Darf man als jüngerer das Verhalten anderer verurteilen?

vom 03.12.2012, 10:08 Uhr

Gestern fiel mir ein junges Mädchen auf, die offensichtlich von Beruf nur Tochter ist und selbst im Leben noch nicht besonders erfolgreich ist. Sie urteilte recht scharf über die anderen Menschen, als die mal nicht anwesend waren. Diese waren aber teilweise älter als sie und im Beruf schon erfolgreich, also gestandene Erwachsene.

Da kam für mich die Frage auf, ab wann man es sich im Leben erlauben kann, abschätzig über andere zu sprechen und sie zu kritisieren ohne sich selbst einen Bärendienst zu erweisen. Irgendwie empfinde ich es nämlich als ungehörig, wenn man als deutlich jüngeres jemanden laut und öffentlich kritisiert. Mir wurde von Klein auf beigebracht, dass man Respekt vor Menschen zu zeigen hat, die älter sind. Aber ist das heute gar kein zeitgemäßer Wert mehr? Darf man heute einfach so einen Stein werfen, obwohl man manches vielleicht noch gar nicht so gut beurteilen kann, als wenn man im Alter desjenigen wären den man kritisiert?

Es ist mir schon klar, dass lästern und sogar Mobbing heute schon fast als normal gelten. Aber muss man sich denn unsachliche Kritik wirklich auch schon von Küken gefallen lassen? Muss man sich Kritik an seiner Lebensgestaltung oder Karriere gefallen lassen, wenn derjenige noch überhaupt nicht erlebt hat, was im Leben so unerwartetes kommen kann, weil die Eltern ihm oder ihr bislang alle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt haben? Wie seht ihr das? Wo hört bei euch der gute Ton auf?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Generell bin ich der Meinung, dass jeder erst einmal vor seiner eigenen Hütte kehren sollte. Dabei ist es dann auch egal, welches Alter die Person hat. Ich finde es eher lächerlich, wenn ein junger Mensch, der noch nicht viel erlebt hat bzw. auch in beruflichen Dingen keine Erfahrungen hat, sich dann heraus nimmt, irgendwie zu urteilen, obwohl noch keine Lebenserfahrung vorhanden ist. Ich finde es schwer, dann so jemanden wirklich ernst zu nehmen. Ich würde diesen Menschen wohl einfach ignorieren bzw. das was er eben sagt. Oder ich würde sagen, dass diese Person erst mal eigene Erfahrungen sammeln sollte, um eben mitreden zu können, wenn es mir dann zu bunt würde.

Ich finde schon, dass egal welches Alter, ein gewisses Maß an Respekt vor anderen Menschen vorhanden sein sollte. Allerdings merkt man das bei den jungen Menschen heute immer weniger.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Offensichtlich scheint sie ja nicht nur Tochter zu sein, wenn sie richtig arbeiten geht. Wie auch immer. Manch junger Mensch hat mehr erlebt, als andere und die dürfen sich sehr wohl anmaßen, über gewisse Dinge zu urteilen. Aber wenn das nicht der Fall ist, dann sollte man sich das sparen. Vom Alter abhängig machen kann man das meiner Meinung nach nicht. Wenn jemand wohlbehütet aufgewachsen ist und gleich mal die erste Wohnung von den Eltern bezahlt bekommt und neben dem Studium nicht arbeiten geht, dann soll derjenige sich bloß nicht anmaßen, über finanzielle Probleme zu klagen. Da hilft dann nämlich arbeiten gehen.

Wenn aber einer neben dem Studium arbeiten geht und vielleicht sogar zwei Jobs nebenher hat, dann darf der dazu seine Meinung sehr wohl sagen. Und wenn derjenige erst 20 Jahre alt ist. Das macht dann meiner Meinung nach wenig Unterschied.

Man kann allerdings schon grob davon ausgehen, dass die meisten jungen Leute eben noch nicht die Lebenserfahrung haben. Aber Ausnahme gibt es eben schon. Und wenn jemand seit seinem 16. Lebensjahr auf eigenen Beinen steht, dann kann er mit Mitte 20 eben auch schon Erfahrung in gewissen Dingen haben. Wenn jemand erst mit Mitte 20 auszieht, ist die Situation auch noch mal eine andere, wenn man beides miteinander vergleicht.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Für mich hat das nichts mit dem Alter zu tun. Eine junge Frau, welche vielleicht Mitte 20 ist, kann doch mehr Lebenserfahrung haben, als ihre eigene Mutter, die mehr oder weniger direkt von der Ausbildung zur Hausfrau wurde. Es ist also eine Sache der Erfahrungen. Allerdings sollte Kritik auch immer sachlich angebracht werden.

