Sich mit Partner streiten und dann so tun als wäre nichts?

Meine beste Freundin hat mir erzählt, dass sie sich immer wieder mit ihrem Freund streitet. Sie bringt viel Verständnis für ihn auf, weil er es nicht leicht hat und viel mit sich herumtragen muss. Trotzdem soll er regelmäßig ausrasten und ihr wütende Nachrichten über soziale Netzwerke wie WhatsApp schreiben. Sie bietet ihn dann darum, dass Ganze persönlich zu klären, wenn die beiden sich wieder sehen. Darauf reagiert er nicht und bombardiert sie weiter mit Vorwürfen. Das hört dann plötzlich auf und wenn sie sich abends wieder sehen, dann ist alles gut. Er tut dann so, als wäre nichts gewesen, sodass sie ihn gar nicht ansprechen möchte.

Ich verstehe das Verhalten nicht, ich kann mir nur vorstellen, dass er in dem einen Moment fürchterlich ausrastet und dann wieder alles okay ist. Ich kann mir auch denken, dass er sich nicht so ganz traut, ihr so heftige Vorwürfe zu machen und es deshalb unpersönlich über WhatsApp macht. Meiner Meinung nach steckt da aber mehr hinter und sie sollte es unbedingt ansprechen, um eine Lösung zu finden.

Ist es normal, dass der Partner nach einem Streit so tut als wäre nichts gewesen? Wie kann man ihn darauf am besten ansprechen? Was sind die Ursachen für ein solches Verhalten?

Ich würde das einfach mal ansprechen, wenn man gerade keinen Streit hat. Vor allem würde ich aber auch klar machen, dass ich keine Lust habe immer der Blitzableiter meines Partners zu sein. So ein Verhalten kann ich absolut nicht verstehen. Er benimmt sich absolut daneben, Stress hin oder her, aber eine Beziehung sollte auch respektvoll geschehen und das ist hier nicht der Fall. Mit so einem würde ich nicht lange zusammen sein wollen. Am besten ist hier aber in einem ruhigen Moment das Gespräch zu suchen.

Für mich sieht es so aus, als würde der Partner ständig im Affekt ausflippen und seine Gefühle nicht kontrollieren können. Wenn dann später scheinbar alles wieder gut ist, dann bedeutet das ja auch, dass der Streitgrund nicht so schlimm gewesen sein kann und dass er es nicht wert war, sich dann später weiter darüber zu streiten. Im Grunde genommen wäre der Grund also gar keinen Streit wert gewesen.

Ich finde, dass man da aber auch unterscheiden muss. Ist er tatsächlich wegen einer Kleinigkeit ausgerastet, die es dann doch nicht wert ist, dass man die Thematik später noch einmal aufgreift? Oder liegt ihm das Thema tatsächlich am Herzen, er traut es sich aber nur nicht, das Thema dann persönlich anzusprechen oder hat keine Lust drauf? Dieser Frage würde ich zuerst auf den Grund gehen.

Ansprechen würde ich das Ganze aber so oder so. Man muss sich ja nicht ständig fertig machen, wobei ich diese Streitereien über soziale Netzwerke ohnehin immer extrem anstrengend, langwierig und meistens auch unnötig finde. Wenn man so nicht miteinander kommunizieren kann, weil man die Gestik und Mimik des Partners braucht, um Aussagen richtig deuten zu können, soll man sich eben nur noch klassisch SMS schreiben, wenn es denn wirklich wichtig und notwendig ist und sonst darauf verzichten, sich zu schreiben und zur Not auch eher mal telefonieren oder eben warten, bis man sich persönlich sieht.

Vielleicht gehört der Partner auch zu den Menschen, die einmal loswerden wollen, was sie zu sagen haben (ich weiß ja nicht inwiefern er die Vorwürfe wiederholt) und dann hinterher, wenn man sich trifft, schon alles gesagt worden ist und sie sich nicht noch einmal wiederholen wollen. Solche Menschen habe ich auch schon oft getroffen.

Jeder tickt da eben anders. Ich hätte ehrlich gesagt auch nicht das Bedürfnis, alles noch einmal zu klären, wenn meiner Ansicht nach alles gesagt worden ist, was gesagt werden musste. Aber da man nicht dabei gewesen ist und keine Details kennt, ist es schwer, sich entsprechend zu äußern.

Ich kann mich gut in deine Freundin hineinversetzen, da es mir in meiner Partnerschaft schon einmal ähnlich ging. In den ersten Jahren mit meinen Freund, war dieser auch absolut nicht in der Lage einen Streit richtig zu schlichten. Er hat mich zwar nicht bei WhatsApp beleidigt aber ist bei jeder Situation die ihm zu viel wurde gegangen. Danach tat er ebenso wie der Partner deiner Freundin so als wäre nichts gewesen.

Bei ihm kam das hauptsächlich daher, dass er als Kind Zuhause einfach nicht den Mund aufmachen durfte und wenn er es dann tat hatte er immer das Gefühl, dass seine Meinung nicht entscheidend ist. Auch was ich aus Erfahrungen von Freundinnen weiß, scheint die Art und Weise wie man mit Streitigkeiten umgeht, sehr stark von der Prägung im Kindesalter abzuhängen.

Wichtig finde ich auf jeden Fall, dass man dieses Problem offen anspricht und wenn es einen selbst schon belastet, dann auch dem Partner klar macht, dass es so nicht geht. Bei uns hat es insgesamt wirklich lange gedauert, bis mein Freund das wirklich verstanden hat und etwas ändern konnte. Besser wurde es erst als ich gesagt habe, dass ich mir eine Beziehung nicht vorstellen kann, wenn Streit nie wirklich gelöst wird.

Wir haben seither vereinbart, dass wir wirklich über alles sprechen was wir auf dem Herzen haben und versuchen den anderen nicht dafür zu verurteilen. Das ist am Anfang ziemlich schwer, gerade für den Partner der vorher den "Fluchtinstinkt" gezeigt hat. Allerdings haben wir recht schnell gemerkt, dass es unsere Beziehung harmonisiert.