In welchen Situationen Niederlage akzeptieren?
Ich las kürzlich einen Satz, der mich zum Nachdenken gebracht hat. Es ging darum, dass man doch einfach akzeptieren sollte, wenn man sowieso verloren hat. Das würde das Leben erleichtern. In welchen Situationen habt ihr eine Niederlage akzeptiert und warum? Wann wäre Akzeptanz sinnvoll und wann wäre es besser, wenn man sich noch einmal aufrappelt und einen neuen Anlauf hinlegt, um sein Ziel doch noch zu erreichen?
Niederlagen kann ich dann am einfachsten akzeptieren, wenn ich sowieso weder intrinsisch motiviert bin noch Interesse an der Sache habe und um meine Unfähigkeit in dieser Sparte gut Bescheid weiß. Schulsport wäre so eine Sache gewesen, wo mir das einfach komplett egal gewesen ist. Irgendwann gibt man auf, weil mindestens die Hälfte der Leute sowieso viel stärker und schneller ist. Natürlich wäre es schön gewesen, mal zu gewinnen, aber wenn man irgendwann weiß, dass das nicht passieren wird, lebt es sich leichter.
Wenn man von reinen Wettkampfsituationen mal weggeht und es mehr auf das echte Leben anwendet, glaube ich schon, dass es auch dort einen Punkt gibt, an dem es einfacher wird, sich fatalistisch in sein Schicksal zu fügen. Einerseits ist es ja bewundernswert, wenn Leute nach fünf oder zehn oder sogar noch viel mehr Jahren ein gestecktes Ziel erreichen, aber was ist mit denen, wo es nie klappt? Oder was ist mit all der verlorenen Zeit, in der man gekämpft hatte? In unserer Gesellschaft wird ja die Leistung und der Ehrgeiz hoch gehandelt, aber manchmal frage ich mich, wie viele Leute dabei auf der Strecke geblieben sind, die ein schöneres Leben gehabt hätten, wenn sie irgendwann ihre Pläne etwas realistischer angesiedelt hätten.
Da fallen mir zum Beispiel Leute aus meiner Umgebung ein, die in künstlerischen Berufen zuhause sind und überhaupt nicht davon leben können und auch nie wirklich konnten. Und das teilweise seit Jahrzehnten. Ja, sie leben auf irgendeine schräge Art ihren Traum, aber andererseits zu einem sehr hohen Preis. Hätten sie eher akzeptiert, dass es nur einer von einer Million wirklich schaffen kann, hätten sie vielleicht andere Optionen im Leben gewählt und damit ein besseres Leben gehabt. Irgendwie bin ich da realistischer und pragmatischer veranlagt, möglicherweise habe ich auch nur leicht reden, weil ich solche Ambitionen nicht habe.
Ja ja, der Schulsport. Für mich ist das auch ein klassisches Beispiel dafür, dass man Niederlagen manchmal einfach akzeptieren muss. Natürlich könnte es theoretisch sein, dass man, wenn man sich ganz fest anstrengt, beim soundsovielten Versuch einen Klimmzug hinbekommt, aber was nützt einem das, wenn die anderen alle 20 schaffen? Meine intrinsische Motivation war hier auch gleich Null, die Sportlehrerinnen haben mich als Null abgehakt und somit hielt sich meine Begeisterung auch in Grenzen, wenn ich einmal im Quartal gnadenhalber eine "Drei minus" bekommen habe anstelle der üblichen Vier.
Vermutlich bin ich ziemlich fatalistisch veranlagt, aber ich halte generell nicht viel von den Durchhalteparolen und der Botschaft: "Man kann alles schaffen, wenn man nur will!", die unsere moderne Gesellschaft prägen. Das ist nämlich schlicht falsch. Alles Wollen der Welt hätte beispielsweise aus mir keine Pianistin oder Tänzerin gemacht, weil die körperlichen und intellektuellen Voraussetzungen fehlen. Und die kriegt man auch nicht durch Üben und sich Anstrengen. Punkt. Und selbst wenn man sich einen Traum erfüllt und beispielsweise ein Buch veröffentlicht, heißt das ja auch nicht, dass man jetzt als Schriftstellerin davon leben kann, lässig im Coffee Shop zu sitzen und vor sich hin zu tippen.
Deswegen kann man sich auch theoretisch sein ganzes Leben lang immer wieder "aufrappeln" und es noch einmal versuchen, aber man riskiert eben auch, dass man an seinen eigentlichen Zielen, Plänen und Talenten vorbeilebt, entweder weil man keine Niederlage akzeptieren kann, oder weil man sich selber gnadenlos überschätzt. Es gibt zwar auch immer wieder Beispiele von Leuten, die mit 30 noch Ballerina wurden oder (wie die britische Schauspielerin Margaret Rutherford) mit über 40 ihre erste Filmrolle ergattern, aber dabei handelt es sich um Einzelfälle, und bei genauerem Hinsehen fällt auch auf, dass die Biographien dieser Leute beileibe nicht ohne Brüche und Durchhänger sind.
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