Als Gast sagen, dass man nicht satt geworden ist?

vom 27.11.2016, 20:09 Uhr

Ich habe einen älteren Cousin, der immer sagt, was er denkt. Er ist mal bei meinen Großeltern zu Besuch gewesen, wobei meine Oma sich natürlich alle Mühe gegeben hat, den Gast zu bewirten. Was oder wie viel es zu essen gab, kann ich jedoch nicht sagen, das wurde mir im Nachhinein gar nicht mitgeteilt.

Ich habe nur mitbekommen, dass mein Cousin wohl ziemlich Kohldampf gehabt haben musste, aber nicht satt geworden ist von dem aufgetischten Essen. Er hat sich dann auch freundlich für das Essen bedankt und für die Gastfreundschaft, hat aber angemerkt, dass er immer noch Hunger hätte. Wie die Geschichte weiter gegangen ist, weiß ich gar nicht, aber meine Oma erzählt diese Anekdote sehr gerne und bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

Ich kann mir jedoch vorstellen, dass das so passiert ist, weil ich ihn eben kenne und weiß, dass er immer sagt was er denkt und nichts vom Lügen hält. Ich denke aber, dass ich anders gehandelt hätte. Ich hätte höchstwahrscheinlich gar nichts dazu gesagt, auch wenn ich noch Hunger gehabt hätte. Würdet ihr als Gast sagen, wenn ihr nicht satt geworden seid oder findet ihr das ziemlich unverschämt?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Das kommt natürlich auf alle möglichen Begleitfaktoren an. Zunächst mal würde ich den Enkel nicht als klassischen Gast bezeichnen. Zu den eigenen Großeltern kann man ruhig ehrlicher sein als zu anderen Leuten.

Dann kommt es darauf an, ob sich der Gastgeber wirklich alle erdenkliche Mühe gegeben hat, ob er seit Tagen dieses große Essen vorbereitet oder ob man uneingeladen mal vorbeigeschaut hat, als der Kühlschrank gar nicht gut gefüllt war und der Gastgeber sich schon entschuldigt hat, dass man nur eine Kleinigkeit kochen konnte. Ob man über Nacht bleibt und praktisch darauf angewiesen ist, hier und jetzt satt zu werden oder ob man danach noch woanders etwas zu essen bekommt.

Ich finde, in vielen Fällen kann man ruhig sagen, dass man noch eine Scheibe Brot mit Käse braucht. Leute, die mich kennen, würden mir das auch von sich aus anbieten, weil sie wissen, dass ich nicht so leicht satt zu bekommen bin. Großeltern freuen sich doch auch eigentlich immer, wenn sie ihre Enkel richtig rund mästen können.

Und diese hier erzählt das ja immerhin seit Jahren als lustige Anekdote. Ich nehme mal an, ihr Enkel wusste, dass sie keine ist, die da jahrelang beleidigt ist. Ich hatte beide Sorten. Bei der einen habe ich immer nur brav Danke gesagt, aber zu der anderen konnte man immer ehrlich sein.

Benutzeravatar

» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich denke auch, dass man dabei unterscheiden muss wo man zu Gast ist und wie das Verhältnis zueinander ist. Innerhalb der Familie ist das sicherlich etwas anderes, als wenn man auf einem offiziellen Geschäftstermin eingeladen ist. In der Familie kenne ich es auch so, dass dort gerne gemästet wird und man hinterher auch platzt. Selbst wenn man Essen ablehnt, wird noch mehr gebracht damit auch wirklich niemand hungrig ist.

Bei einem offiziellen Geschäftstermin läuft das manchmal anders. Da gibt es dann kleine Dinge zu Essen und man langt auch nicht zu und ist nur am Essen, damit man dann auch mal satt wird da das kein gutes Licht auf einen wirft, wenn man dauerhaft am Kauen ist und sich ein Schnittchen nach dem anderen in den Mund schiebt. Dort wird wohl niemand äußern, dass man noch Hunger hat zudem das in manchen Kulturen auch direkt eine Beleidigung ist.

