenn es thematisch dann zum Beispiel um den Berufsalltag im Krankenhaus geht und der Autor hat keine Ahnung davon, wird man hier recherchieren müssen, das ist klar.
Aber bei stinknormalen Liebesgeschichten, die in der Gegenwart spielen und wo sich zwei über das Internet kennengelernt haben und über Smartphone Kontakt haben und wie sie versuchen eine Fernbeziehung zu führen, muss man bestimmt nicht so viel recherchieren. Jedenfalls wüsste ich nicht, was man da großartig recherchieren sollte. WhatsApp und das Internet sind doch den allermeisten Menschen geläufig.
Man wird mehr recherchieren müssen, je weiter man sich inhaltlich von dem weg bewegt, das man aus dem Alltag und dem Berufsleben kennt. Keiner von uns hat vor 200 Jahren gelebt, da wird jeder recherchieren müssen, wie das Leben damals so war, was es so gab und welche Probleme vorhanden waren. Die Mentalität verändert sich ja auch mit der Zeit.
Wie sehr recherchiert wird, kommt auch sehr auf den Autor an und wie wichtig ihm die Genauigkeit seiner Informationen ist. Wenn der Autor der Meinung ist, es sei ja nicht so wichtig, kann er beispielsweise auch gerne davon schreiben, wie gerne die Katzen Milch trinken und die Pferde Tag und Nacht galoppieren lassen. Dann muss er aber damit leben, wenn einige Leser sich darüber beschweren, wie unrealistisch es ist.
Generell finde ich, dass zu viel Recherche besser ist als zu wenig. Besser, ich "verschwende" vielleicht ein oder zwei Stunden damit, dass mein Geschriebenes auch Sinn macht, als dass sich hinterher alle Leute, die sich damit auskennen, fragen, wieso ich denn nicht versucht habe, mich besser zu informieren.
Natürlich gibt es immer Ausnahmen, denn in den meisten Fällen soll ein Buch ja unterhalten und nicht lehren. So könnten geflügelte Humanoide eigentlich nicht fliegen, ganz abgesehen davon, dass die meisten Wirbeltiere vier Gliedmaßen haben und nicht sechs. Das sollte aber nicht davon abhalten, einen Pegasus oder dergleichen einzubauen, "nur" weil eigentlich die Vorderbeine Flügel sein müssten, wenn überhaupt. Da kann der Autor versuchen, es zu erklären oder realistischer zu machen, aber solange es in sich logisch bleibt, beschwert sich da kaum jemand.
Mir sind generell gut recherchierte Romane lieber, weil mich sachliche Fehler doch zu sehr aus dem Lesefluss herausreißen. Auch wenn ich mich "nur" unterhalten lassen möchte, merke ich es nach unzähligen Büchern doch recht genau, ob der Verlag der Meinung war, Mittelalter verkaufe sich einfach am Besten oder ob der Verfasser oder die Verfasserin wirklich mit Herzblut dabei waren, eine in sich stimmige Geschichte zu erzählen und nicht nur einen vagen Hintergrund für die Liebesverwicklungen zusammen zu stöpseln.
Lästig finde ich es aber auch, wenn jemand für sein Buch nicht nur sehr viel recherchiert hat, sondern auch den Drang verspürt, sein mühsam zusammengetragenes Wissen auch in die Handlung einzubauen, und zwar völlig egal, ob er damit den Plot voranbringt oder nicht. Schließlich hat er dafür Stunden in der Bibliothek verbracht, verdammt noch mal!
Ich habe mich beispielsweise schon durch eine endlose Beschreibung gekämpft, in der das Pferd eben nicht Tag und Nacht galoppiert ist, sondern der Leser auf jedem Meter genau erfahren hat: Jetzt ging es Schritt, danach wurde getrabt, dann musste man Pause machen, aber das Tier erst tränken, nachdem es abgekühlt und abgerieben war, und dann ging es schön gemächlich weiter, damit das Vieh auch ja durchhält.
Das war bestimmt besser recherchiert als die berühmte halsbrecherische Jagd über Stock und Stein, aber hat mir nur gezeigt, dass der Verfasser viel über Pferde gelesen haben muss. Für die Handlung war es völlig irrelevant, da die Hauptfigur dennoch pünktlich an Ort und Stelle war.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Kräuter auf Balkon - was ist sinnvoll und robust? 1167mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Carmili · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Kräuter auf Balkon - was ist sinnvoll und robust?
- Luftwurzeln der Monstera: Tropfenbildung/Gestank 1642mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Diamante · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Luftwurzeln der Monstera: Tropfenbildung/Gestank
- Welche Zimmerpflanzen mögen es warm und sonnig? 2437mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Diamante · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Welche Zimmerpflanzen mögen es warm und sonnig?