Kinder zum Besuch von Gedenkstätten zwingen sinnvoll?
In einem anderen Beitrag – nämlich diesem hier ging es darum, wie man sich fühlt, wenn man eine Gedenkstätte besucht. Es wurde diskutiert, dass es wichtig sei, sich diese Gedenkstätten anzuschauen. und jemand meinte auch, dass man Jugendliche in die nächstgelegene Gedenkstätte schleifen müsse, um mit ihnen die Geschichte aufzuarbeiten. Es kam auch das Argument, dass man das den Opfern schuldig sei.
Ich finde eigentlich nicht, dass es gut ist, Kinder oder Jugendliche zum Besuch von Gedenkstätten zu zwingen. Das Thema ist ja ohnehin Teil des Geschichtsunterrichts und dem Thema kann man auch nicht ausweichen. Ich denke, jeder der Schulunterricht genossen hat, weiß, was da im zweiten Weltkrieg passiert ist.
Aber ich finde, dass es irgendwie zu weit geht, wenn man Kinder zwingt, zu solchen Gedenkstätten hinzugehen. Man sollte das eher als freiwilliges Angebot machen, aber nicht mit Zwang. Man weiß doch gar nicht, wie Kinder darauf reagieren, wenn sie so etwas sehen. Vielleicht haben dann einige wochenlang Albträume hat. Kinder in dem Alter wurden vielleicht vorher noch nie mit dem Thema Tod konfrontiert, zumindest nicht im echten Leben, und bekommen dann gleich solche Dinge gezeigt.
Ich meine, man kann natürlich argumentieren, dass das, was vor 70 Jahren passiert ist, nicht vergessen werden soll und dass es vielleicht mehr in einem Menschen auslöst, wenn er sich das vor Ort ansieht und nicht nur im Geschichtsunterricht als Theorie und Zahlen hört. Das mag stimmen. Allerdings wird man ja bei allen anderen Geschichtsthemen auch nur die Theorie im Unterricht hören und bei anderen geschichtlichen Themen, die mitunter auch Grausamkeiten beinhalten, genügt die Theorie um Bescheid zu wissen.
Findet ihr es richtig, dass Schulkinder solche Gedenkstätten besuchen müssen?
Bin da ganz deiner Meinung, so wichtig das Thema auch ist, Zwang ist nicht angebracht. Der Vorteil bei allen anschaulichen Methoden (und dazu würde ich den Besuch einer Gedenkstätte zählen wollen) ist, dass so etwas die Kinder und Jugendlichen auf einer unmittelbaren Ebene anspricht, die sich vom Unterricht in einer Schulklasse unterscheidet.
So etwas bleibt eher im Gedächtnis, beeindruckt mehr. Das gilt auch für Berichte durch Zeitzeugen, die in die Schulklasse eingeladen werden. Nur sterben die Zeitzeugen langsam weg und neben Filmen und den Gedenkstätten gibt es sonst wenig Anschauliches. Ein Kind, das zu sensibel oder einfach noch nicht reif genug für den Besuch einer Gedenkstätte ist, würde ich dort aber sicher nicht hin nötigen wollen.
Ich finde es auf jeden Fall richtig und wichtig, dass man die Gedenkstätten aufsucht. Im Unterricht kann man darüber reden und es auch gut erklären, was passiert ist, aber wenn man dazu Gesichter und Orte sieht, in denen das stattgefunden hat, bleibt es doch langfristiger in den Köpfen und das ist wichtig. Gerade jetzt wo Rechts wieder auf dem Vormarsch ist sind solche prägsamen Bilder im Kopf wichtig.
Ich finde solche Ausflüge wirklich sehr sinnvoll und als ich das wir das damals gemacht haben war das wirklich sehr einprägsam für mich und ich habe mich daraufhin auch intensiver mit dem Thema beschäftigt.
Ich finde Zwang eher kontraproduktiv, denn das wird die innere Haltung nicht verändern und nur zur Folge haben, dass man mit einer Abwehrhaltung die Gedenkstätte besucht und gar nicht offen und aufnahmefähig für mehr Informationen zu diesem Thema ist. Es wird dann alles abgeblockt und das kann doch auch nicht Sinn der Sache sein. Sinnvoller wäre meiner Ansicht nach eher, wenn man das Interesse für die Thematik versuchen würde zu wecken.
Zitronengras hat geschrieben:Es wurde diskutiert, dass es wichtig sei, sich diese Gedenkstätten anzuschauen. und jemand meinte auch, dass man Jugendliche in die nächstgelegene Gedenkstätte schleifen müsse, um mit ihnen die Geschichte aufzuarbeiten. Es kam auch das Argument, dass man das den Opfern schuldig sei.
Dieses Argument wollte man schon zu meiner Jugendzeit durchsetzen. Doch ich bin der Meinung, dass selbst ich, wo ich schon lange aus der Jugendzeit bin, keinem etwas schuldig bin. Ich bin weit nach dem zweiten Weltkrieg geboren und habe niemanden was getan, dass ich schuldig sein könnte. Für die Leute, die in der Zeit gelebt haben und sich durch Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben, kann ich nichts und die heutige Jugend erst Recht nicht,
Ich finde, dass man keinen dazu zwingen soll und darf und schuldig ist keiner dieser Menschen, die man dazu zwingen will. Ich bin nicht Schuld an allem und wenn ich zu Gedenkstätten gehen will, dann aus freien Stücken, weil ich mich für die deutsche Geschichte interessiere und nicht, weil ich gezwungen werde. Und meine Kinder mussten auch nicht mitgehen, wenn sie nicht wollten. Sie haben sich aber bei solchen "Ausflügen" der Klassengemeinschaft angepasst. Das war aber ihr freier Wille.
Bei dem Wort Zwang, gerade in diesem Kontext und bei Kindern, gruselt es mich fast schon. Man kann doch jüngeren Kindern nicht einimpfen, dass sie sich, ob sie wollen oder nicht, jetzt mal die von der Generation ihrer Urgroßeltern verübten Gräueltaten anzugucken haben. Ich glaube aus meiner eigenen Erfahrung heraus auch nicht, dass gerade jüngere Kinder das abseits eines latenten Gefühl des Schreckens heraus überhaupt verstehen.
So erging es mir, als ich in der Grundschule mit der vielleicht zweiten Klasse die Zonengrenze der DDR mit ihren Schussanlagen besichtigen musste. Die kindlich falsche Vorstellung, dass man nur den Fuß unter dem Draht an der grünen Wiese durchstecken musste und sofort dort eine Landmine auslösen wird, hat mir nicht geholfen zu begreifen, um was es dort geht. Es blieb nur Verwirrung und relatives Unverständnis für die politische Situation.
Und mit Zwang für ein diffiziles oder wichtiges Thema zu sensibilisieren, halte ich grundsätzlich und unabhängig vom Alter für falsch. Solche wie hier genannten Aversionen können sich dann wirklich lebenslang etablieren, mir selbst geht es so mit der Bauweise von Kirchen. Obwohl ich Geschichte und mit Abstrichen auch Architektur mag, bilden Kirchen die Ausnahme, weil unsere Lehrer uns ständig auf Klassenfahrten mehrfach täglich in verschiedene Gotteshäuser geschleift haben. Diese Entnervung vom Thema ist mir bis heute geblieben.
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