Benutzeravatar

» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ich würde das auch davon abhängig machen, wo ich zum Essen eingeladen bin. Bei meinem Chef würde ich in so einem Fall wohl eher die Klappe halten, aber innerhalb der Familie oder bei guten Freunden wird man es ja einschätzen können, bei wem man so etwas ruhig ehrlich sagen darf, ohne dass die Person dann jahrelang beleidigt ist und man dann dort nicht mehr eingeladen wird.

Es ist ja auch nicht immer so ohne weiteres möglich, dann sofort zu gehen und eben auf dem Heimweg noch schnell bei einer Imbissbude vorbei zu fahren. Und dann ist es vielleicht schon sinnvoll, wenn man es anspricht, dass man noch etwas essen wollen würde. Sicher ist es dann für den Gastgeber nicht so schön, wenn ihm auf diese Weise mitgeteilt wird, dass er sich bei den Portionen wohl verschätzt hat.

Das ist es dann auch, was mich davon abhalten würde, etwas zu sagen, weil ich meinem Gastgeber die Peinlichkeit ersparen wollte. Aber man kann ja auch anbieten beim Abräumen zu helfen und dann in der Küche unter vier Augen fragen, ob man vielleicht noch eine Scheibe Brot mit Belag zur Sättigung bekommen könnte, weil man leider doch nicht komplett satt geworden ist.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich empfinde es durchaus als unhöflich, wenn man irgendwo eingeladen ist und dann noch meckert dass man nur so wenig bekommen hat. Natürlich kann man das bei Leuten sagen, die man sehr gut kennt und bei denen man nicht in großer Runde sitzt oder zu einem schönen Anlass eingeladen ist. So ganz generell finde ich auch, dass es reicht erst mal ein bisschen etwas bekommen zu haben, man kann dann ja immer noch mal etwas essen, wenn es wirklich nicht gereicht hat. Wobei ich aber bisher noch nie in so einer Lage war.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich sehe es weitestgehend wie meine Vorredner und bin auch der Meinung, dass es situations- und beziehungsabhängig ist, ob man sich über eine zu geringe Portionsgröße "beschweren" sollte oder nicht. Im Kreis der Familie hätte ich wohl keine Hemmungen, meinen Eltern oder Großeltern mitzuteilen, dass ich nach einem servierten Essen noch etwas Hunger habe, da ich wüsste, dass diese mir das keineswegs übel nehmen, sondern sich eher noch freuen würden, dass ich so viel Appetit mitbringe. Ein kleiner Snack oder ein Dessert ist in unserer Familie sowieso immer auf Vorrat vorhanden, weshalb ich auch keinen großen zusätzlichen Aufwand mit meiner Bitte um Nachschlag verursachen würde.

Wäre ich allerdings bei Bekannten, Nachbarn oder Vorgesetzten eingeladen, dann würde ich - sofern mir kein weiteres Essen angeboten wird - auch nicht von mir aus eine zusätzliche Portion verlangen. In einem solchen Fall würde ich einfach warten, bis die Veranstaltung ihr Ende findet, und zuhause noch eine Kleinigkeit zubereiten. Außerdem kenne ich es von mir, dass ich direkt nach einem leckeren Essen noch ein Hungergefühl verspüre, das allerdings eher mit Lust auf Leckereien anstatt mit dem tatsächlichen Bedürfnis nach Nahrung zusammenhängt. Meistens verfliegt diese Essenslust nach einer halben Stunde auch wieder, sodass ich dann doch nichts mehr brauche. Von daher wäre es auch ungeschickt, nach jeder Essenseinladung gleich einen Nachschlag zu verlangen, denn so würde ich oftmals viel mehr essen als ich eigentlich bräuchte.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Ich würde das eher nicht machen. Bei meinen Eltern würde ich dann vielleicht fragen, ob ich mir noch eine Scheibe Brot schmieren kann oder ähnliches, wenn ich dort zu Besuch wäre. Aber ansonsten würde ich es mir doch eher verkneifen noch anzumerken, dass ich aber nicht satt geworden bin. Irgendwie ist das ja schon etwas unhöflich und sicherlich nicht schön für den Gastgeber.

