Ausbildung abbrechen oder bis zum bitteren Ende weiterführen

vom 03.09.2012, 11:36 Uhr

Deine Freundin hat nur noch ein Jahr vor sich und hat erst jetzt die vor, ihren Gedanken in die Tat umzusetzen und sich einen anderen Beruf auszusuchen? Ich kenne mich jetzt auch nicht in diesem Berufsfeld aus, aber für mich hört sich dies nach einem normalen kaufmännischen Beruf an, der in der Regel in der Ausbildungszeit drei Jahre beträgt? Hier hätte sie also schon zwei volle Jahre absolviert und befindet sich jetzt im letzten Jahr? Sie hat die Zwischenprüfungen schon bestanden und würde bald ihre Abschlussprüfung in Angriff nehmen?

Wenn ich ganz ehrlich bin, dann kann ich die Eltern deiner Freundin hier schon ein bisschen verstehen. Ich selbst finde es ja in Ordnung, wenn man erkennt, dass der Beruf einem nicht zusagt, dass man sich dann anderweitig orientiert. Aber wenn ich jetzt schon ganze zwei Jahre diese Schiene gefahren bin, dann kommt mir dies etwas zu spät daher. Als Elternteil würde ich dann hier auch mehr als nur verwundert reagieren und versuchen, meine Tochter zu ermutigen, die Ausbildung erst mal zu beenden. Zum einen kann man sicherlich sagen, dass es sich nicht lohnt, wenn man sich zukünftig eh wo anders sieht. Auf der anderen Seite kann man es aber auch so sehen und sich sagen, dass man ruhig noch ein Jahr überstehen wird - Dann hat man wenigstens einen gelernten Beruf in der Hand und kann etwas vorweisen.

Wenn man einen Beruf erlernt hat heißt dies ja nicht automatisch, dass man diesen auch später ausübt. Die Schiene wird zwar in etwa die gleiche sein, aber grade im kaufmännischen Bereich gibt es ja viele Möglichkeiten bis hin zum Studium. Hier kann man sich doch auch nach der bestandenen Ausbildung noch weiter Fortbilden oder anderweitig orientieren. Ich würde daher jetzt wirklich noch die Zähne zusammen beißen und das letzte Jahr auch noch durchziehen.

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich kann hier beide Seiten gut verstehen. Wenn man schon zwei Jahre in der Ausbildung durchgehalten hat, dann sehe ich es wie die meisten hier, dass man dann die Ausbildung auch zu Ende bringen sollte. Deswegen verstehe ich die Eltern deiner Freundin auch, die das gerne so sehen würden. Wenn es allerdings so ist, dass die Chancen deiner Freundin, die Abschlussprüfung zu schaffen, so gering sind, motiviert das natürlich nicht wirklich, die Ausbildung noch weiter zu machen.

Ich hatte bei meiner Ausbildung ziemlich am Anfang auch eine Zeit, in der ich mich überfordert gefühlt habe und am liebsten aufgehört hätte. Nachdem ich aber diese Phase überwunden hatte, habe ich mich in der Ausbildung sehr wohl gefühlt. Deswegen würde ich nicht unbedingt sagen, dass es am Anfang der Ausbildung noch besser ist, die Ausbildung abzubrechen. Oftmals weiß man dann noch gar nicht richtig, was einen später erwartet. Zumindest war es bei mir in meiner schulischen Ausbildung so.

An der Stelle deiner Freundin würde ich es davon abhängig machen, ob sie einen anderen Ausbildungsplatz in einem ihrer gewünschten Berufe findet. Wenn sie da eine Stelle bekommen würde, dann würde ich auch dorthin wechseln, anstatt die Ausbildung weiter zu machen, die ihr keine Freunde bereitet. Wenn sie aber keine Ausweichmöglichkeit findet, würde ich die Ausbildung zu Ende bringen und mich richtig hinein hängen, damit die Abschlussprüfung auch geschafft wird.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Du redet davon, als wäre das irgendwie normal und alltäglich, dabei finde ich das ehrlich gesagt eigentlich nicht. Wenn man sich einen Ausbildungsberuf auswählt, dann sollte man sich vorher auch eingehend darüber informieren und vielleicht auch ein Praktikum in den Sommerferien machen oder so und es nicht einfach auf sich zukommen lassen und sich womöglich auch noch irgendwie beliebig bewerben. Ich denke, wenn man ein bis zwei Praktika hinter sich hat und auch ein bisschen was über den Beruf weiß, dann kann es eigentlich gar nicht passieren, dass man nach einigen Wochen oder Monaten merkt, dass der Job an sich nicht so toll ist und man sich ''vergriffen'' hat.

