Nicht gut für Psyche, immer nur positiv zu denken?
Es wird einem ja immer gesagt, dass man positiv denken soll, egal wie schlecht es einem geht. Man soll nie den Mut und die Hoffnung verlieren und positiv in die Zukunft blicken. Gerade bei sehr schlimmen Krankheiten soll das wichtig sein, auch wenn es schwer ist. So ist wohl sich die Heilungschance größer.
Nun habe ich aber wiederum öfter gehört, dass es nicht immer so gut ist, positiv zu denken und alle negativen Gedanken von sich wegzuschieben. Es soll wichtig sein, sich auch mit negativen Gedanken und vielleicht auch einem möglichen Tod auseinanderzusetzen. Außerdem ist es wichtig, sich einfach mal auszuweinen, wenn es einem schlecht geht. So soll man auch ausgeglichener sein.
Findet ihr es wichtig, nicht immer nur positiv zu denken und sich auch mal mit möglichen negativen Gedanken auseinanderzusetzen? Oder meint ihr, dass es nie schlecht sein kann, optimistisch und voller Hoffnung durchs Leben zu gehen?
Ich finde hier sollte man schon differenzieren und Optimismus hat für mich nichts mit falschen Hoffnungen zu tun, ich würde hier klar unterscheiden. Natürlich kann man einen Knacks weg bekommen, wenn man sich einredet, dass der Tod nur eine Illusion ist und man theoretisch ewig leben kann und dann plötzlich ein Angehöriger von Krebs oder einem Unfall weg gerafft wird. Aber das hat für mich nichts mit Optimismus zu tun, sondern eher mit falschen Hoffnungen und einer unrealistischen, weltfremden Denkweise und dass das letztgenannte nicht gut für die Psyche ist, gerade wenn man dann von der Realität eingeholt wird, sollte logisch und nachvollziehbar sein.
Der Tod ist sehr viel wahrscheinlicher als nur "möglich", aber das nur nebenbei. Nach allem was ich weiß, handelt es sich bei dem Schlagwort "positiv denken" um einen relativ neuen Trend aus der populären Psychologie, der vor allem zahllose Selbsthilfebücher, wie sie vor allem in den USA, aber in zunehmendem Maße auch bei uns populär sind, hervorgebracht hat. Mittlerweile haben Forschungen herausgefunden, dass es beileibe nicht nur Vorteile hat, immer optimistisch und voller Hoffnung durchs Leben zu tappen und sich zu sagen, dass alles gut wird und garantiert nichts Schlimmes passieren kann.
Beispielsweise hat man in einem Experiment mit Studierenden festgestellt, dass sich gerade diejenigen, die besonders positiv und optimistisch eingestellt waren, bei der späteren Rückfrage Probleme beim Berufseinstieg hatten und statistisch gesehen weniger Jobangebote und weniger Einkommen zu verzeichnen hatten als ihre weniger sonnig eingestellten KommilitonInnen.
Es ist ja auch nur logisch: Wer immer darauf vertraut, dass ihm schon alles in den Schoß fällt, strengt sich weniger an, und wer sich hartnäckig einredet, auch einen Schicksalsschlag problemlos wegstecken zu können, für den ist der Schock umso größer, wenn es mal wirklich hart auf hart kommt und eben nicht alles schnell wieder gut ist.
Ich selber würde niemanden seinen Optimismus ausreden wollen, da es ja tatsächlich oft genug nicht so schlimm kommt, wie man befürchtet. Andererseits halte ich positives Denken auch mitnichten für ein Allheilmittel, das es einem ermöglicht, ohne Stress, Kummer und Sorgen durchs Leben zu segeln. In jedem Fall ist es anstrengend, zu versuchen, negative Gedanken immer zu verdrängen, und ich kann mir auch vorstellen, dass psychische Probleme das Resultat sein können, wenn man sich immer einredet, niemals einen schwarzen Gedanken oder einen Moment der Hoffnungslosigkeit haben zu "dürfen".
