Mittelschicht - Kann man sich Musikunterricht noch leisten?

Eine Bekannte von mir verdient mit ihrem Mann so viel, dass sie laut Statistik zu der Mittelschicht gehört. Sie ist da auch nicht unbedingt dem unteren Rand zuzuordnen. Dennoch können die beiden sich für die Tochter keinen Musikunterricht leisten. Sie haben ein Haus und ein Auto ab zu bezahlen und letztens sind Schäden am Dach entdeckt worden, die nun kostenaufwendig repariert werden müssen.

Geld für den Musikunterricht der Tochter ist daher nicht drin. Eine Zeit lang haben die Großeltern gezahlt, doch nun ist der Opa verstorben und die Oma im Pflegeheim. Die Tochter wird daher keinen Musikunterricht mehr bekommen. Meine Bekannte hat deswegen sehr geschimpft und ist der Meinung, dass das bei Familien in der Mittelschicht eigentlich nicht passieren sollte. Wie seht ihr das? Ist es üblich, dass man sich heute in der Mittelschicht keinen Musikunterricht mehr leisten kann?

Es ist doch einfach mal die Frage was man verdient und was man sich finanziell auferlegt hat. Wenn man ein Haus gekauft hat, ein Auto hat und dann noch Reparaturen anstehen ist schon klar, dass man sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, aber dann sollte man so etwas auch vorher berechnen. Musikunterricht kostet einfach mal nicht die Welt und wenn man keine Polster hat, wenn man ein Haus gekauft hat, dann ist das einfach mal dämlich. Da kann einem jede kaputte Waschmaschine die Existenz kosten.

Ich finde durchaus, dass man sich ein Hobby für das Kind leisten muss. Kinder können sich das selber ja nicht finanzieren und man sollte ihnen schon etwas ermöglichen. Gerade, wenn das Kind das schon länger macht, hätte man das einfach mal berechnen müssen. Man sollte sich nicht alles schön reden, sondern auch mal schlechte Fälle durchrechnen und dann klappt es auch mit den Hobbys der Kinder. Notfalls muss man selber vielleicht auch mal verzichten, aber mein Kind wäre mir das wert.

Was verstehst du unter "Musikunterricht"? Wenn es nur darum geht ein Instrument zu lernen gibt es doch viele Möglichkeiten, die sich finanziell wirklich im Rahmen halten. Hier gibt es von den Schulen zum Beispiel verschiedene Musik AGs am Nachmittag, für die die Eltern soweit ich weiß gar nichts bezahlen müssen. Dann gibt es diverse Musikvereine und die Angebote der Musikschule sind jetzt auch nicht extrem teuer.

Wenn man für das Töchterchen allerdings Einzelunterricht mit einem privaten Lehrer haben will wird es sicher schnell teurer. Zumal man in diesen Fällen wahrscheinlich auch das Instrument selber stellen muss und nicht wie in einem Verein erst mal leihen kann.

Crispin hat geschrieben:Sie haben ein Haus und ein Auto ab zu bezahlen und letztens sind Schäden am Dach entdeckt worden, die nun kostenaufwendig repariert werden müssen.

Cloudy24 hat geschrieben:Wenn man für das Töchterchen allerdings Einzelunterricht mit einem privaten Lehrer haben will wird es sicher schnell teurer. Zumal man in diesen Fällen wahrscheinlich auch das Instrument selber stellen muss und nicht wie in einem Verein erst mal leihen kann.

StarChild hat geschrieben:Das sie sich den Musikunterricht für die Tochter nicht leisten können, hat nichts damit zu tun, das sie in der Mittelschicht anzuordnen sind, sondern in einer Fehlkalkulation die wohl schon Jahre zurück liegt und auch darin, das man nicht alles haben kann und das wenn man eben einige Dinge auf Kredit kauft und nicht an die Zukunft denkt.

An sich könnten sie sich den Musikunterricht sicher leisten, allerdings setzen sie scheinbar ihre Prioritäten anders, so dass ihnen Haus und Auto wichtiger sind und sie die beiden Sachen schnell abbezahlen wollen. Wenn man an einer Ecke spart, kann man ja an einer anderen wieder mehr ausgeben und umgekehrt. Es kommt ja immer darauf an, wie viel Geld man wofür ausgibt.

Musikunterricht ist ja auch nicht Musikunterricht, es kommt ja auch immer darauf an ob man das in einer Gruppe macht oder einzeln und um welches Instrument es sich handelt. Blockflöte in einer Gruppe zu spielen ist mit Sicherheit günstiger, als Einzelunterricht im Klavier zu haben, vor allem dann, wenn sich das Kind dann auch noch irgendwann ein eigenes Klavier wünscht.

Im Grunde ist es doch einfach nur eine Frage der Ausgaben und der Einnahmenseite, ob man sich Musikunterricht leisten kann und nicht in welcher Schicht man lebt. Sicher sollte es mit höherem Einkommen etwas einfacher sein, sich gewisse Dinge leisten zu können. Aber wenn die Fixkosten in die Höhe getrieben werden, dann bringt unter Umständen auch die Oberschicht nichts und man kann sich kleine Dinge nicht mehr leisten.

Wenn ich mir anschaue, wer sich heutzutage, sicher auch dank vermeintlich günstiger Kredite, alles so ein Haus baut, frage ich mich oftmals schon, wie das finanziell so funktionieren soll. Aber wenn man sich dann eben auch anschaut, wie da teilweise gebaut wird, sieht man eben schnell, dass da Kalkulationen auf Kante genäht werden, billigere Lösungen genommen werden, vieles mehr oder weniger gut selbst gemacht wird und wohl eben nicht viel Geld über ist.

Das will ich auch gar nicht schlecht reden, nicht jeder kann sich halt für alles eine Firma leisten oder alle Dinge ohne Abstriche kaufen. Dann sollte man sich aber eben fragen, ob das jetzt unbedingt so sein muss und dann eben auch damit leben, dass vielleicht auch mal keine 20 oder 30 Euro für den Musikunterricht über sind oder ob man vielleicht auch erstmal ohne eigenes Haus auskommt.

Ich verdiene denke ich schon ganz ordentlich, aber trotzdem schwimme ich nicht im Geld. Das hat aber eher weniger damit zu tun, dass alles furchtbar schlimm ist und ich mir nichts leisten kann, sondern, dass ich eben auch viel Geld für bestimmte Sachen ausgebe, die nicht zwingend sein müssten. Aber das kann ich doch jetzt niemand anderes vorwerfen.