Bei deiner Freundin merkt man das sehr gut, irgendwie ist es ja schon merkwürdig, dass man sich einen solchen Ausbildungsberuf aussucht, ohne dass einem bewusst ist, dass die Arbeit eben hauptsächlich im Büro stattfindet, was einem dann scheinbar aber nicht liegt. Dazu kommt dann eben noch die Tatsache, dass sie die Ausbildung scheinbar schon zwei Jahre lang macht, dass ist ein bisschen lange und es fällt ihr da scheinbar doch recht spät ein, dass es ihr wohl nicht gefällt.

Es ist also auch so eine Sache zu sagen, dass das restliche Jahr nur Quälerei ist und man die Ausbildung besser abbrechen sollte, denn hätte man sich vorher ausreichend informiert, so wäre man über den Fortlauf der Ausbildung nicht sonderlich überrascht und hätte es so erwartet und davon mal abgesehen sind zwei Jahre doch wohl Zeit genug, dass einem dämmert, dass die Ausbildung nichts für einen ist oder?

Wie war das denn am Anfang, hat sie damals nicht als so schlimm empfunden? Kam die Langeweile erst mit der Zeit? Hat sie gedacht sie wartet lieber noch ein bisschen mit dem Abbrechen, weil vielleicht doch noch was tolles und unerwartetes kommt? Oder ist sie einfach nur launisch und fand die Ausbildung am Anfang toll?

Ich selbst muss sagen, dass ich es auch nicht nachvollziehen kann. Klar erwartest du jetzt Toleranz, auch von Seiten ihrer Eltern, aber ich als Elternteil würde sowas auch nicht wollen, weil ich das einfach unverantwortlich finde. Während der Schulzeit hat man genug Chancen und Möglichkeiten, in unterschiedliche Berufe hinein zu schnuppern und man kann auch die Ferien nutzen, um Praktika zu machen. Hat man sich für eine Ausbildung entschieden, so sollte man sich auch den Ausbildungsverlauf ansehen und sich eben anlesen, was einen da erwartet.

Für mich hört sich das schon sehr danach an, als hätte sie das versäumt und du redest das damit heraus, dass sie sich hatte früh entscheiden müssen. Auch das ist nicht wahr, denn hätte sie noch nicht genau gewusst, was sie will, hätte sie auch noch weiter in die Schule gehen können und sich dann erst entscheiden können.

An Stelle der Eltern hätte ich dem Kind wohl einfach gesagt, dass es die Ausbildung eben beenden soll und dann dort anfangen soll zu arbeiten. Hat es genug verdient, kann es dann die zweite Ausbildung starten oder vielleicht nebenher machen, keine Ahnung wie dass dann läuft. Als Mutter oder Vater hätte ich aber eben auch keine Lust auf das Theater, nur weil das Kind nicht in der Lage ist, eine geeignete Ausbildungsstelle zu finden und dann scheinbar glaubt, die Eltern würden es noch ein weiteres Jahr finanzieren.