Ich bin durchaus eine Freundin davon, positiv in den Tag zu starten. Doch man muss differenzieren, ob ich etwas hoffe oder es bereits durch mein positives Denken voraussetze. Mir fallen keine Jobs in den Schoss, aber wenn ich so positiv gestimmt bin, dass ich der Meinung bin, ach das wird schon, dann wundert mich die Studie, die Gerbera erwähnt hat nicht. Klingt ja auch einleuchtend.
Man sollte schon positiv denken, um das eigene Wohlbefinden zu steigern. Man sagt ja auch, dass dies wirklich wie Balsam für die Seele sei. Ich habe, trotz schwerer Schicksalsschläge, nie schlechte Laune. Ich denke mir immer, wenn ich damit meinen Tag vergeude, dann hat sich morgen trotzdem an der aktuellen Situation nichts geändert, sodass ich wenigstens trotzdem gut drauf bin. Natürlich ist einem manchmal wenig nach Lachen zumute, aber ich kriege es ohne biegen und brechen hin, weil ich ein recht fröhlicher Mensch bin.
Mit dem Tod auseinandersetzen hat gar keinen Sinn. Meine Tante und alle, die verstorben sind, haben sich vorher immer darüber Gedanken gemacht. Als es dann passiert ist, war es für sie auch weiterhin nicht einfach zu wissen, dass sie jeden Tag sterben könnten. Das hat nichts mit positivem Denken zu tun. Jeder weiß, dass der Tag kommt, aber damit zufrieden geben, kann man sich selbst dann nicht, wenn man im Sterben liegt.
Trotzdem finde ich es gut, dass Menschen noch hoffen und positiv denken können. Das gibt es immer weniger, was natürlich auch das Wohlbefinden durchaus beeinflussen kann.
Ich denke auch, dass man es hier durchaus unterscheiden muss. Jemand der eigentlich optimistisch ist und der mit einer guten Laune in den Tag startet ist damit sicherlich nicht gemeint. Denn das sagt nichts darüber aus, ob dieser nicht doch im laufe des Tages sich auch einmal ausweint oder negative Gedanken hat, auch wenn er zunächst an das positive glaubt.
Eher ist damit die Sorte Mensch gemeint die alles in den Himmel lobt. Nehmen wir an, dass der Onkel gestorben ist und man erwartet eigentlich, dass die Person darüber traurig ist. Aber dennoch grinst diese die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd, versteckt die eigenen Gefühle und gewinnt dem ganzen nur positive Dinge ab wie z.B. das dicke Erbe was nun ins Haus steht. Somit werden die negativen Gedanken verdrängt, sind aber dennoch vorhanden.
Jeder Mensch hat sozusagen zwei Eimer in sich. Einen für die positiven Dinge im Leben und einer für die negativen. Wenn diese Eimer aus dem Ungleichgewicht kommen, dann steckt man schon mitten drin. Ist der negative Eimer voll, dann kommen Depressionen, Ängste, Suizid und solche Dinge. Ist der positive Eimer voll, dann kommt es eher zu anderen Schizophrenen Handlungen die das Umfeld nicht mehr nachvollziehen kann, einfach weil man sich nie seinen Ängsten und den negativen Sachen gestellt hat. Nicht selten kann so etwas auch der direkte Weg in die Psychose sein.
Ein gesundes Mittelmaß ist hier sicherlich der beste Weg. Ich denke, dass die meisten Menschen auch nicht ständig nur positive Gedanken haben können. Aber es kann sicherlich durchaus mal vorkommen, dass man wieder lernen muss, positive oder negative Gedanken zu haben und zuzulassen. Für die Psyche sind sicher beide Extreme schädlich. Da finde ich den Vergleich mit den Eimern schon recht passend. Generell ist es ja nicht falsch, aus vielem noch etwas Positives zu ziehen, aber das ist eben nicht immer möglich.
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