Forscher Schuld an Entdeckungen, die missbraucht werden?

Im Bekanntenkreis gab es neulich eine Diskussion über wissenschaftliche Entdeckungen. Anlass war die bevorstehende Umbenennung des Fritz-Haber Instituts in Bremen. Haber hat das Senfgas erfunden und ist daher so gesehen Schuld am Tod vieler Menschen. Es stellt sich aber nun die Frage, ob man Wissenschaftlern pauschal immer die Schuld daran geben kann, wenn sie etwas entdecken, was später missbraucht wird.

Viele Wissenschaftler haben zur Zeit der Entdeckung ja auch nicht gewusst, dass ihre Entdeckung zur Problemen führen könnte. Als die Industrialisierung begann und diverse Verbrennungsmotoren entwickelt wurden, hätte man auch nicht gedacht, dass das für das Klima schädlich sein könnte. Deswegen kann man den Entwicklern solcher Motoren nicht die Schuld daran geben.

Wie seht ihr das, neigt ihr auch dazu Wissenschaftlern die Schuld zu geben, wenn deren Entdeckungen missbraucht worden sind? Oder liegt die Verantwortung da nicht auch ein Stück weit bei jedem Menschen?

Ich persönlich würde einem Forscher nicht die Schuld geben, wenn seine Entdeckung missbraucht wird. Vor allem wenn eine Entdeckung ursprünglich für friedliche Zwecke gedacht war, kann man dem Forscher nicht als Sündenbock hinstellen.

Im Prinzip kann jeder Gegenstand für gute oder böse Zwecke eingesetzt werden. Mit einem Kochlöffel zum Beispiel kann man ein leckeres Essen zubereiten oder andere damit schlagen. Sollte man deswegen dem Erfinder des Kochlöffels zur Verantwortung ziehen? Das ist offensichtlich absurd.

Das Problem ist meiner Meinung nicht, dass es Forscher bzw. Erfinder gibt, die mit ihren Erkenntnissen auch Missbrauch ermöglichen. Das Problem sind die Menschen, die böse Absichten haben. Solche Menschen werden früher oder später leider einen Weg finden, um ihre Absichten zu verwirklichen.

Ich glaube, dass es ein Unterschied ist, zu welchem Zweck geforscht und erfunden wurde. Bei einem Kochlöffel oder Messer kann man kaum jemand einen Vorwurf machen, denn das Gerät oder die Erfindung hatte ursprünglich einen ganz normalen und nicht verwerflichen Zweck.

Aber wurde Senfgas erst für den zivilen Einsatz in Friedenszeiten entwickelt? Das ist mir zumindest nicht bekannt. Von daher kann man schon nach der Verantwortung bei den Forschern suchen, wenn das tatsächlich so ist.

Ebenso wie man sicher fragen kann, ob es ethisch ist, wenn jemand bei einem Waffenhersteller arbeitet, um ein effektiveres Maschinengewehr oder eine noch stärkere Atombombe oder Napalmbombe zu entwickeln oder eine tückische neue Landmine. Denn solche Dinge verfolgen eindeutig einen Zweck und da kann kein Forscher sagen, er hätte nicht gewusst, wofür das dienen werde.

Schwierig wird die Beurteilung dann, wenn etwas aus ziviler Nutzung umgewidmet wird und dann erst eine tragische Rolle in der Geschichte spielt. Das Zyklon B war wohl ursprünglich nur ein Mittel zur Schädlingsbekämpfung von Insekten und wurde dafür angewandt. Ist daher den eigentlichen Erfindern ein Vorwurf zu machen? Fraglich finde ich das schon.

Wem man aber auf jeden Fall moralische Vorwürfe machen kann das ist der oder das sind diejenigen, die auf die Idee kamen, das Mittel, das gegen Insekten eingesetzt werden sollte, gegen Menschen zu verwenden.

Das finde ich ehrlich gesagt albern. Manche Entdeckungen waren ja auch eher zufällig, wie zum Beispiel das Penicillin. Man kann doch nicht immer wissen, was man entdecken wird und vor allen Dingen auf was für Ideen die Menschen kommen werden. Daher finde ich nicht, dass die Forscher Schuld daran sind, wenn ihre Entdeckungen missbraucht werden. So eine Aussage ist für mich nicht ganz durchdacht und viel zu stark vereinfacht. Jemand, der das wirklich denkt, hat doch die Zusammenhänge und Hintergründe nicht wirklich verstanden.