Und das ist wohl eher der Punkt, wo man sich meist aufregt. Gerade weil sich die Beteiligten oft schon länger kennen, wird es auch schneller unsachlich. Ich habe das vor Jahren oft mit meinen Schwiegervater erleben dürfen. Hat immer nur von den Nachrichten ein paar Brocken mitbekommen, aber wollte groß mit den Leuten diskutieren. Da war dann auch die fehlende Erfahrung, da er schon seit Jahren nicht mehr wusste, wie es am Arbeitsmarkt abläuft, der Grund warum er zurechtgewiesen wurde.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Auch eine junge Frau, die von Beruf Tochter ist, könnte durchaus ihre Lebenserfahrung haben. Sicherlich verbindet man mit solchen Leuten oftmals den goldenen Löffel im Mund, mit dem sie geboren wurden und so hat man auch seine Vorurteile. Aber ich denke ja grundsätzlich, dass man vor jedem Menschen Achtung und Respekt haben sollte, sofern er sich nichts zu Schulden hat kommen lassen und so weiter. Man kann aber auch als junger Mensch die Achtung verlieren, wenn man mit etwas oder jemanden unzufrieden ist, oder wenn der Mensch einfach nicht gewissen, vielleicht sogar ganz gewöhnlichen Ansprüchen genügt.

Aber selbst, wenn man mit einer solchen Person und dessen Leben nicht umgehen kann, ist es wirklich vom Alter her unabhängig. Man sollte vielleicht mit der Meinung nicht unbedingt hausieren gehen, aber sich zurückhalten und die Meinung dennoch haben, ist in meinen Augen okay. Auch eine direkte Ansprache mit Aussprache kann etwas bewirken, allerdings stelle ich mir gerade vor, dass es wirklich um eine verwöhnte Person geht, die letztendlich über eine Person lästert, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde.

In dieser hier beschriebenen Konstellation weiß ich nicht, ob die Tochter die Personen kannte, über die sie scheinbar herzog. Aber selbst das macht keinen Unterschied, nur denke ich, urteilt man einfach zu schnell über jemanden, den man vielleicht einmal gesehen hat und nur eine Floskel ausgetauscht hat, so etwas kommt immer vor. Das berühmte Schubladendenken kann man eben heutzutage nicht mehr wirklich abschaffen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Es war zum einen die Sache, die Punktedieb schon angesprochen hatte: Die Kritik sollte sachlich vorgebracht werden. Das eben war in dem Fall nicht gegeben. Im Gegenteil, sie war sehr persönlich und sehr offensichtlich geringschätzend. Vor allem erstreckte sich die Kritik auch auf solche Punkte, die eigentlich nicht unbedingt kritikwürdig sind, weil sie einfach mal im Rahmen der persönlichen Freiheit jedem zugestanden werden müssen. Davon, dass Kritik möglichst vielleicht auch noch konstruktiv sein solle, konnte man in dem Fall nur träumen.

In dem Fall war es wirklich so, dass man sich eigentlich fremdgeschämt hat. Ich kann mich erinnern, dass ich in der Pubertät auch mal so pauschal verurteilend über viele Erwachsene gedacht habe wie diese junge Frau. In der Pubertät hält man ja leicht die Erwachsenen für hohlköpfig und in der Entwicklungsphase ist das ja leider auch altersgemäß. Aber wenn man schon im Alter der Person die da lästerte ist, dann sollte man eigentlich entweder schon wissen, wann es höflich wäre zu schweigen oder aber wie man sozial verträglich und höflich Kritik anbringen kann.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich finde es ehrlich gesagt ganz schlimm, wenn manche Menschen tatsächlich der Meinung sind, man dürfe nicht über ältere Menschen urteilen. Ich kann es absolut nicht nachvollziehen, weshalb man selbst nicht seine Meinung frei äußern sollte, nur weil vielleicht ältere Menschen anwesend sind. Genauso wenig kann ich es nachvollziehen, weshalb man als jüngerer Mensch nicht auch ältere Leute kritisieren sollte. Immerhin würde das ja bedeuten, dass man einem Rentner generell immer Recht geben müsste, nur weil dieser älter wäre. Das finde ich jedoch mehr als schwachsinnig und ehrlich gesagt glaube ich stark, dass es Unmengen an jungen Menschen gibt, die mehr Lebenserfahrung aufweisen, als so mancher Rentner.

Noch vor einigen Jahrzehnten war es doch noch überhaupt nicht verbreitet, öfters zu verreisen und Urlaub zu machen. Es gab generell sehr viel weniger Möglichkeiten, seine Freizeit zu gestalten und die Menschen wechselten doch auch längst nicht so häufig den Beruf, wie heute. Stattdessen war es damals völlig normal, die Freizeit immer zu Hause bei der Familie zu verbringen und regelmäßig seinem Job nachzugehen. Dabei ist es heute mehr oder weniger normal, um die Welt zu reisen, in verschiedene Freizeitparks zu gehen, verschiedene Hobbys auszuüben und auch verschiedene Jobs zu testen. Von daher bin ich mir ziemlich sicher, dass so mancher junge Mensch wesentlich mehr Lebenserfahrung aufweisen kann, als so mancher Rentner. Immerhin haben viele junge Menschen einfach schon wesentlich mehr im Leben ausprobiert. Weshalb sie sich dann trotzdem alles von einem Rentner sagen lassen sollten, ist mir schleierhaft.