Ich kann den Ärger hier durchaus nachvollziehen und ich denke, dass ich auch nicht anders reagieren würde, als die Eltern deiner Freundin. Es gibt keine Ausreden hierfür. Gefällt ihr womöglich der Betrieb nicht, dann kann sie woanders anfangen zu arbeiten und andernfalls soll sie sich eben selbst um eine andere Ausbildungsstelle kümmern, die neue Ausbildung dann aber eben auch selbstständig finanzieren.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke, dass beide Optionen große Vor- und Nachteile haben und es deshalb wirklich schwierig ist, hier einen Rat zu geben. Von mir selbst kenne ich den Fall, eine Ausbildung abgeschlossen zu haben, die nichts war, allerdings wusste ich auch schon während der Ausbildung, dass wir Auszubildenden alle nicht übernommen werden, weil keine Stellen frei sind und ich habe auch tatsächlich bis heute keinen Tag in diesem erlernten Beruf gearbeitet, weil sich an der Stellensituation nichts verändert hat. Diese Ausbildung gibt es mittlerweile auch gar nicht mehr und ich habe sozusagen einen Beruf erlernt, mit dem ich einfach rein gar nichts anfangen kann, weil er mir nicht einmal Qualifikationen für irgendeinen anderen Beruf vermittelt hat. Ich habe die Ausbildung damals auch durchgezogen, weil ich meinte, dass das im Lebenslauf einfach besser kommt, aber heute bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich mir sehr damit geschadet hätte, wenn ich schon nach einigen Monaten hingeschmissen und etwas Neues angefangen hätte.

Grundsätzlich denke ich allerdings aber doch, dass es Sinn machen wird, wenn man so viele Qualifikationen wie möglich erwirbt, besonders in der heutigen Zeit, wo man eben doch mal irgendwann in die Situation geraten könnte, arbeitslos zu werden und es immerhin manchen Arbeitgebern dann schon ausreichend ist, wenn man einen Beruf wenigstens vor längerer Zeit schon einmal näher ausprobieren konnte, wie hier im Rahmen der Ausbildung. Die Chancen, einer irgendwann einmal drohenden Arbeitslosigkeit zu entkommen, würde Deine Freunden sicherlich optimieren, wenn sie ihre Ausbildung weitermachen und auch abschließen würde.

Allerdings, und das spricht wiederum gegen diese These, kenne ich aber eben auch einen Fall eines jungen Mannes, der sich in der Ausbildung zum Buchhändler befand und gerade mal drei Monate vor Ende seiner Ausbildung alles hingeworfen hat, um erst einmal den Zivildienst abzuleisten und anschließend Heilerziehungspfleger zu werden. Das macht er nun auch schon wirklich jahrelang und es ist wohl total sein Ding, er ist im Öffentlichen Dienst beschäftigt und es sieht nun nicht so aus als würde es bei ihm irgendwann nochmal zu einer Arbeitslosigkeit kommen, jedenfalls nicht so schnell. Insofern denke ich, dass es eben doch nicht immer interessant ist, ob jemand seine Ausbildung abgeschlossen hat, bevor er eine neue beginnen konnte. Und wenn der hier angesprochene junge Mann eines Tages seinen Job als Heilerziehungspfleger verlieren und keine neue Anstellung bei einem anderen Arbeitgeber in diesem Bereich finden würde, dann könnte er auch dann, wenn er seine Ausbildung zum Buchhändler abgeschlossen hätte, nach der langen vergangenen Zeit vermutlich auch nicht mehr zurück in diesen Beruf, jedenfalls würde es alles andere als einfach werden.

Deshalb meine ich, dass es im Endeffekt wirklich schwierig ist, hier irgendeinen hilfreichen Rat zu erteilen, weil es im Endeffekt sicherlich von einigen Faktoren abhängig ist, wie man sich hier entscheiden sollte. Deine Freundin kann mit jedem Weg richtig liegen oder eben komplett falsch. Vielleicht hat sie Glück und findet gleich einen Ausbildungsplatz in einer ganz anderen Richtung, der wirklich auch ihr Traumjob ist und den sie ewig ausüben kann. Vielleicht greift sie aber auch wieder daneben und muss irgendwann auch die zweite Ausbildung hinschmeißen. Spätestens dann würde ich aber auf jeden Fall dazu raten, diese zweite Ausbildung zu Ende zu bringen, denn sonst wird sie sich sicherlich enorm schaden. Ich könnte mir jedenfalls, wenn ich Arbeitgeber wäre, sicherlich eher nicht vorstellen, jemanden einzustellen, der zwei Ausbildungen abgebrochen hat, bevor er sich bei mir beworben hat.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Wie sich nun herausgestellt hat, hat sie tatsächlich noch ein, zwei Ausbildungsplätze für dieses Jahr gefunden, deren Arbeit ihr besser liegen würde. :) Sie hat Bewerbungen dorthin abgeschickt und falls es klappt, wird sei auf jeden Fall die aktuelle Ausbildung abbrechen und eine neue beginnen. Ich denke zwar trotzdem, dass es schade um die beiden Jahre ist und sie mehr davon hätte, diese Ausbildung noch zu Ende zu bringen, aber gut, sie ist schon über zwanzig, also kann man ihr da im Grunde auch nichts vorschreiben.

