Aus Angst vor Hospiz einen Besuch vermeiden?
Von einer Bekannten ist die Schwester schwer erkrankt und sie hat jetzt davon erfahren, dass diese nun in einem Hospiz ist. Sie hat ihre Schwester Jahre lang nicht gesehen und hatte nun überlegt, ob sie sie nicht besuchen soll. Allerdings war das Verhältnis nie besonders gut und deswegen bestand auch kein Kontakt.
Nun meinte meine Bekannte aber, dass sie nicht zu einem Besuch ins Hospiz gehen würde. Sie könnte das einfach nicht. Ich denke, dass sie Angst davor hat, was sie dort erwartet und wie ihre Schwester vielleicht auch aussieht. Ich kann das schon nachvollziehen, da ich selbst auch noch nie in einem Hospiz war. Aber ich denke, dass ich da über meinen Schatten springen würde und doch einen Besuch abstatten würde. Ich schätze mich so ein, dass ich es ansonsten bereuen würde.
Könnt ihr verstehen, dass jemand aus Angst vor einem Besuch im Hospiz diesen eher nicht abstattet? Würdet ihr da auch so handeln, wenn ihr die Person lange nicht gesehen habt und nicht wüsstet, was euch dort erwartet? Wart ihr vielleicht schon in so einer Situation?
Ich war selber auch noch nie in einem Hospiz, aber ich habe schon mehrmals gehört, dass es dort wesentlich entspannter und fröhlicher zugeht als man sich das so vorstellt. Dort werden ja nur noch Symptome behandelt deshalb hat man dieses ganze unmenschliche Szenario, das man aus Intensivstationen und Überwachungsstationen kennt, nicht.
Vor was man Angst haben soll bei einem Hospiz verstehe ich allerdings gar nicht. Ja, dort sind todkranke Menschen untergebracht aber irgendwann werden ich das auch sein, wenn ich nicht vorher von einem Verrückten in die Luft gesprengt werde. Krankheit und Tot gehören zum Leben dazu und das ändert sich auch nicht wenn man diese Tatsachen verdrängt.
Wenn ich jemanden ewig nicht gesehen hätte würde ich mir aber auch überlegen, ob ein Besuch jetzt wirklich noch Sinn macht. Ich meine, das würde ich doch nur für mich machen, für mein gutes Gewissen, weil "man" das eben macht oder weil "man" das von mir erwartet oder was auch immer. Aber bei einem Besuch sollte es doch um den Besuchten gehen und deshalb würde ich wohl erst mal vorfühlen und schauen, ob die Schwester überhaupt Besuch haben möchte.
Ich kann das absolut nachvollziehen, dass man Angst hat jemanden so zu sehen und letztendlich auch so einen Ort aufzusuchen. Ich würde es aber dennoch machen. Es mag nicht gut aussehen, aber es gibt der Person vielleicht noch mal ein bisschen emotionale Stärke.
Es ist glaube ich einfach nicht schön, wenn man keinen Besuch mehr bekommt und alleine sterben muss. Es ist sicherlich schön, wenn man nochmal vorbei geht und Abschied nimmt. Es ist ja auch blöd, wenn man sich dann Vorwürfe macht, weil man nicht da war. Immerhin überlegt sie ja jetzt schon und das wird sicherlich nicht besser, wenn die Schwester verstorben ist. So kann man vielleicht auch miteinander abschließen.
Ich kann so eine Angst ehrlich gesagt nicht nachvollziehen und finde das auch nicht mehr normal. Da frage ich mich automatisch, in welcher unrealistischen Scheinwelt die Menschen denn leben, dass sie den Tod nicht akzeptieren wollen und eher verdrängen. Der Tod gehört aber nunmal zum Leben dazu. Daher finde ich, dass man sich da total anstellt, wenn man nicht hingeht. Ich hätte damit kein Problem und verstehe solche Gedanken auch gar nicht.
Einerseits kann ich verstehen, dass der Besuch an Orten, wo man mit Gevatter Tod auf Du und Du steht, vielen Leuten unangenehm ist und ihnen auch Angst macht. Manche betreten ums Verrecken kein Krankenhaus, andere finden Seniorenheime "bedrückend" und überlassen ihre Familienmitglieder dort mehr oder weniger ihrem Schicksal. Und ein Hospiz oder eine Palliativstation kann noch so positiv und "fröhlich" gestaltet sein, es wird dort doch mehr gestorben als anderswo.
Andererseits bin ich aber auch der Meinung, dass man sich als erwachsener Mensch auch mal über seinen Schatten springen und sich in die Lage der Betroffenen versetzen muss. Ich hasse Krankenhäuser auch wie die Pest, aber ich kann mit einem gewissen Stolz von mir sagen, dass ich kein Familienmitglied allein irgendwo habe vergammeln lassen, nur weil mir die "Atmosphäre" nicht zugesagt hat.
In diesem Fall kommt aber wahrscheinlich auch noch die Tatsache hinzu, dass der Kontakt zwischen den Betroffenen nie gut war und auch jahrelang kaum stattgefunden hat. Das macht es noch schwieriger, weil die tränenreichen Versöhnungen auf dem Sterbebett auch nur eine Erfindung Hollywoods sind und ich kann mir auch durchaus vorstellen, mit einem Menschen so zerstritten zu sein, dass ich mich überhaupt nicht mehr aufraffen kann, mit der Person in Kontakt zu treten. Man kann im Sterben liegen und dennoch ein ausgemachtes Scheusal sein.
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