Funktionieren WGs mit Fremden besser als mit Freunden?

vom 22.09.2017, 11:42 Uhr

Als ich zum Studium ausgezogen bin, haben mir einige Leute gesagt, ich könnte ja in eine WG ziehen, weil das ja viel billiger wäre. Damals habe ich geantwortet, ich würde lieber alleine wohnen, oder ansonsten nur mit jemandem, den ich schon gut kenne. Interessanterweise gingen die Antworten dann eher in die Richtung, dass wohl WGs mit Fremden oft besser funktionieren, beim Zusammenziehen aber eine Freundschaft oft leidet.

Jetzt, ein Jahr später, habe ich tatsächlich eine WG - Mit meiner besten Freundin. Nach den paar Tagen ist es sicher noch zu früh, um generell zu sagen "Nö, klappt super", aber ich denke eigentlich nicht, dass es unserer Freundschaft groß schaden wird. Ich meine, die Begründung damals war, man könne ja eine Mitbewohnerin problemloser an Aufgaben und dergleichen erinnern, während das eine Freundschaft strapazieren würde.

Finde ich aber irgendwie quatschig. Ich habe kein Problem damit, auch eine Freundin mal daran zu erinnern, dass dies oder jenes noch gemacht werden soll, und auch keines, wenn ich es mal vergesse und dran erinnert werde. Entsprechend bin ich eigentlich sehr zuversichtlich, dass das zu zweit gut funktionieren wird.

Wie seht ihr das? Glaubt ihr, dass WGs mit Freunden eine schlechte Idee sind? Habt ihr eventuell selbst schon Erfahrungen in die eine oder die andere Richtung gemacht?

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich denke, dass das stark von der Person und dem Charakter abhängig ist, ob und mit wem eine WG-Konstellation funktioniert. Manchen fällt es bestimmt leichter, sich auf das Zusammenleben mit jemandem einzulassen, mit dem man schon ganz gut vertraut ist, als plötzlich vier Wände mit einer nahezu fremden Person zu teilen, die man vorher vielleicht zu ein, zwei Gesprächen und Treffen sieht. Andere sind da vielleicht aufgeschlossener und weniger skeptisch und sehen es sogar als Abenteuer und Chance zur Erweiterung des eigenen Freundeskreises, in eine unbekannte WG einzuziehen.

Auch muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass man jede Person (ob nun fremd oder befreundet) nochmal von einer anderen Seite kennenlernt, wenn man zusammenzieht. Da werden mitunter schlechte Eigenschaften, nervige Verhaltensweisen und private Macken sichtbar, die man so von der- oder demjenigen noch nicht kannte. In dieser Hinsicht kann ich mir vorstellen, dass eine WG mit einem gut befreundeten Menschen sogar komplizierter ist, weil man unter Umständen mit falschen Voraussetzungen und hohen Erwartungen an die Sache herangeht, sich alles perfekt und wundervoll harmonisch ausmalt und dann enttäuscht oder gekränkt ist, wenn sich der andere nicht so verhält, wie man es eigentlich von ihm kennt. Bei Fremden hat man da weniger Vorstellungen im Vorfeld und vielleicht auch eine gewisse Skepsis, sodass einen Konfliktsituationen oder Probleme nicht gleich völlig aus der Bahn werfen.

Schlussendlich lässt sich das aber nie vorhersehen, und ich denke, dass man einfach für sich selbst austesten und herausfinden muss, mit wem man kompatibel ist und ob man überhaupt als "WG-Mensch" taugt oder lieber eine Einzelwohnung bevorzugen sollte.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Ich würde tendenziell auch eher eine Wohngemeinschaft mit fremden Leuten als mit Freunden wählen. Das liegt daran, dass ich Angst vor Konflikten mit meinen Freunden habe, die in einer gemeinsamen Wohnung ja durchaus auftreten. Bei fremden Personen ist das nicht so schlimm und zudem lernt man sich dann auch mit diesen Konflikten kennen, weshalb sie weniger ins Gewicht fallen. Letztlich finde ich es auch interessant, neue Menschen kennenzulernen.

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» Synchro » Beiträge: 1641 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hängt das nicht eher davon ab, welche Ziele man verfolgt? Als ich studiert habe, habe ich gependelt, soll heißen, dass ich die Kurse so gelegt habe, dass ich lange Wochenenden hatte und auch die Arbeit habe ich so dazwischen gequetscht. Ich war faktisch nur zum Schlafen und teilweise zum Essen zu Hause, sonst war ich immer auf Achse. Dementsprechend hätte ich kein Interesse daran gehabt, eine "richtige" WG zu haben, wo man sich auch regelmäßig sieht, Zeit miteinander verbringt und sich kennenlernt und vielleicht sogar anfreundet. Da wäre für mich eine reine Zweck-WG perfekt gewesen, wenn ich nicht schon alleine gewohnt hätte.

Ich könnte mir da vorstellen, dass die Freundschaft unter Umständen schon darunter leiden könnte, wenn man faktisch nie zu Hause ist und möglichst viel Zeit woanders verbringt und die Wohnung nur als Schlafplatz betrachtet. Aber wenn man andere Ziele und Prioritäten hat und nicht einen anderen Lebensmittelpunkt hat, könnte das möglicherweise funktionieren.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Auf Dauer gesehen funktioniert eine WG mit Fremden vermutlich im Mittel besser als mit Freunden. Ich weiß gar nicht, wie oft ich es schon gehört habe, dass die Freundschaften dann den Bach runtergegangen sind, wir hatten ja auch hier im Forum schon entsprechende Threads. Zusammenwohnen ist sowieso schon anstrengend, wenn man diese Vereinbarung aber vorher auch noch emotional unbewusst mit vielen Wünschen und Vorstellungen überfrachtet, ist das Chaos und die Enttäuschung hinterher doch vorprogrammiert.

Am Anfang, die ersten Tage und Wochen, ist sicher noch alles toll und man verspricht sich viel Spaß, Party, Zusammensein und Vertrautheit bis sich dann die ersten Differenzen einschleichen und man Dinge feststellt, die man vorher vom anderen so nicht kannte oder anders eingeordnet hat. Selbst wenn man relativ identische Vorstellungen über den Zustand einer Wohnung hat, bleibt immer noch das Problem der Abgrenzung. Bei Fremden kann man sich leichter in seinem Zimmer zurückziehen als bei der Freundin, die vielleicht Ansprüche stellt.

Außerdem sieht man beim Zusammenleben die Macken des anderen wie durch ein Brennglas. Die niedliche Verpeiltheit wird dann als rücksichtsloser Egoismus gesehen, die Unordnung zur nicht zu ertragenden Schlampigkeit, der nie aufhörende Redefluss, der sonst unterhaltsam war zu enervierend bohrendem Gelaber. Damit muss man dann erstmal umgehen lernen. Aber sicher gibt es auch viele Konstellationen, wo es doch geklappt hat, ich habe nur gerade die negativen vor Auge.

» Verbena » Beiträge: 4940 » Talkpoints: 1,49 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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