Fällt nur Europäern das Warten so schwer?

vom 02.04.2018, 06:02 Uhr

Angeblich sollen Europäer sich besonders schwer damit tun, in einer Warteschlange anzustehen und eben zu warten. So sollen verschiedene Studien (unter anderem das Marshmallow-Experiment) gezeigt haben, dass alles besser ist als zu warten, selbst wenn man dadurch Umwege in Kauf nehmen müsste und im Endeffekt keinen Zeitvorteil dadurch hat.

Ich persönlich tue mich je nach Situation sehr schwer mit Warten. Soll heißen, dass ich im Wartezimmer damit keine Probleme habe, aber sobald es darum geht, von A nach B zu kommen kann ich nur sehr schlecht warten und nehme dann lieber Umwege in Kauf. Angeblich sollen die Europäer ja besonders große Probleme mit dem Warten haben, aber das kann ich mir nicht wirklich vorstellen, da ich auch Asiaten kenne, bei denen das so ist.

Wie seht ihr das? Fällt nur den Europäern das Warten so schwer oder ist das Quatsch? In welchen Situationen könnt ihr sehr gut warten und wo werdet ihr eher ungeduldig? Nehmt ihr gerne Umwege in Kauf, damit ihr nicht rumsitzen und warten müsst oder harrt ihr so lange aus bis es weiter geht?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



"Ich kenne auch Leute, bei denen das nicht so ist!" ist kein Argument, mit dem man Statistiken widerlegen kann, aber das nur am Rande. Ich selber wiederum kenne nur Europäer im weitesten Sinne, und diese decken die Gesamtbreite von mäßiger Engelsgeduld bis "Dreht am Rad, wenn der Zug drei Minuten Verspätung hat" ab. Ich würde vermuten, dass es zwar kulturelle Einflüsse auf die Tugend der Geduld beim Menschen gibt, aber dass wie so oft auch die Erziehung und die Veranlagung dabei eine Rolle spielen. Auch die allgemeinen Lebensumstände sind hier meines Erachtens nicht zu unterschätzen

Wenn man beispielsweise in einer Gegend wohnt, wo zweimal pro Woche ein Bus in die nächste Stadt fährt, die Straßen die Hälfte der Zeit dennoch unpassierbar sind und man daher nie sagen kann, ob man zu Fuß drei Tagesmärsche zurückwandern muss, ist es eher unwahrscheinlich, dass jemand an der Bushaltestelle schon das Zetern anfängt, wenn sich die Verspätung im Minutenbereich bewegt. Und solche Lebensumstände gibt es in Europa glücklicherweise eher selten.

Oder auch wenn man einen Beruf hat, der von der Natur stark abhängig ist, sprich, sein Maisfeld erst bebauen kann, wenn die Regenzeit angefangen hat, oder die Kuh kalbt, wenn die Tragzeit zu Ende ist, hat man natürlich eine andere Lebenseinstellung als jemand, der von klein auf von einem Termin zum anderen hetzt und sein Leben in 45-Minuten-Abschnitten herunterspult.

Ich würde es daher nicht unbedingt als positiv ansehen, wenn Leute in anderen Ländern und Kulturen gelernt haben, zu warten, weil ihr Leben eben nach einem bestimmten Rhythmus verläuft, weil es diesen Mitmenschen vielleicht anders auch lieber wäre. Aber ich glaube durchaus auch, dass es in unserer schnelllebigen Gegend genug Leute mit Geduld gibt. Sie fallen nur einfach nicht so auf.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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