Lebenserfahrung hat rein gar nichts mit dem Alter zu tun. Wenn man als Rentner das ganze Leben nur als Hausfrau verbracht hat und überhaupt nicht in der Welt herum gekommen ist, hat man doch sicherlich weniger Lebenserfahrung, als ein junger Mensch, der bereits eine Weltreise hinter sich gebracht hat. Von daher kann ich es nicht nachvollziehen, weshalb so viele ältere Menschen darauf beharren, mehr Lebenserfahrung aufweisen zu können. Das finde ich lächerlich.

Sicherlich sollte man Respekt vor älteren Menschen haben, wobei man sich aber auch nicht alles sagen lassen muss. Als junger Mensch kann man genauso Recht haben. Dabei wüsste ich nun auch keinen Grund, weshalb ein älterer Mensch nun über einen jüngeren urteilen dürfte, umgekehrt aber nicht. Das macht für mich nun wirklich keinen Unterschied und von daher finde ich es nicht schlimm, wenn man es auch wagt, ältere Leute zu kritisieren. Das finde ich in Ordnung und generell sollte doch jeder seine Meinung frei äußern dürfen, ohne dass gleich auf das eigene Alter verwiesen wird.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Mir erschließt sich nicht, was das Alter damit primär zu tun haben sollte. Ich finde, dass jeder das Recht haben sollte, zu urteilen, gerade, wenn man entsprechende Erfahrungen vorweisen kann und es in dem Sinne "besser" macht als die anderen. So kenne ich auch Personen, die ähnliches durchgemacht und erlebt haben wie ich, aber ich die Situation eben "besser" gemeistert habe während die andere Person im Endeffekt gescheitert ist (sieht man ja am Resultat). Da finde ich, dass ich durchaus das Recht habe, die andere Person dann zu kritisieren und über ihr Handeln zu urteilen. Das bezieht sich dann teilweise auf Menschen, die einige Jahre älter sind als ich, aber im Gegensatz zu mir direkt die Flinte ins Korn werfen und von Vater Staat leben, weil das viel bequemer ist.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Das kommt für mich darauf an, denn gewisse moralische Werte und Vorstellungen hat man ja schon als Kind und beurteilt dementsprechend, ob etwas was jemand anderer getan hat richtig oder falsch ist. Andererseits, abschätzig über andere zu sprechen (überhaupt wenn die nicht da) sind und generell sich so zu verhalten, wie ich es aus deinem Posting heraus verstehe, zeugt für mich doch eher von mangelndem oder noch nicht genügend ausgebildetem sozialem Verhalten bzw. eigenem Charakter.

Sprich, selbstverständlich darf man für sich im Stillen darüber urteilen, ob etwas was jemand anderer tut oder sagt für einen selbst richtig ist, und da ist es völlig unabhängig davon ob ich selbst noch Kind oder Pensionist oder was auch immer bin. Allerdings wenn ich das zur Sprache bringen sollte, dann in angemessener Weise!

» bellevine » Beiträge: 579 » Talkpoints: 5,50 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Auch ich halte es für falsch bzw. überholt, dass man Leute alleine basierend auf ihrem Altersvorsprung mit mehr Respekt behandeln sollte als Altersgenossen oder Jüngere. Für mich muss man sich Respekt verdienen, und nur weil man schon ein paar Jahre länger lebt, kann man, mit Verlaub gesagt, genauso ein ausgesprochenes Arschloch sein oder einfach nur dumm, engstirnig, vorurteilsbehaftet, klatschsüchtig oder geizig. Da spielt das Alter für mich keine Rolle.

Andererseits bin ich jedoch auch der Meinung, dass man seinen Mitmenschen gegenüber zumindest ein Minimum an Anstand und Höflichkeit walten lassen sollte, egal, ob man viel von ihnen hält oder nicht. Lauthals über jemanden ablästern ist in meinen Augen kein Verhalten, das von geistiger Reife oder einem anständigen Charakter zeugt, völlig unabhängig davon, ob man tatsächlich ach so viel toller ist als die Person, über die man sich das Maul zerreißt oder sich nur dafür hält. Mit zunehmender Lebenserfahrung dämmert nämlich vielen Leuten, dass sie auch nichts Besseres sind als alle anderen und sich deswegen ihre überheblichen Urteile auch sparen können, weil sie nämlich zuallervorderst ein schlechtes Licht auf die eigene Person werfen.

Ich finde also, dass man das Verhalten seiner Mitmenschen durchaus "verurteilen" darf. Schließlich sind wir alle, ob alt oder jung, keine Heiligen. Aber das ist ja nicht mit "bösartig Ablästern" gleichzusetzen. Man kann beispielsweise eine Person, deren Äußerungen oder Verhalten man als für sich nicht akzeptabel beurteilt hat, in Zukunft meiden, oder unter vier Augen zur Rede stellen oder Ähnliches. Es gibt also auch einen Mittelweg zwischen Lästern und sich demütig dem Alter beugen.

» Gerbera » Beiträge: 11313 » Talkpoints: 47,96 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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