Patient durch Lesematerial wertschätzen können?
Ich habe neulich eine sehr seltsame Aussage gelesen. Der Autor war der Ansicht, dass die Zeitschriften in einem Wartezimmer einer Arztpraxis ein Indikator dafür seien, dass der Arzt seine Patienten wertschätzt und diese ihm wichtig seien. Wenn also die Zeitschriften uralt und nicht mehr aktuell wären, wüsste man als Patient direkt woran man ist.
Ich habe das ehrlich gesagt noch nie so betrachtet. Nach der Logik müsste ja ein Patient gar nicht wertgeschätzt werden, wenn irgendwelche "billigen" Klatschblättchen im Wartezimmer ausliegen und nicht irgendwelche teuren Zeitschriften und Magazine. Wie seht ihr das? Meint ihr, dass das Lesematerial durchaus ein Indikator für Wertschätzung für Patienten sein kann oder ist das Schwachsinn?
So kurios finde ich das gar nicht. Denn ich finde schon, dass es sehr lieblos aussieht, wenn im Wartezimmer schon zerfledderte Zeitschriften aus dem vorigen Jahr liegen und nichts Neues da ist. Ich will nicht sagen, dass die Ärzte oder die Verantwortlichen dafür dann einen anderen nicht wertschätzen, aber ihnen ist es anscheinend nicht so wichtig, dass auch Dauerpatienten immer wieder neues Lesematerial haben.
Was ich besonders ekelig finde sind alte Zeitschriften, wenn sie auch schon danach aussehen. Denn ich möchte nicht wissen, wieviele Bakterien und Viren dadrauf sitzen und schon lachen, wenn jemand diese in die Hand nimmt.
Für mich ist es einfach so, dass ich es ordentlich finde, wenn die Zeitschriften auch ordentlich aussehen und ausgetauscht werden. Denn das macht für mich einfach, als Patient, einen guten Eindruck und ich würde mich im Wartezimmer einfach wohler fühlen. Für mich wirkt es unsauber und unordentlich, wenn alte Zeitungen da sind. Welche Zeitungen da sind, interessiert mich nicht so sehr, weil ich einfach nur was braucht, was mir die Zeit verkürzt. Das können Fachblätter oder Tratschblätter sein.
Ich finde das auch nicht so weit hergeholt, weil die Zeitschriften im Wartezimmer zum Gesamteindruck einer Praxis einfach dazugehören. Und an sich könnte ein Arzt seine Patienten ja auch in einem kahlen Raum auf Klappstühlen warten lassen, aber ich kenne keine Arztpraxis, die nicht zumindest ein paar Bilder aufhängt und halbwegs ansprechendes Mobiliar verwendet. Letzten Endes ist man als Ärztin oder Arzt eben auch Dienstleister und möchte seinem Klientel das Leben zumindest nicht noch zusätzlich schwer machen.
Mein Zahnarzt hat beispielsweise auch ein geschmackvoll eingerichtetes Wartezimmer mit aktuellen, nicht gammlig aussehenden Zeitschriften, die über "Frau im Spiegel" hinausgehen und sogar unterschiedliche Themen abdecken. Das letzte Mal hatte ich eine interessante Zeitschrift zum Thema Möbel und Wohnen, die mir die Wartezeit tatsächlich verkürzt hat, während mein Frauenarzt wirklich nur Schrott auslegt, der auch schon bessere Zeiten gesehen hat.
Natürlich ist man heutzutage nicht mehr auf den Lesestoff zum Zeitvertreib angewiesen, weil sowieso jeder ein Smartphone hat, oder zur Not ein Buch mitbringen muss. Aber mich stimmt es generell positiv gegenüber meinen diversen Ärztinnen und Ärzten und ich fühle mich auch eher gut aufgehoben in einer Praxis, die generell nicht den Charme eines Buswartehäuschens verströmt und wo man sieht, dass die zuständigen Mitarbeiter sich wenigstens ein Minimum an Mühe geben, den Aufenthalt angenehm zu gestalten.
Ich würde jetzt nicht von der Qualität des Lesematerials auf die Qualität der Behandlung schließen, aber es gibt auf jeden Fall massive Unterschiede. Es gibt Praxen, da steht in der Mitte ein Tisch, auf dem kreuz und quer die Zeitschriften liegen, die die Mitarbeiten wahrscheinlich von zu Hause mitgebracht haben, nachdem sie sie ausgelesen hatten. Und es gibt Praxen mit Zeitschriftenhaltern an der Wand, in denen die aktuellen Ausgaben von diversen Magazinen und Zeitungen stecken. Schön nach Themen geordnet.
In der Praxis mit den schicken Zeitschriftenhaltern hat sich auf jeden Fall jemand darüber Gedanken gemacht, was die Patienten so interessieren könnte und ist speziell dafür einkaufen gegangen. Ich weiß nicht, ob das unbedingt mit Wertschätzung zu tun hat, als Patient ist man schließlich auch ein Kunde, der eine Dienstleistung in Anspruch nimmt und diese weiterempfiehlt oder eben nicht.
Wenn ich jemandem erzähle, dass die Praxis mit den Zeitschriftenhaltern total schön und modern eingerichtet ist, kommt das immer sehr gut an und ist dann eben ein Punkt, der dazu beitragen kann, dass sich jemand für diese Praxis und nicht für eine andere entscheidet.
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