Ein Gastwirt immer auch Hobbypsychologe

vom 21.01.2015, 09:32 Uhr

Ein Onkel von mir hat eine Eckkneipe und er erzählt oft, dass sich Leute bei ihm ausweinen und Probleme erzählen und auch Ratschläge wollen, wenn sie ihm die Lebensgeschichte erzählen. Er meint, dass ein Gastwirt oft Hobbypsychologe spielen muss, damit die Leute sich nicht gleich die Kugel geben. Denn viele kommen in seine Kneipe um sich den Kopf zu zu saufen. Er gibt dann auch den Leuten nichts mehr, wenn er meint, dass sie zu viel haben.

Im Hinterzimmer hat er eine Schlafstätte, die er auch schon oft den Leuten angeboten hat, wenn sie zu fertig waren. Denkt ihr, dass ein Gastwirt sich wirklich immer viel anhören muss von seinen Kunden? Warum vertrauen die Gäste in einer Gastwirtschaft so oft dem Gastwirt Dinge an, die sie mit keinem anderen besprechen würden? Habt ihr euch auch schon mal bei einem Gastwirt ausgeheult?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ein guter Gastwirt ist sicherlich auch ein bisschen Hobbypsychologe. Immerhin kommen eben auch viele Leute in eine Kneipe um sich den Frust von der Seele zu trinken und sich eben auch auszusprechen. Ich finde das auch ganz normal. Meine Schwiegermutter hatte einen Laden und selbst da sind die Leute auch hingekommen um sich aus zu reden und von ihren Beziehungen zu erzählen. Manchen Leute ziehen solche Leute aber auch einfach an.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich denke nicht unbedingt, dass er ein Hobbypsychologe sein muss. Es gibt mit Sicherheit auch einige Bars, in denen die Leute eher hingehen, um zu feiern anstatt sich dort gemütlich hinzusetzen. Da kommt es meiner Meinung nach schon auf den Arbeitsplatz drauf an.

Aber ich denke, wenn man in einer eher gemütlichen Bar arbeitet, in denen sich die Leute hinsetzen und ihre Ruhe haben können, werden die Kunden mit Sicherheit eher mit ihren Problemen sich an den Gastwirt wenden. Ich hab da das typische Bild im Kopf, wie der Gastwirt grade ein Glas sauber macht und der Kunde erzählt und erzählt. Ich glaube, dass diese ruhige Situation die Leuten eher dazu verleitet, zu erzählen, was ihnen auf der Seele liegt, weil sie sich wohlfühlen und natürlich auch, weil der Alkohol deren Hemmschwelle stark senkt.

Als Gastwirt hat man ja sowieso schon eine gewisse Gastfreundlichkeit. Muss er ja, sonst würde er in seinem Job nicht weit kommen. Diese Freundlichkeit gibt den Menschen einfach das Gefühl, dass sie ihm Vertrauen und ihnen auch helfen kann. Und ganz ehrlich, es kann wirklich sehr befreiend sein, seine Probleme einfach auszusprechen. Viele suchen auch nur deswegen die Bar auf, weil sie sich regelrecht "auskotzen" können. Das allein kann schon viel bewirken. Zudem ist er eine außenstehende Person und kann vielleicht besser aus einem anderen Blickwinkel beurteilen und vielleicht sogar Lösungen geben.

Ich selbst habe mich noch nie bei einem Gastwirt ausgeheult, allerdings gehe ich auch nicht wirklich in irgendwelche Bars, geschweige denn war jemals wirklich betrunken. Daher habe ich da eher weniger Erfahrungen mit.

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» Divia » Beiträge: 745 » Talkpoints: 55,66 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ja, das ist in der Tat so, wie Dein Onkel das sagte, so geht es z.B. den D.J.´s in Discotheken ja auch, da sind es die Frauen, die sich bei ihm ausweinen oder ihn umgarnen. Nein, ich habe so etwas noch nie gemacht und mache es auch nicht, ich lasse den Wirten nur das wissen, was ich auch jedem anderen Gast oder Leuten an anderen Orten, anvertrauen würde, für mich gibt es da keinen Unterschied!

Den Kopf würde ich mir schon mal gar nicht zusaufen, denn das löst keine Probleme, im Gegenteil: es schafft noch ein weiteres Problem und ich war mit meinen 46 Jahren bis heute noch nie betrunken, das sage und schreibe ich aber mit Stolz!

» Plauderkäfer » Beiträge: 74 » Talkpoints: 37,75 »



Das überrascht mich ehrlich gesagt nicht. Wie sagt man so schön? Alkohol enthemmt und dann werden die Menschen eben redseliger. Ich kann dieses Phänomen auch immer wieder beobachten: Männer, die dann normalerweise so still und stumm wären und so gar nicht wirklich die Zähne auseinander kriegen wollen, plaudern plötzlich nach einem Bier oder zwei wie die Wasserfälle und sind kaum noch zu bremsen. Dass man da als Gastwirt zwangsläufig zuhört, bleibt da sicherlich nicht aus. Ich denke aber nicht, dass die Fähigkeit zum Hobbypsychologen zwangsläufig gegeben sein muss, wenn man sich als Gastwirt selbstständig machen möchte.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich kenne auch einige Leute, die entweder ein eigenes Geschäft hatten oder direkt an der Bar bzw. am Tresen gearbeitet haben. Das größte Problem was man neben sexueller Belästigung und unerwünschten Anmachen hat, ist das Zutexten der Leute und die ständigen Fragen nach dem Mittrinken. Das kennt jeder Gastwirt. Die Leute trinken eben nicht gerne alleine. Mein Großvater hatte zu diesem Zweck immer eine mit Wasser gefüllte Schnapsflasche unter dem Tresen, um nicht ständig in Diskussionen verfallen zu müssen.

Dass die Gespräche dabei aber sonderlich tiefschürfend sind, wüsste ich jetzt nicht, im Gegenteil. Eigentlich sind es die immer gleichen Gestalten, die den immer gleichen Sermon loslassen und die Leute hinter dem Tressen teilweise zu Tode nerven. Im Gegensatz zu einem Therapeuten sind die meisten Bediensteten aus der Gastro nämlich hinreichend genervt, sich ohne Fluchtmöglichkeit das Gefasel anhören zu müssen.

Viele hören auch gar nicht richtig zu und speisen die Angetrunkenen oder Betrunkenen nur mit Worten der Zustimmung oder kurzen Floskeln ab, während sie insgeheim hoffen, dass derjenige endlich mal den Mund hält, damit man mal wieder die eigenen Gedanken hören kann. Irgendwie psychologisch versiert oder engagiert war niemand, den ich kannte, allenfalls nur schwer genervt, sich das Gerede anhören zu müssen.

Im Gegensatz zum Psychologen sind die Leute dort nämlich weder dafür ausgebildet noch ambitioniert genug, mit echten Sorgen und Problemen fertig zu werden. Vom eigenen Weggehen kenne ich es auch gar nicht, dass Leute dort länger mit den Leuten an der Bar geredet hätten, die hatten gar nicht die Zeit dafür und es ergab sich nichts. Das ist allenfalls was für die Kneipe an der Ecke, wo die immer gleichen 8 Gestalten sitzen und ihrem Alkohol frönen.

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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