Sich nicht an Einseitigkeit bei Freundschaft stören?

Eine Freundin von mir hat einen besten Freund, so bezeichnet er ihn zumindest selbst. Die beiden wohnen etwas weiter voneinander weg und sind auch beide eher eingespannt, so dass es nur selten zu Treffen kommt. Meine Freundin meinte, dass die Treffen auch immer von ihr ausgehen würden - der Freund würde meistens vergessen, sich zu melden oder hätte einfach so viel um die Ohren. Auch würde sie ihn immer anrufen oder schreiben, von dem Freund würde selbst nie etwas kommen.

Meine Freundin selbst meinte, dass sie das alles nicht stören würde. Sie hätte Verständnis, dass der Freund eben so beschäftigt sei, außerdem war er wohl schon immer etwas verpeilt. Doch nun würden sie sich schon so viele Jahre kennen und immer dann, wenn sie sich sehen, würden sie sich blendend verstehen und es sei wieder absolut vertraut. Von daher fände sie es nicht schlimm, wenn die Freundschaft eher einseitig wäre, zumal sich das wohl auch nur auf das Melden bezieht und nicht auf das Gesprächsinteresse.

Würdet ihr euch an einer solchen Situation stören? Kann man überhaupt von einer einseitigen Freundschaft stören? Immerhin ist es ja nicht so, als würde der Freund sich nicht für meine Freundin interessieren - zumindest dann nicht, wenn es tatsächlich mal zum Treffen kommt und sich die beiden unterhalten.

Ich habe dafür kein Verständnis. Das ist nämlich genau das Problem, was ich oft mit anderen habe, dass ich den Eindruck habe, dass nur ich mich melde und nur ich den Kontakt halte und von der anderen Seite echt wenig kommt. Ich habe etwa eine frühere Kollegin, die hat sich immer gerne mit mir unterhalten, wenn ich sie angerufen habe oder wenn wir uns über den Weg gelaufen sind. Aber sie hat sich nie gemeldet. Immer habe ich angerufen, immer habe ich den Kontakt gehalten, sie nie. Und da gibt es noch mehrere Beispiele. Das sind für mich keine Freundschaften, sondern das ist deprimierend.

Von Menschen, denen ich angeblich wichtig bin, erwarte ich auch, dass sie sich melden und zwar auch mal von alleine. Ich finde das immer so frustrierend, wenn man merkt, dass man selbst immer derjenige ist, der den Kontakt erhält und wenn man sich dann mal nicht meldet, dann kommt von der anderen Seite auch nichts. Das ist für mich wirklich keine Freundschaft. Da hat man den Eindruck, man bedeutet dem anderen gar nichts.

Kommt es nicht darauf an, wie tief die besagte Freundschaft ist? Ich bin zum Beispiel seit 11 Jahren mit einer jungen Frau befreundet und da hat es sich mit der Zeit auch so entwickelt, dass ich mich initiativ mehr melde als sie. Sie hat auch kein Händchen für Geburtstage und vergisst so etwas grundsätzlich und wenn sie das dann merkt, ist es ihr total peinlich und unangenehm.

Ich nehme ihr das aber nicht übel. Ich kenne sie ja und weiß ja, wie ich das interpretieren muss. Wenn ich sie mal kontaktiere, würgt sie einen auch nie ab oder so und reagiert aufgeschlossen. So ist das eben, wenn man erwachsen ist, sein eigenes Leben aufbaut und dergleichen. Sie ist vor kurzem 200 km weit weg gezogen und plant gerade ihre Hochzeit, das nimmt auch Zeit in Anspruch.

Freundschaften entwickeln sich nun mal und ich bin da nicht so streng, dass ich jemandem direkt einen Strick draus drehe, wenn er sich mal nicht so oft meldet. Aber ich kann mir genauso gut vorstellen, dass es was vollkommen anderes ist, wenn die Freundschaft noch sehr jung und frisch ist. Wenn eine Freundschaft schon so viele Jahre hält und stabil ist, ist das noch mal was anderes finde ich. Bei einer sehr jungen Freundschaft würde ich ein derartiges Verhalten auch anders interpretieren, wenn ich ehrlich bin.

Eine andere Freundin von mir hatte vor kurzem Umzugsstress, sodass ich im Endeffekt 2 Monate nichts von mir hören lassen habe, weil ich sie eben nicht stören wollte bei dem ganzen Stress. Hilfe beim Umzug wollte sie von mir nicht, sie hatte bereits ausreichend Hilfe. Aber da hat sie sich dann mehr gemeldet als ich, weil ich sie nicht ständig nerven und stören wollte. Das war aber nur vorübergehend.