Gebt ihr eure Lebenserfahrungen auch gern weiter?
Ich treffe immer wieder Leute, die älter sind als ich und die versuchen dann mit ihren Lebenserfahrungen einen von einem Vorhaben abzuhalten oder sie erzählen auch viel von ihren Lebenserfahrungen. Manchmal höre ich da auch gerne zu, aber manchmal nervt es doch sehr. Denn ich denke, dass ja jeder selber seine Lebenserfahrung machen muss.
Wie sieht das bei euch aus? Gebt ihr eure Lebenserfahrung gerne weiter oder haltet ihr euch da eher zurück?
Da gibt es zwei ziemlich unterschiedliche Bereiche. Das eine wäre konkrete Problemlösung aufgrund gemachter Erfahrungen, das kann einem öfter den Hintern retten, als man so denkt. Gutes Beispiel wäre z.B. die Warnung vor der fiesen Unterströmung in einem der hiesigen Stauseen. Wir wurden als Kinder alle von den Älteren vor gewarnt und waren daher vorbereitet, als es beim schwimmen urplötzlich eiskalt und schnell unter einem wurde. Oder harmloser: Wenn Oma sagt „Stell den Hefeteig nicht in den Durchzug“ ertönen da etliche Dekaden Backerfahrung, die gerne weitergegeben und angenommen werden.
Die andere Sache sind Berichte, die nur indirekt mit der Weitergabe von Erfahrungswerten haben. Die aber je nachdem wer sie weitergibt sehr unterhaltsam sein können. Immer wieder ein netter Anblick ist es, wenn eine gemischte Gruppe zusammen am Feuer hockt, die Jüngeren sich ihre ersten Biere ergattern und die Älteren „ einen Schwank aus der Jugend“ zum besten geben. Okay, auch daraus kann man lernen. Kletter nicht bei Dunkelheit auf einen Baum, wenn du nicht weißt wie du runterkommst. Kühle dein Bier nicht im Teich mit Moorzufluß, jedenfalls nicht ohne den Standort des Kastens zu markieren. Es ist keine gute Idee zu zeigen das man jetzt Automatik fährt, indem man ein Bein aus dem Fenster hält. Aber eigentlich lernt man daraus vor allem eines: Man kann eine Menge wildes Zeugs gut überstehen, wenn man sich nicht ganz dumm anstellt.
Und: Manchmal lässt es einen auch andere Leute ganz anders wahrnehmen, wenn man erfährt was ihrerseits die Altvorderen alles für wildes Zeug verbockt haben.
Soviel Lebenserfahrung habe ich noch nicht gesammelt, dass es sich lohnt, diese weiter zu geben. Es gibt genug Leute, die zehn Jahre jünger sind als ich und schon mehr erlebt und getan haben als ich in meinem durchschnittlichen Dasein. Auch in Sachen Haushalt und Kochen bin ich eine ziemliche Niete, die maximal vermitteln könnte, wie man es nicht macht. Ich neige statt dessen eher dazu, mit meinem Allgemeinwissen auszuhelfen, wenn mal wieder jemand den Unterschied zwischen Heu und Stroh nicht kennt oder Malaysia in der Karibik sucht.
Außerdem weiß ich ja aus meiner eigenen Lebenserfahrung heraus, dass jeder seine eigenen Erfahrungen machen muss und gerade junge Leute sich kaum von Anekdoten beeindrucken lassen, die aus der Zeit stammen, als es noch die D-Mark, dafür aber keine Handys gegeben hat. Viele Lebenserfahrungen werden ja auch obsolet, weil sich die Zeiten ändern. Außerdem setze ich auch auf den gesunden Menschenverstand meiner Mitmenschen und auf ihre Fähigkeit, aus den eigenen Fehlern zu lernen.
Es kommt ganz einfach auf den Bereich an. Ich stamme zum Beispiel aus einer Familie, wo akademische Bildung eher wenig verbreitet ist. Man kann sogar soweit gehen und behaupten, dass ich zu den wenigen Pionieren in dieser Hinsicht gehöre, wobei aber immer mehr Leute nachziehen.
Im letzten Jahr hat mein Cousin angefangen zu studieren und da habe ich ihm gerne mit meiner Lebenserfahrung weitergeholfen, was die Auswahl der Universität, Wohnungssuche, Klausurvorbereitung und Stundenplanerstellung sowie die finanzielle Komponente angeht. Warum sollte ich ihm da nicht helfen, wenn ich da einen gewissen Wissensvorsprung habe. So lange ist mein Studium auch nicht her, dass dieses Wissen als "veraltet" gelten könnte. Außerdem hat er selbst gezielt danach gefragt und wollte Rat haben.
Täubchen hat geschrieben:Es kommt ganz einfach auf den Bereich an.
Das sehe ich genauso. Lebenserfahrung hat ja nicht immer zwingend etwas mit dem Alter zu tun. Es gibt ja auch durchaus Menschen, die schon in jungen Jahren einiges erlebt haben und da so ihre Erfahrungen gemacht haben. Ich würde dann auch durchaus meine Erfahrungen mitteilen, wenn ich etwas beitragen könnte und gefragt würde. Allerdings auch nur dann, wenn ich wirklich schon selbst in der Situation war und auch weiß, wovon ich eben rede.
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