Wann nervende Kollegen bei Chef anschwärzen?

Bei uns im Unternehmen haben wir seit Anfang des Monats eine neue Direktorin. Diese ist sehr oft im Unternehmen präsent und schaut oft nach dem rechten. Ihr Vorgänger war da anders. Jedenfalls haben wir auch eine Kollegin, die sehr oft nervt. Sie betont ständig, dass sie überlastet wäre und wie viel Stress sie doch hätte und versucht dann ihre Aufgaben auf alle anderen Kollegen umzuwälzen, damit sie weniger zu tun hat. Dabei wird aber gerne übersehen, dass wir anderen selbst genug zu tun haben und auch noch Deadlines einhalten müssen. Das ist ihr aber egal.

Dann ist es noch so, dass sie immer verlangt, dass man sie anschaut und nicht nebenbei mit Arbeit beschäftigt ist (damit sie trotz Gelaber fertig wird) und sich voll und ganz auf sie konzentriert, wenn sie redet. Da sie sich auch noch ständig wiederholt und sich nicht gerade kurz fassen kann, schafft man auf diese Weise natürlich deutlich weniger als sonst.

Nun meinte eine Kollegin aus dem Sekretariat, dass sie schon überlegt hätte, besagte jammernde Kollegin bei der neuen Chefin anzuschwärzen, damit sich endlich mal etwas ändert. Ich weiß nicht, was ich von dieser Idee halten soll, sehe das aber eher mit Skepsis, von wegen Kameradenschwein. Wie seht ihr das? Wann würdet ihr eine nervende Kollegin bei der Chefin anschwärzen? Oder haltet ihr das für wenig sinnvoll?

Man sieht als Chef doch das Ergebnis und wenn einer deutlich weniger als die Kollegen leistet kann man das in der Regel auch nicht einfach vertuschen oder verstecken. Das fällt dann schon irgendwann auf und dann wird der Chef auch Maßnahmen einleiten, damit er seine Arbeit auch getan bekommt und nicht umsonst Geld ausgibt für jemanden, der weniger leistet und das für dasselbe Geld. Anschwärzen finde ich nicht gut, vielleicht mal das Gespräch suchen mit der betreffenden Person selber, aber anschwärzen finde ich nicht fair.

Ich sehe die Sache hier von zwei Seiten: Einerseits finde ich, dass man sich endlich von der Vorstellung des "Petzens" oder Anschwärzens verabschieden sollte, wenn es um die Arbeitsleistung im Job geht, andererseits muss man sich auch gut überlegen, wie man strategisch vorgeht und den ganzen zwischenmenschlichen Kleinkram eher beiseite lassen.

Sprich: Wenn man nachweisen kann, selber mit der Arbeit nicht voranzukommen, weil man an Datum X von - bis (Uhrzeit) die Aufgabe von Kollegin Y übernehmen musste, oder auch von - bis durch Privatgespräche in seiner Konzentration gestört wurde, hat das nichts mit "anschwärzen" zu tun, wenn man bei einem vernünftigen Vorgesetzten deswegen um Rat fragt. Schließlich bekommt man ja auch selber den Ärger, wenn man seine Leistung nicht bringen kann, und in Verlängerung kann sogar der Chef noch eins auf den Deckel kriegen, wenn seine Abteilung offensichtlich nur zickt und stümpert und nichts auf die Reihe kriegt.

Schwieriger wird es mit den zwischenmenschlichen Problemen, bei denen es so oft heißt, dass eben unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinander prallen, obwohl sonnenklar ist, dass mindestens eine "Persönlichkeit" eine blöde Kuh ist. Hier mischen sich Chefs meiner Erfahrung nach nur ungern ein, weil das schließlich auch Zeit und Ressourcen kostet und am Ende meistens eine weint oder krank wird oder Aussage gegen Aussage steht.

Hier hilft in meinen Augen nur Konsequenz, sprich sich nichts gefallen zu lassen und den Kontakt rein beruflich zu halten. In meinem Fall hat es auch gewirkt, scheinbar im Spaß nebenbei zu erwähnen, dass die "Schauen Sie mich an, wenn ich mit Ihnen spreche"-Kollegin es offensichtlich am liebsten hätte, wenn man sich rückwärts gehend entfernt wie beim Sonnenkönig, hahaha. Ein guter Chef oder eine Chefin versteht die Botschaft schon.