Sich wegen Trauer krankschreiben lassen?

vom 28.02.2018, 14:57 Uhr

Ich habe eine Kollegin, die ich schon länger nicht mehr bei uns gesehen habe. Gut, sie arbeitet Teilzeit und hat auch ab und an Außentermine, sodass man sich nicht immer über den Weg läuft. Nun meinte ein Kollege, dass besagte Kollegin zur Zeit in Trauer wäre und daher nicht zur Arbeit erscheinen würde. So ist die Mutter wohl kürzlich an Krebs gestorben und die Bindung war wohl sehr innig.

Wie lange kann man sich denn theoretisch wegen Trauer "krankschreiben" lassen oder geht das gar nicht? Baut man dazu Überstunden ab oder wie kann man im Trauerfall der Arbeit fernbleiben ohne irgendwelche negativen Konsequenzen befürchten zu müssen?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Was ist an einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Trauerfall so ungewöhnlich? Das ist doch ein vollkommen normaler Vorgang. Dabei wird niemand "wegen Trauer" vom Arzt krank geschrieben, es geht um die Folgen der Trauer. Wer so stark getroffen ist, dass er nicht mehr klar denken und handeln kann, der ist arbeitsunfähig. Wer eine Depression hat, der kann bei entsprechend schweren Symptomen auch nicht arbeiten und da gibt es keine vertretbare Grenze. Es kommt auf den Einzelfall an.

Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgrund psychischem Stress ist nun wirklich keine Seltenheit. Verschlüsselt für die Krankenkasse wird das mit Code Z73. Der steht für "Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung". Das gilt ebenso im Trauerfall wie bei Überarbeitung oder Burnout. Alternativ könnte man auch F00 setzen für "psychische Krankheiten". Und F00 liegt nun ganz vorne bei den meisten Fehltagen. Ähnlich oft gibt es nur Rückenschmerzen, Erkrankungen der Atemwege und die ungeschlagene Nummer 1, den Bluthochdruck.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich war auch schon wegen "Trauer" krankgeschrieben und kann versichern, nicht jeder ist am Tag nach der Beerdigung der eigenen Mutter wieder regulär arbeitsfähig. So eine Psyche würde ich auch gar nicht wollen, bei der im Prinzip passieren kann, was will, Frau Gerbera beerdigt ihren Bruder und sitzt am nächsten Tag wieder am Schreibtisch, als wäre nichts gewesen.

Solche Leute gibt es zwar, aber wer so gut im Verdrängen ist bzw. sich für so unersetzlich im Job hält, dass er außer im eigenen Todesfall immer antanzt, der ist psychisch meiner Meinung nach generell nicht so ganz auf der Höhe. Dank kann man sowieso nicht dafür erwarten, und die Kollegen und Vorgesetzten haben auch nichts davon, wenn man wie jeder normale Mensch mit rot geweinten Augen und völlig verglast vor sich hin werkelt.

Ich weiß auch nicht ob ich Leute beneiden oder bemitleiden soll, die vor Staunen große Augen bekommen, wenn jemand nach einem Todesfall oder ähnlichem Schicksalsschlag vorübergehend krankgeschreiben ist. Das heißt nämlich, dass diese Kandidaten noch nie jemanden verloren haben, seit die Uroma vor 25 Jahren mit 102 ins Gras gebissen hat (beneidenswert), oder den emotionalen Umfang und das Einfühlungsvermögen einer nassen Serviette haben, und das spricht nicht unbedingt für einen anständigen Charakter.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^