» Schneeblume » Beiträge: 3095 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


In diesem Fall würde ich raten, die Ausbildung auf jeden Fall fortzusetzen, da sie ja nun schon zwei Jahre durchgehalten hat. Ein Jahr ist nicht mehr lang, und einen Abschluss hat sie dann sicher in der Tasche. Eine Ausnahme wäre es, wenn sie eine einmalige Chance für irgendetwas hätte, was ihr gefällt und diese Chance nicht mehr wiederkommt. Wenn sie ihre erste Ausbildung fertig hat, kann sie ja immer noch etwas anderes machen.

Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung von ihren Eltern, wenn es denn eine solche noch gab, hat sie nicht mehr. Im ersten Jahr einer Ausbildung, vielleicht auch noch während des zweiten Jahres, gesteht man jungen Leuten einen Irrtum zu, aber im dritten Jahr sollte man die Ausbildung zu Ende machen. Wenn man so spät erst merkt, dass einem die Ausbildung gar nicht liegt, kann es durchaus sein, dass es nur eine schwierige Phase ist, und manchmal ist es gut, wenn man schwierige Phasen durchhält. Ich diesem Fall halte ich es, wie auch ihre Eltern, für richtig, die Ausbildung zu Ende zu bringen.

Etwas anders liegt die Sache, wenn man früh merkt, also im ersten oder am Anfang des zweiten Jahres, dass einem die Ausbildung nicht liegt. Dann sollte man so bald wie möglich wechseln. Das müssen die Eltern, bzw. der Staat, falls Bafög gewährt wird, auch unterstützen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich persönlich würde die Ausbildung auch beenden. Ich finde es wenig nachvollziehbar, wenn man eine Ausbildung so kurz vor knapp beendet und frage mich dann immer, warum einem nicht schon viel früher eingefallen ist, dass man keine Lust und keine Motivation mehr für diesen Beruf hatte. Ich habe zum Beispiel eine Bekannte, die ihre dreijährige Ausbildung etwa eine Woche vor den endgültigen Abschlussprüfungen abgebrochen hat. Also die eine Woche hätte sie noch mitnehmen können finde ich. Aber anstatt dann direkt eine andere Ausbildung zu machen, ist sie in die Leihfirma gegangen und hat im Prinzip 7 Jahre überhaupt nicht genutzt. Sie hätte eine andere Ausbildung machen können, Abitur nachholen, studieren gehen, was auch immer. Möglichkeiten hatten keine Grenzen. Stattdessen ging sie malochen und dass man ohne Abschlüsse bei der Leihfirma nicht besonders gute Jobs kriegt und auch nicht besonders viel Geld verdient, sollte klar sein.

Jetzt ist sie Mutter von drei Kindern und lässt sich von ihrem Mann finanzieren. Die Kinder sind noch klein, also arbeiten gehen kann sie nicht. Sie will auch unbedingt ein Haus in einer sehr teuren Gegend haben und der Mann, der Geringverdiener ist, soll das dann bezahlen. Ich finde, sie hätte die Ausbildung abschließen sollen, man muss den Kindern ja auch was bieten können, wenn man selbst mal arbeitet und eine Vorbildfunktion hat man auch. Stattdessen hat sie sich immer davor gedrückt, beruflich aus sich etwas zu machen mit der Ausrede, dass sie ja eh bald Mutter werden würde und dass sich das nicht lohnt. Ich finde so etwas sehr traurig. In 7 Jahren hätte sie wie gesagt vieles schaffen können, wenn sie gewollt hätte.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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