Allerdings habe ich noch nicht erlebt, dass jemand nicht satt wurde. Meistens sind ausreichend Speisen und Getränke da, so dass sich jeder Gast eben satt essen kann. Ich war auch noch nirgendwo eingeladen, wo das Essen zu knapp kalkuliert war.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich glaube einfach, dass es auf das Verhältnis des Gastes zum Gastgeber ankommt. Als ich nämlich die Überschrift gelesen habe, dachte ich erst, es handle sich um den klassischen Fall im Gasthaus. Und da nehme ich natürlich kein Blatt vor den Mund. Denn es wird ja gefragt, ob alles recht war und dann sage ich gut aber ein bisschen zu wenig. Denn immerhin bezahle ich ja dafür.

Bei den Großeltern ist es natürlich etwas ganz anderes. Denn das ist die Gastfreundschaft der beiden, dass da die Gäste etwas bekommen und ich glaube auch, dass ich es eher unverschämt finden würde, zu sagen, dass ich noch Hunger hätte. Meine Großeltern leben zwar nicht mehr, leider, aber ich hatte vor den beiden immer Respekt.

Auch vor den anderen Großeltern väterlicherseits, die wirklich immer gut aufgekocht haben und leider auch schon gestorben sind, hätte ich niemals gesagt, dass ich nicht genug hätte. Auch nicht, dass mir ein Gericht einmal nicht so geschmeckt hat oder so. Es wurde trotzdem ohne Muh und Mäh gegessen.

Also ich muss sagen, wenn ich dein Cousin gewesen wäre, hätte ich auch nichts gesagt. Immerhin ist er ja zu Gast und es gibt einen Unterschied zwischen Ehrlichkeit und Anstand, so finde ich. Es gehört einfach zum Anstand, dass man solche Dinge nicht sagt und ehrlich zu sein ist wieder etwas ganz anderes, so finde ich.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich finde den beschriebenen Fall nun gar nicht so schlimm. Denn der Gast hat das Essen wertgeschätzt, sich für die Gastfreundlichkeit und für das Essen bedankt, aber er ist eben nicht satt geworden. Das kann passieren. Er muss dann nicht direkt ein Fünf-Sterne-Menü aufgetischt bekommen, sondern Obst essen, ein Käsebrot oder vielleicht auch Joghurt oder Müsli mampfen. Ist alles schnell zubereitet und ich finde so etwas nicht unhöflich.

Benutzeravatar

» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Für mich kommt es immer auf die Situation an und darauf, wie eng das Verhältnis zu den Gastgebern ist. Wenn ich beispielsweise bei meinen Eltern zu Besuch bin und sie mich nach dem Essen direkt fragen, ob ich satt geworden bin oder noch Hunger habe, würde ich auf jeden Fall die Wahrheit sagen. Ich würde da keinen Grund drin sehen, zu behaupten, dass ich satt geworden bin, wenn es nicht der Fall wäre.

Generell finde ich das nicht so schlimm, wenn man so etwas gegenüber den Eltern oder Großeltern anmerkt. Immerhin ist das Verhältnis ja eigentlich innig genug, dass man sich so etwas auch mal sagen kann. Und es ist ja mit Sicherheit nicht so, dass die Eltern nichts mehr zu essen im Haus haben. Also ist es doch direkt besser, wenn man sagt, dass man gerne noch etwas essen würde, anstatt noch einige Stunden hungrig herumzusitzen und womöglich noch schlechte Laune zu bekommen.

Es kommt ja aber auch immer darauf an, wie lange man zu Besuch da ist. Wenn ich weiß, dass ich nach dem Essen recht schnell wieder aufbreche, würde ich auch eher nichts sagen, als wenn ich da noch einige Stunden hungrig bleiben würde. Auch kommt es darauf an, ob man weiß, dass noch Reste da sind und man sich Nachschlag nehmen kann oder ob es so ist, dass man sich noch extra etwas zubereiten oder zubereiten lassen muss.

Benutzeravatar

» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^