Gewichtsverlust durch Krankheit als positiv ansehen?
Eine Tante von mir war früher sehr übergewichtig und hatte dadurch auch Probleme. Sie wollte es sich nie wirklich eingestehen, aber alle Probleme die sie mit dem Rücken und den Knien hatte, waren auf das Übergewicht zurückzuführen. Vor einiger Zeit ist diese dann sehr krank geworden und hat eine Zeit im Krankenhaus verbracht. Wir haben uns damals natürlich auch sehr um sie gesorgt und sie einige Male besucht.
Jetzt ist sie bereits einige Monate wieder auf den Beinen, ihr Appetit war aber zunächst noch sehr schlecht, weil sie Medikamente nehmen musste, die auf den Magen geschlagen haben. Dadurch hat sie ziemlich viel abgenommen. Ursprünglich wog sie um die 160 Kilo und inzwischen ist sie nur noch 80-90 kg schwer. Einige Menschen würden das bei ihrer Größe immer noch als pummelig bezeichnen, aber wenn man weiß, wie viel sie vorher gewogen hat, ist das natürlich schon ein Erfolg.
Es war dann auch so, dass meine Großmutter ihr Gewicht und ihre Figur gelobt hat und meinte Tante ist sehr sauer geworden. Sie hat vorher immer behauptet, sich mit ihrem Übergewicht wohl zu fühlen und nun meint sie, dass es unverschämt ist jemanden zu loben, der wegen einer Krankheit an Gewicht verloren hat. Meine Tante ist sicherlich ein Spezialfall, weil sie auf das Thema Gewicht wirklich sehr sensibel reagiert. Mich würde aber mal interessieren, wie ihr das so seht. Findet ihr das auch unverschämt jemandes Figur nach einem krankhaft bedingten Gewichtsverlust zu loben? Ist das kein positiver Nebenaspekt bei einem solchen Unglück? Wie würdet ihr das sehen und wie würdet ihr reagieren?
Ich hatte auch ungefähr 120 Kilo auf den Rippen und dann kam meine Magenschleimhaut- und Gallenblasenentzündung. Seitdem habe ich circa 30 Kilo abgenommen, auch weil ich die Ernährung umstellen musste und keine Lust hatte, mir die Gallenblase herausholen zu lassen. Eigentlich hat die Erkrankung mich dazu gebracht abzunehmen.
Ich denke, dass es immer darauf ankommt, wie wohl man sich in seiner Haut fühlt. Ich muss gestehen, dass ich mich deutlich besser fühle, seit ich weniger auf den Rippen habe und ich werde noch ein paar Kilo abnehmen. Auch das Lob, welches ich erhalten habe, kann ich gut leiden. Ich muss es nicht schlechtreden, es ist einfach so, dass ich etwas schmaler deutlich gesünder und vitaler wirke.
Wie es bei deiner Tante ist, kann ich nicht sagen. Aber wenn sie so viel abgenommen hat und wirklich schwer krank war, dann kann ich es irgendwie verstehen, wenn sie es nicht mag, wenn man sie auf die neue Figur anspricht. Vielleicht ist es für sie auch noch ungewohnt und belastend, schließlich lief die Gewichtsabnahme scheinbar sehr schnell ab.
Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde. Ich habe sehr schnell sehr viel abgenommen, die Nachwirkungen habe ich mit Sport noch begrenzt und deshalb ist es für mich nicht so schlimm, wenn man mich darauf anspricht. Andererseits ist es schon belastend, dass man schwer krank war und halt durch die Medikamente sehr viel abgenommen hat und ich kann es schon verstehen, dass man sensibel reagiert.
Man muss das Ganze schließlich auch psychisch verarbeiten und vielleicht ist deine Tante noch nicht soweit, dass sie sich wohlfühlt. Es hängt vom eigenen Wohlbefinden ab, dass man auch mit Komplimenten klarkommt oder nicht.
Ich denke, dass ich in dem Fall erst mal nichts zu dem Gewichtsverlust gesagt hätte. Im Normalfall freuen sich die Menschen darüber, wenn sie nach einer Gewichtsabnahme gelobt werden, aber wenn deine Tante vorher mit ihrem Übergewicht zufrieden war, dann kann ich mir denken, dass sie es nun nicht so toll findet, wenn man sie lobt, weil sie so toll an Gewicht verloren hat. Außerdem kann ich mir auch vorstellen, dass sie durch dieses Lob an die Krankheit erinnert wird, was ja sicher auch nicht gerade angenehm ist.
Ich hätte es im genannten Fall für wichtiger empfunden, wenn die Großmutter ihrer Tochter gezeigt hätte, wie glücklich sie ist, dass ihre Tochter gesund geworden ist. Denn eine scheinbar nicht ungefährliche Erkrankung war ja im Endeffekt der Auslöser der Gewichtsabnahme.
Ich habe direkt nach dem Auszug aus meinem Elternhaus innerhalb von einem halben Jahr dreißig Kilogramm abgenommen. Die man auch eindeutig sah. Irgendwie unterhielt ich mich in der elterlichen Wohnung mit meiner Mutter und meinte in dem Zusammenhang: Nein, dann nehme ich ja wieder zu. In einem halbwegs spöttischem Ton.
Mein Vater hat das irgendwie mitbekommen und kommentierte das nur kurz mit einem Bloß nicht!. Ich war damals Anfang 20 und es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich so was wie ein Lob von meinem Vater bekommen habe. Und es hat mich unheimlich verletzt. Denn es klang im Endeffekt auch raus, dass er mich nun wegen meines gesunkenen Gewichtes lieber hat. Ich habe mich ja sonst nicht verändert. Ok ich war eventuell ein wenig selbstbewusster, was aber für ihn eher von Nachteil war.
Es gibt eben Menschen, die in jeder Situation das Positive sehen. Das ist irgendwo auch bewundernswert meiner Ansicht nach. Ich finde eine positive Grundeinstellung durchaus erstrebenswert. Das ist mal was anderes als immer nur Vollzeit-Pessimisten, Nörgler, Jammerlappen und Miesepeter zu treffen und sich von denen die Stimmung versauen zu lassen. Ich würde mir daher bei einer Gewichtsabnahme durch eine Krankheit keine großen Gedanken machen, solange das eben nicht ausufert und man ins Untergewicht rutscht. Das allerdings nur bei Erwachsenen, bei Kindern oder Babys wäre ich da schon kritischer und vorsichtiger.
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